Pastor Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Hinterm Horizont geht's weiter

Veröffentlicht am 28.09.2019 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
Hinterm Horizont geht's weiter
Bild: © KNA
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Geldern ‐ Wer die Armen einfach auf das Jenseits vertrösten will, hat dieses Evangelium nicht verstanden, davon ist unser Autor Pastor Christian Olding überzeugt. Hier und jetzt ist die Zeit für Entscheidungen von bleibender Bedeutung – denn es gibt ein Zuspät.

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Impuls von Pastor Christian Olding

Von Udo Lindenberg stammt die Liedzeile "Hinterm Horizont geht’s weiter". Aber diesen weiten Horizont besitzen nicht mehr alle. Viele begrenzen ihn auf die nächsten Tage, Monate oder Jahre und der Tod wird oftmals zur endgültigen Grenze des eigenen Horizontes. Im heutigen Evangelium geht es über diesen Horizont hinaus; nicht aus Neugier auf das Jenseits, sondern zur richtigen Aufmerksamkeitsschärfung für das Hier und Jetzt.

Dabei geht es Jesus um mehr, als um einen platten Automatismus nach dem Motto, wem es auf Erden gut geht, dem wird es anschließend schlecht gehen und umgekehrt. Genauso wenig wird Reichtum als schlecht stigmatisiert oder Armut als gut. Denn dann wären die Aussichten für die allermeisten für uns nicht besonders gut. Gemessen an dem, was Lazarus erlebt hat und leiden musste, sind wohl alle, die diese Zeilen lesen, reich.

Die Sache klärt sich mit Blick auf die verbliebenen fünf Brüder. Ihnen droht dasselbe Schicksal wie dem sechsten. Es wird nicht automatisch kommen, sondern sich einstellen, wenn sie nicht hören – wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören. Gottes Boten, die er sendet, um seinen Willen zu verkünden. Der zugleich festgehalten ist für alle Generationen in den Worten der Bibel, hier konkret im Alten Testament.

Da ist zum Beispiel zu lesen: "Doch eigentlich sollte es bei dir gar keine Armen geben." (Dtn 15,4) "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, ich bin der HERR!" (Lev 19,18). Das hat der reiche Mann offensichtlich überhört oder eben nicht hören wollen. Dieser Wille Gottes ist ziemlich einfach und klar formuliert. Gottes Weisung, die nur will, dass Leben gelingt, hat im Leben des reichen Mannes einfach keine Rolle gespielt. Er lebte, als gäbe es keinen Gott.

Der Glaube nimmt im Hören auf die Botschaft seinen Anfang (vgl. Röm 10,17). Aber er geht weiter im Gehorchen, damit sich das Gehörte im Leben auswirkt und umgesetzt wird.

Das Evangelium endet nicht einem Happy End, sondern mit der nüchternen Feststellung: Es gibt ein Zuspät. Der Tod setzt meinem Leben ein Ende. Was ich davor versäume, kann ich danach nicht einfach nachholen. Im Hier und Jetzt fallen Entscheidungen von bleibender Bedeutung. Deshalb ist es jetzt Zeit! Jetzt ist es Zeit, auf Gott zu hören und sich seine Weisung zu Herzen zu nehmen! Jetzt ist es Zeit, die Not des Andern zu sehen und ihm beizustehen.

Martin Luther schreibt in einer Predigt zu dieser Stelle: "Wer Gottes Güte fühlt, der fühlt auch seines Nächsten Unglück. Wer aber Gottes Güte nicht fühlt, der fühlt auch seines Nächsten Unglück nicht". In der Tat, damit beginnt alles: Dass wir Gottes Güte fühlen, seine Liebe erfahren, auf ihn hören, und dann seine Liebe erwidern.

Von Christian Olding

Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 16,19-31)

In jener Zeit sprach Jesus zu den Pharisäern: Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren.

Es geschah aber: Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von Weitem Abraham und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus; er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.

Abraham erwiderte: Mein Kind, erinnere dich daran, dass du schon zu Lebzeiten deine Wohltaten erhalten hast, Lazarus dagegen nur Schlechtes. Jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest große Qual. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.

Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.

Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Der Autor

Christian Olding ist Pastor in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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