„Horde“ – Versionsunterschied
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Eine '''Horde''' ist im allgemeinen Sinne eine umherziehende wilde [[Bande (Gruppe)|Bande]] oder [[Fähnlein|Rotte]]. Insbesondere mongolische und tatarische Stammes- und Heeresverbände wurden als ''[[#Mongolisch/tatarische Horden|Horden]]'' bezeichnet. Die Ethnologie oder Völkerkunde versteht als ''[[Horde (Wildbeuter)|Wildbeuterhorde]]'' eine kleine soziale Gruppe von Jägern, Fischern und Sammlern bei vorstaatlichen Völkern. Im Sinne einer „[[Herde]]“ wird |
Eine '''Horde''' ist im allgemeinen Sinne eine umherziehende wilde [[Bande (Gruppe)|Bande]] oder [[Fähnlein|Rotte]]. Insbesondere mongolische und tatarische Stammes- und Heeresverbände wurden als ''[[#Mongolisch/tatarische Horden|Horden]]'' bezeichnet. Die Ethnologie oder Völkerkunde versteht als ''[[Horde (Wildbeuter)|Wildbeuterhorde]]'' eine kleine soziale Gruppe von Jägern, Fischern und Sammlern bei vorstaatlichen Völkern. Im Sinne einer „[[Herde]]“ wird ''Horde'' auch für eine beliebige Ansammlung von Menschen oder auch Tieren verwendet. |
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== Wortherkunft und Bedeutungswandel == |
== Wortherkunft und Bedeutungswandel == |
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Das [[Turksprachen|turksprachige]] ''ordu'' oder ''orda'' (seltener ''ordï'') bedeutete ursprünglich „Feldlager, Lagerstätte“. Die Bezeichnung wurde aus dem [[Polnische Sprache|Polnischen]], wo sich erstmals der konsonantische Anlaut nachweisen lässt, in verschiedene europäische Sprachen entlehnt (englisch ''horde'', französisch ''horde'', spanisch ''horda'', italienisch ''orda'', russisch ''Орда́''). Der erste Nachweis in der englischen Sprache datiert auf das Jahr 1555, im Französischen auf 1559.<ref>Lexikoneintrag: ''Horde''. In: ''[[Oxford English Dictionary]].'' 2. Auflage. 1989.</ref><!--Seitenangabe fehlt!--> Im Deutschen datiert zwar das [[Brüder Grimm|Grimmsche]] ''[[Deutsches Wörterbuch|Deutsche Wörterbuch]]'' das „erstmalige Vorkommen“ auf 1768, zitiert später aber Nehrings ''Historisch-politisch-juristisches Lexicon'' von 1736: „horden, also heiszen die lagerstätte derer Tartarn“.<ref>[[Jacob Grimm]], [[Wilhelm Grimm]]: [http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GH12390 ''Horde 2).''] In: ''[[Deutsches Wörterbuch]].'' Band 10, Hirzel, Leipzig 1854–1961, Spalte 1805.</ref> Das ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache|Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache]]'' gibt in der aktuellen Ausgabe an, das Wort stamme aus dem 15. Jahrhundert.<ref>[[Friedrich Kluge]] (Hrsg.): ''Horde.'' In: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 23., erweiterte Auflage. Berlin 1995, S. 383. Anmerkung: Kluge schrieb 1881 noch „seit der Mitte des 17. Jahrhunderts“ ([http://archive.org/stream/etymologischesw05kluggoog#page/n182/mode/2up online] auf archive.org).</ref> |
Das [[Turksprachen|turksprachige]] ''ordu'' oder ''orda'' (seltener ''ordï'') bedeutete ursprünglich „Feldlager, Lagerstätte“. Die Bezeichnung wurde aus dem [[Polnische Sprache|Polnischen]], wo sich erstmals der konsonantische Anlaut nachweisen lässt, in verschiedene europäische Sprachen entlehnt (englisch ''horde'', französisch ''horde'', spanisch ''horda'', italienisch ''orda'', russisch ''Орда́''). Der erste Nachweis in der englischen Sprache datiert auf das Jahr 1555, im Französischen auf 1559.<ref>Lexikoneintrag: ''Horde''. In: ''[[Oxford English Dictionary]].'' 2. Auflage. 1989.</ref><!--Seitenangabe fehlt!--> Im Deutschen datiert zwar das [[Brüder Grimm|Grimmsche]] ''[[Deutsches Wörterbuch|Deutsche Wörterbuch]]'' das „erstmalige Vorkommen“ auf 1768, zitiert später aber Nehrings ''Historisch-politisch-juristisches Lexicon'' von 1736: „horden, also heiszen die lagerstätte derer Tartarn“.<ref>[[Jacob Grimm]], [[Wilhelm Grimm]]: [http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GH12390 ''Horde 2).''] In: ''[[Deutsches Wörterbuch]].'' Band 10, Hirzel, Leipzig 1854–1961, Spalte 1805.</ref> Das ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache|Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache]]'' gibt in der aktuellen Ausgabe an, das Wort stamme aus dem 15. Jahrhundert.<ref>[[Friedrich Kluge]] (Hrsg.): ''Horde.'' In: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 23., erweiterte Auflage. Berlin 1995, S. 383. Anmerkung: Kluge schrieb 1881 noch „seit der Mitte des 17. Jahrhunderts“ ([http://archive.org/stream/etymologischesw05kluggoog#page/n182/mode/2up online] auf archive.org).</ref> |
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Die Bedeutung des Wortes „Horde“ erweiterte sich zur Bezeichnung von [[mongolen|mongolischen]], [[Turkvölker|turkischen]] oder [[Osmanisches Reich|türkischen]] Heeresverbänden. Im [[Türkische Sprache|modernen Türkeitürkisch]] ist ''ordu'' bis heute die Bezeichnung für „Armee, Heer“. Aus dem früher als [[Persische Sprache|persisch]] eingestuften Wort entwickelte sich auch der Name der indischen Sprache [[Urdu]].<ref>Carter Vaughn Findley: ''The Turks in World History.'' Oxford University Press, Oxford u. a. 2005, ISBN 0-19-516770-8, S. 123 ({{Google Buch |BuchID=bdZbe3zOz_MC |
Die Bedeutung des Wortes „Horde“ erweiterte sich zur Bezeichnung von [[mongolen|mongolischen]], [[Turkvölker|turkischen]] oder [[Osmanisches Reich|türkischen]] Heeresverbänden. Im [[Türkische Sprache|modernen Türkeitürkisch]] ist ''ordu'' bis heute die Bezeichnung für „Armee, Heer“. Aus dem früher als [[Persische Sprache|persisch]] eingestuften Wort entwickelte sich auch der Name der indischen Sprache [[Urdu]].<ref>Carter Vaughn Findley: ''The Turks in World History.'' Oxford University Press, Oxford u. a. 2005, ISBN 0-19-516770-8, S. 123 ({{Google Buch| Land=DE| BuchID=bdZbe3zOz_MC| Seite=123| Linktext=Seitenansicht| Hervorhebung=ordu}}): „[…] the term ''ordu'' […] is still the word for »army« in Turkish. In the form »Urdu«, it is the name for the Islamic, Arabic-script version of the language, originally spoken in the Delhi region, which is also known in its Hindu version as Hindi“.</ref> [[Umgangssprache|Umgangs-]] wie hochsprachlich wurde „Horde“ verallgemeinernd auch für andere Heerscharen verwendet, oftmals in Zusammenhang mit seiner Wortgeschichte und einer beschworenen „Türkennot“ in [[Pejorativum|abwertender]] Weise mit [[Konnotation|Nebenbedeutungen]] der Unordnung oder sogar Verrohung. |
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In der [[Ethnologie]] entsprechen die Bezeichnungen „Horde“ und „[[Horde (Wildbeuter)|Hordengesellschaft]]“ den englischen ''band'' („Gruppe, Bande“) und ''band society'' aus der britischen ''[[Politikethnologie|political anthropology]]''. |
In der [[Ethnologie]] entsprechen die Bezeichnungen „Horde“ und „[[Horde (Wildbeuter)|Hordengesellschaft]]“ den englischen ''band'' („Gruppe, Bande“) und ''band society'' aus der britischen ''[[Politikethnologie|political anthropology]]''. |
Version vom 12. März 2020, 13:21 Uhr
Eine Horde ist im allgemeinen Sinne eine umherziehende wilde Bande oder Rotte. Insbesondere mongolische und tatarische Stammes- und Heeresverbände wurden als Horden bezeichnet. Die Ethnologie oder Völkerkunde versteht als Wildbeuterhorde eine kleine soziale Gruppe von Jägern, Fischern und Sammlern bei vorstaatlichen Völkern. Im Sinne einer „Herde“ wird Horde auch für eine beliebige Ansammlung von Menschen oder auch Tieren verwendet.
Wortherkunft und Bedeutungswandel
Das turksprachige ordu oder orda (seltener ordï) bedeutete ursprünglich „Feldlager, Lagerstätte“. Die Bezeichnung wurde aus dem Polnischen, wo sich erstmals der konsonantische Anlaut nachweisen lässt, in verschiedene europäische Sprachen entlehnt (englisch horde, französisch horde, spanisch horda, italienisch orda, russisch Орда́). Der erste Nachweis in der englischen Sprache datiert auf das Jahr 1555, im Französischen auf 1559.[1] Im Deutschen datiert zwar das Grimmsche Deutsche Wörterbuch das „erstmalige Vorkommen“ auf 1768, zitiert später aber Nehrings Historisch-politisch-juristisches Lexicon von 1736: „horden, also heiszen die lagerstätte derer Tartarn“.[2] Das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache gibt in der aktuellen Ausgabe an, das Wort stamme aus dem 15. Jahrhundert.[3]
Die Bedeutung des Wortes „Horde“ erweiterte sich zur Bezeichnung von mongolischen, turkischen oder türkischen Heeresverbänden. Im modernen Türkeitürkisch ist ordu bis heute die Bezeichnung für „Armee, Heer“. Aus dem früher als persisch eingestuften Wort entwickelte sich auch der Name der indischen Sprache Urdu.[4] Umgangs- wie hochsprachlich wurde „Horde“ verallgemeinernd auch für andere Heerscharen verwendet, oftmals in Zusammenhang mit seiner Wortgeschichte und einer beschworenen „Türkennot“ in abwertender Weise mit Nebenbedeutungen der Unordnung oder sogar Verrohung.
In der Ethnologie entsprechen die Bezeichnungen „Horde“ und „Hordengesellschaft“ den englischen band („Gruppe, Bande“) und band society aus der britischen political anthropology.
Mongolisch/tatarische Horden
Vom ursprünglich mongolischen Wort ordu und seiner Bedeutung als (militärisches) Feldlager abgeleitet, werden als „Horden“ verschiedene Stammes- und Heeresverbände der turksprachigen Eroberer weiter Teile Asiens und Osteuropas sowie ihre Herrschaftsgebiete oder Teilreiche bezeichnet. Mongolische Gruppen nannten sich selbst Orda, tatarische Verbände und Stämme nannten sich Urda.
Bekannte Beispiele sind die mongolischen Staaten der Goldenen Horde (Altan Orda), der Blauen Horde (Qöq Orda), der Weißen Horde (Ak Ordu) und weiterer oder die Stammesföderation der Bökey-Horde (Bökeý Ordası). Aus der tatarischen Nogaier-Horde entwickelte sich das heutige Turkvolk der Nogaier. Die Kasachen unterteilen sich bis heute in drei Horden, Schüs genannt (kasachisch Jüz „Abteilung“): Kleine Horde, Mittlere Horde und Große Horde.
Literatur
- Horde. In: Deutsches Fremdwörterbuch. 2. Auflage, Band 7 (habilitieren–hysterisch), De Gruyter, Berlin und New York 2011, ISBN 978-3-11-025253-8, S. 384–391.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Lexikoneintrag: Horde. In: Oxford English Dictionary. 2. Auflage. 1989.
- ↑ Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Horde 2). In: Deutsches Wörterbuch. Band 10, Hirzel, Leipzig 1854–1961, Spalte 1805.
- ↑ Friedrich Kluge (Hrsg.): Horde. In: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23., erweiterte Auflage. Berlin 1995, S. 383. Anmerkung: Kluge schrieb 1881 noch „seit der Mitte des 17. Jahrhunderts“ (online auf archive.org).
- ↑ Carter Vaughn Findley: The Turks in World History. Oxford University Press, Oxford u. a. 2005, ISBN 0-19-516770-8, S. 123 (Seitenansicht in der Google-Buchsuche): „[…] the term ordu […] is still the word for »army« in Turkish. In the form »Urdu«, it is the name for the Islamic, Arabic-script version of the language, originally spoken in the Delhi region, which is also known in its Hindu version as Hindi“.