Von Gunhild Freese und Richard Gaul

Seit Wochen versucht sich Mark Matthias Wössner in moralischer Aufrüstung: "Die Lage ist besser als die Stimmung, die uns immer wieder angedichtet wird", versichert der Vorstandsvorsitzende von Bertelsmann bei jeder Gelegenheit.

Die Stimmung in der Konzernzentrale ist gründlich verdorben, seit vor nicht einmal zwei Monaten die stern-Affäre über die Bertelsmänner hereingebrochen ist – ohne Vorwarnung, wie aus heiterem Himmel. Die im Konzern zwei Jahre geheimgehaltene historische Sensation der entdeckten "Hitler-Tagebücher" war in nur wenigen Tagen zur epochalen Blamage des ehrgeizigen Hamburger Magazins geschrumpft. Das Verlagshaus Gruner + Jahr, größte und attraktivste Tochter des Gütersloher Multi-Media-Konzerns, nahm ebenso Schaden an seinem liberalen Image wie die in Konflikten ungeübte Muttergesellschaft.