Ingravescentem aetatem

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Ingravescentem aetatem (deutsch: fortschreitendes Alter) ist ein Apostolisches Schreiben von Papst Paul VI. in Form eines Motu proprio. Es wurde am 21. November 1970 in den Acta Apostolicae Sedis (AAS), dem Amtsblatt des Heiligen Stuhls, veröffentlicht. In ihm wurde die Teilnahme am Konklave auf Kardinäle unter 80 Jahren festgelegt.

Mit dem Motu proprio legte der Papst neue Regeln für die Teilnahme am Konklave und Altersgrenzen für Ämter fest. Es war Teil eines umfassenden Programms, die Altersstruktur der Kirchenleitung zu ändern. Dazu gehörte auch das Motu proprio Ecclesiae Sanctae, das 1966 festlegte, dass Bischöfe mit Vollendung des 75. Lebensjahr um ihre Pensionierung bitten sollen.[1]

Ingravescentem aetatem legte fest, dass Kardinäle in das Konklave nur eintreten dürfen, wenn sie das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie müssen bei der Eröffnung des Konklaves jünger als 80 sein. (Artikel II)

Ebenfalls wurde festgelegt, dass die Mitgliedschaften der Kardinäle in den verschiedenen Dikasterien der Römische Kurie sowie den verwandten Institutionen des Heiligen Stuhls und der Vatikanstadt mit Vollendung des 80. Lebensjahr enden.[2] Weiterhin bestimmt Ingravenscentem aetatem, dass die Leiter vatikanischer Dikasterien dem Papst im Alter von 75 Jahren ihren Rücktritt anbieten sollen und der Papst von Fall zu Fall entscheidet, wann er den Rücktritt annimmt (Artikel I). In Artikel III legt er fest, dass das Ausscheiden auch erfolgt, wenn der übliche Fünfjahreszeitraum noch nicht vollendet ist.

Artikel IV bestimmt, dass ein Kardinal, auch wenn er als Bischof noch weiterhin im Amt ist, aus dem Kreis der Papstwähler ausscheidet.

Ansonsten werden die Rechte der Kardinäle im Kardinalskollegium nicht geändert. Die Kardinäle dürfen zum Beispiel während der Sedisvakanz an den Sitzungen der Generalkongregation teilnehmen (Artikel V).

Artikel VI trifft Vorkehrung für den Fall, dass der Kardinalkämmerer oder der Kardinalgroßpönitentiar während der Sedisvakanz das 80. Lebensjahr vollendet haben. Für den Fall, dass dies vor Beginn der Wahl der Fall ist, bestellt das Kardinalskollegium bis zur Wahl eines neuen Papstes einen Nachfolger. Trifft der Fall erst nach Beginn des Konklaves ein, verlängert sich die Amtszeit bis zur Wahl eines Papstes.

Artikel VII legt fest, dass der Kardinaldekan, wenn er am Konklave nicht teilnimmt, durch den Kardinalsubdekan vertreten wird. Nimmt auch dieser nicht am Konklave teil, soll der Höchste in der allgemeinen Ehrenrangfolge das Konklave leiten.

Artikel VIII legt fest, dass der Kardinalprotopriester und Kardinalprotodiakon, wenn sie nicht am Konklave teilnehmen, durch den Nächsthöheren in der Rangfolge beim Konklave vertreten werden sollen.

Änderung an den Regelungen

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Die Regelung zur Papstwahl bestätigte Papst Paul VI. in der Apostolischen Konstitution Romano Pontifici Eligendo.

Papst Johannes Paul II. änderte in seinem Apostolischen Schreiben Universi Dominici gregis Geringfügiges. Er legte als Stichtag für die Altersgrenze den Tod des Papstes fest. Zuvor war es der Beginn des Konklaves. Von dieser Regelung profitierte der deutsche Kardinal Walter Kasper, der fünf Tage nach Beginn der Sedisvakanz 2013 seinen 80. Geburtstag feierte, beim Konklave 2013.[3]

Mit dem Inkrafttreten der Dokuments am 1. Januar 1971 verloren 25 Kardinäle, darunter 11 Italiener, ihr Wahlrecht.[4]

Kardinal Alfredo Ottaviani, der nur einen Monat zuvor 80 wurde, meinte, dass der Papst mit dem Schreiben eine Jahrhunderte alte Tradition breche und auf einen Teil der Begabten verzichte.[5] Kardinal Eugène Tisserant (86) meinte, dass der Alterungsprozess bei jedem Menschen anders sei und bereits der 73-jährige Papst Paul VI. Zeichen der Gebrechlichkeit zeige.[6][7] Obwohl die Regelung als Weg gesehen wurde, konservative Kardinäle aus der Kirchenhierarchie zu entfernen, waren ebenso Liberale wie Achille Liénart (86) und Josef Frings (83) dagegen. Die New York Times berichtete, dass auch der Papst angedeutet hätte, dass er mit 75 zurücktrete.[4]

In den Konklaven im August und im Oktober 1978 waren durch die Regelung 15 Kardinäle von der Wahl ausgeschlossen:

Bei der Konklave 2005 waren bereits 66 Kardinäle und im Konklave 2013 90 Kardinäle von der Regelung betroffen.

Papst Benedikt XVI. bezog sich bei seinem Rücktritt vom Papstamt auf sein fortgeschrittenes Alter und dass er der Last des Amtes nicht gewachsen sei.

Einzelnachweise

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  1. Allen Jr., John L. (2002). Conclave: The Politics, Personalities, and Process of the Next Papal Election. Random House. S. 79
  2. John P. Beal, James A. Coriden, Thomas Joseph Green: New Commentary on the Code of Canon Law. Paulist Press, 2000, ISBN 978-0-8091-0502-1 (google.com [abgerufen am 5. November 2020]).
  3. Universi Dominici Gregis (February 22, 1996) | John Paul II. Abgerufen am 5. November 2020.
  4. a b Paul Hofmann; Special to The New York Times: Voting for Popes Is Barred to Cardinals Over 80 (Published 1970). In: The New York Times. 24. November 1970, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 5. November 2020]).
  5. Alfred Friendly Jr ; Special to The New York Times: Ottaviani Deplores Papal Action Barring Vote of Aged Cardinals (Published 1970). In: The New York Times. 27. November 1970, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 5. November 2020]).
  6. Exclusion de los Cardenales de más de 80 años del gobierno de la Iglesia. Abgerufen am 5. November 2020.
  7. Internet Archive: Passing the keys. Madison Books, 1999, ISBN 978-1-56833-130-0 (archive.org [abgerufen am 5. November 2020]).