„Lombard-Paradoxon“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Die 2 letzten Textänderungen von 2003:E5:C71B:3EC3:B5A8:9AE2:904F:DD3A wurden verworfen und die Version 238859164 von 2003:E5:C70B:2102:F95C:302F:A7D4:BBC1 wiederhergestellt.
Markierung: Manuelle Zurücksetzung
Änderung 244267062 von Ankermast rückgängig gemacht; keine Verbesserung
Markierungen: Rückgängigmachung Zurückgesetzt
Zeile 1: Zeile 1:
Das '''Lombard-Paradoxon''' beschreibt eine vom Standpunkt der klassischen [[Anatomie|anatomischen]] Funktionszuschreibung scheinbar paradoxe Funktion der [[Ischiocrurale Muskulatur|ischiocruralen Muskulatur]] beim Menschen.
Das '''Lombard-Paradoxon''' beschreibt eine vom Standpunkt der klassischen [[Anatomie|anatomischen]] Funktionszuschreibung ''scheinbar'' paradoxe Funktion der [[Ischiocrurale Muskulatur|ischiocruralen Muskulatur]] beim Menschen. Es muß an dieser Stelle also deutlich hervorgehoben werden:
* Es handelt sich bei diesem Wirkungszusammenhang nicht um etwas paradoxes, das im Widerspruch zu physikalischen Gesetzen, anatomischen und physiologischen Erkenntnisse oder anderen Gegenständen wissenschaftlicher, insbesondere medizinischer Forschung stünde;
* Der Begriff wurde beibehalten, darf aber nicht als wissenschaftliches Statement mißverstanden werden.
* Das Zusammenwirken der Muskeln ([[Synergist (Muskel)|Synergie]]) ist mittlerweile weitgehend geklärt.
* Das Begriffspaar [[Agonist (Anatomie)|Agonist]]/[[Antagonist (Muskel)|Antagonist]] darf nicht so mißverstanden werden, daß ihre Wirkung im Widerspruch stünde oder sich gar gegenseitig aufheben würde. Diese Tatsache ist im Grunde längst bekannt, so bewirkt bspw. eine leichte Kontraktion des Antagonisten bei einigen Gelenken, daß der Gelenkkopf nicht aus der Pfanne springt. In diesem Falle ist damit allerdings eine Verringerung der Effizienz verbunden, während bei dem hier unter dem Begriff des Lombard-Paradoxon thematisierten Wirkungszusammenhang eine Ergänzung, Verstärkung und Effizienzerhöhung verbunden ist.


Das Phänomen wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vom US-amerikanischen [[Physiologie|Physiologen]] [[Warren Plimpton Lombard|Lombard]] beschrieben.<ref>[http://www.nature.com/nature/journal/v144/n3661/pdf/1441084a0.pdf W. P. Lombard] in: Nature 144, 1084–1085 (30 December 1939)</ref> Die „Paradoxie“ wird hierbei darin gesehen, dass bei Fixierung des Fußes oder/und des Beckens die ischiocrurale Muskulatur zur Streckung des [[Kniegelenk]]s beiträgt. Diese Funktion wird nach klassischem Verständnis der Muskulatur der Vorderseite des Oberschenkels ([[Musculus quadriceps femoris]]) zugeschrieben, die hiernach eine der ischiocruralen Muskulatur [[Antagonist (Muskel)|antagonistische]] Funktion hat. Der Mediziner [[Klaus Wiemann]] schreibt hierzu unter anderem:
Das Phänomen wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vom US-amerikanischen [[Physiologie|Physiologen]] [[Warren Plimpton Lombard|Lombard]] beschrieben.<ref>[http://www.nature.com/nature/journal/v144/n3661/pdf/1441084a0.pdf W. P. Lombard] in: Nature 144, 1084–1085 (30 December 1939)</ref> Die „Paradoxie“ wird hierbei darin gesehen, dass bei Fixierung des Fußes oder/und des Beckens die ischiocrurale Muskulatur zur Streckung des [[Kniegelenk]]s beiträgt. Diese Funktion wird nach klassischem Verständnis der Muskulatur der Vorderseite des Oberschenkels ([[Musculus quadriceps femoris]]) zugeschrieben, die hiernach eine der ischiocruralen Muskulatur [[Antagonist (Muskel)|antagonistische]] Funktion hat. Der Mediziner [[Klaus Wiemann]] schreibt hierzu unter anderem:

Version vom 21. April 2024, 15:13 Uhr

Das Lombard-Paradoxon beschreibt eine vom Standpunkt der klassischen anatomischen Funktionszuschreibung scheinbar paradoxe Funktion der ischiocruralen Muskulatur beim Menschen. Es muß an dieser Stelle also deutlich hervorgehoben werden:

  • Es handelt sich bei diesem Wirkungszusammenhang nicht um etwas paradoxes, das im Widerspruch zu physikalischen Gesetzen, anatomischen und physiologischen Erkenntnisse oder anderen Gegenständen wissenschaftlicher, insbesondere medizinischer Forschung stünde;
  • Der Begriff wurde beibehalten, darf aber nicht als wissenschaftliches Statement mißverstanden werden.
  • Das Zusammenwirken der Muskeln (Synergie) ist mittlerweile weitgehend geklärt.
  • Das Begriffspaar Agonist/Antagonist darf nicht so mißverstanden werden, daß ihre Wirkung im Widerspruch stünde oder sich gar gegenseitig aufheben würde. Diese Tatsache ist im Grunde längst bekannt, so bewirkt bspw. eine leichte Kontraktion des Antagonisten bei einigen Gelenken, daß der Gelenkkopf nicht aus der Pfanne springt. In diesem Falle ist damit allerdings eine Verringerung der Effizienz verbunden, während bei dem hier unter dem Begriff des Lombard-Paradoxon thematisierten Wirkungszusammenhang eine Ergänzung, Verstärkung und Effizienzerhöhung verbunden ist.

Das Phänomen wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vom US-amerikanischen Physiologen Lombard beschrieben.[1] Die „Paradoxie“ wird hierbei darin gesehen, dass bei Fixierung des Fußes oder/und des Beckens die ischiocrurale Muskulatur zur Streckung des Kniegelenks beiträgt. Diese Funktion wird nach klassischem Verständnis der Muskulatur der Vorderseite des Oberschenkels (Musculus quadriceps femoris) zugeschrieben, die hiernach eine der ischiocruralen Muskulatur antagonistische Funktion hat. Der Mediziner Klaus Wiemann schreibt hierzu unter anderem:

„Bei dem Vergleich des physiologischen Querschnittes der ischiokruralen Muskeln mit den im Kniegelenk durchzuführende Aufgaben, die von diesen Muskeln im Laufe der Alltagsmotorik im Allgemeinen erwartet werden (Beugen der Kniegelenke), fiel auf, dass das enorme maximal mögliche Muskelkraftmoment in keinem logischen Verhältnis zu dem zu bewältigenden vergleichsweise geringen Lastmoment z. B. beim Beugen der Knie in der Schwungphase im Laufe von Geh- und Laufzyklen steht. Aus diesem Grunde musste vermutet werden, dass den ischiokruralen Muskeln in der Alltagsmotorik zusätzliche, bis her nicht erkannte Aufgaben zufallen oder ihre Wirkungsweise nicht zutreffend eingeschätzt wurde. Bei entsprechenden Literaturrecherchen wurden Beiträge von Lombard (1903), Gregor u. a. (1985) und ANDREWS (1987) gefunden, die einen Erklärungsansatz auch für das Problem der Funktion der ischiokruralen Muskeln beim Sprint liefern konnten.“[2]

Literatur

  • W. P. Lombard, F. M. Abbott: The mechanical effects produced by the contraction of individual muscles of the thigh of the frog. In: American Journal of Physiology. 20, 1907, S. 1–60.

Einzelnachweise

  1. W. P. Lombard in: Nature 144, 1084–1085 (30 December 1939)
  2. "Paradoxe Funktionen" zweigelenkiger Skelettmuskeln