Ärzteschaft
Vertragsärzte schlagen Bonusmodell zur Patientensteuerung vor
Montag, 13. Mai 2024
Berlin – Wer einen Hausarzt bei Gesundheitsproblemen grundsätzlich als erste Anlaufstelle wählt und sich von dort an Fachärzte überweisen lässt, sollte nach Ansicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) einen jährlichen Bonus bekommen.
Wenn sich Patienten im Rahmen eines Wahltarifes der Krankenkassen freiwillig von ihrer Praxis steuern lassen würden, sollten sie dafür belohnt werden, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen, der Bild.
„Diese Belohnung könnte je nach Effektivität und Patientenverhalten vielleicht bis zu 100 Euro im Jahr betragen“, so Gassens Vorschlag. Dann wäre es für Versicherte attraktiv, an einer freiwilligen Steuerung teilzunehmen.
Nach Gassens Ansicht könnten auf diese Weise die Zahl unnötiger Arztbesuche reduziert und Kosten eingespart werden. „Es ist keine Seltenheit, dass ein Patient zu mehreren Haus- und Fachärzten geht, die ähnliche Untersuchungen durchführen. Das kostet die Praxen Zeit und die Krankenkassen Geld“, sagte der KBV-Vorsitzende.
„Wenn zum Beispiel der Hausarzt, Gynäkologe oder bei chronischen Erkrankungen die behandelnde Facharztpraxis als Anlaufstelle für den Patienten die Weiterleitung zu medizinischen Leistungen koordiniert, könnte diese Steuerung verhindern, dass Patienten unnötige Termine oder ungeeignete Behandlungen selbst vereinbaren.“
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In der Ampelkoalition wird die Idee positiv aufgefasst. Haus- und Kinderärzte eigneten sich als sogenannte „Stammärzte“, sagte Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grüne im Bundestag. „Dass Menschen, die sich bei ihrem Hausarzt einschreiben und von diesem dann im Bedarfsfall zu dem richtigen Spezialisten geschickt werden, dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten, klingt nach einem vernünftigen Vorschlag.“
„Um zukünftig eine bessere und gezieltere Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, bedarf es einer sinnvollen Patientensteuerung. Deshalb sind Vorschläge in diese Richtung aus der Ärzteschaft immer willkommen“, sagte Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP. Bevor das Konzept umgesetzt werde, müsse jedoch analysiert werden, ob die gewünschte Patientensteuerung auch eintreten werde.
Immer mehr Menschen gingen aus Bequemlichkeit und wider besseres Wissen in die Notaufnahme oder direkt zum Facharzt, obwohl es viel sinnvoller wäre, zunächst den Rat des Hausarztes einzuholen, erklärte Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Der GKV-Spitzenverband reagiert zurückhaltend. Zwar sei es richtig, dass die Versorgung besser organisiert werden müsse. „Aber statt wiederholter Forderungen nach Strafzahlungen und Prämien wären inhaltliche Konzepte notwendig“, sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. © dpa/may/aerzteblatt.de