laut.de-Biographie
Adrian Younge
Besessenheit kann eine Tugend sein, wenn es um kreativen Ausdruck geht. Adrian Younges Obsession heißt analoge Studiotechnik. Der multitalentierte Multiinstrumentalist aus L.A. widmet sich seit den 2000ern dieser verloren geglaubten Kunst.
Er schöpft aus dem Reservoir des Spätsechziger/Frühsiebziger-Psychedelic Soul und erarbeitet sich damit einen der gefragtesten Produzentennamen in Hip Hop, R&B und Soul gleichermaßen. Snoop, RZA, Ghostface Killah und Common, Raphael Saadiq und Jay-Z, sie alle stehen bei Younge Schlange für einen Sound, der einem archäologischen Fund aus einem angestaubten Südstaaten-Funk-Studio entrissen scheint.
Frustriert von den Beschränkungen eines Band-Setups, bricht Younge im ausgehenden Jahrtausend mit seinem Engagement als Keyboarder und Bassist in einer Gruppe. Er beschließt, mehr Instrumente zu erlernen sowie sich die Ins und Outs der analogen Aufnahmetechnik anzueignen. Younge sampelt zunächst altes Soulvinyl mit seiner MPC, ersetzt aber bald sämtliche Samples mit hausgemachten Aufnahmen. An der Fender Rhodes wagt er die ersten Schritte.
"Mir wurde klar, dass meine Lieblingsbands Portishead, Air, King Crimson oder die Beatles waren. Es war wie eine Offenbarung, festzustellen, dass ich nur dann das Beste aus mir herausholen kann, wenn ich die Instrumente selbst spiele." Seine andere Vorliebe für italienische Retro-Filmscores mündet 2000 in der Debüt-EP "Venice Dawn".
Jahre später gelingt ihm folgerichtig mit dem Soundtrack zur Blaxploitation-Parodie "Black Dynamite" der Mainstream-Durchbruch. Außerdem übernimmt er den Filmschnitt. Ermutigt vom Erfolg, veröffentlicht er auf Wax Poetics, demselben Label, auf dem die Filmmusik erschienen ist, eine ausgebaute Bandversion seiner Debüt-EP unter dem Namen "Something About April".
Alle seine Kollaborationen basieren auf langjähriger Beobachtung und Bewunderung. "Ohne dass sie es wissen, haben diese Künstler und ich schon lange vor´dem ersten persönlichen Treffen miteinander kommuniziert", erklärt er. Was auch für seine "Adrian Younge Presents"-Arbeiten in den darauffolgenden Jahren gelten dürfte. So präsentiert der Komponist, Arrangeur und Musikproduzent 2013 seine Soul-Spezis Delfonics sowie später mehrere Teile aus der Ghostface Killah-Serie "Twelve Reasons To Die". Auch an dem 2020 erscheinenden Roy Ayers-Album "Roy Ayers JID002" ist er beteiligt.
"Für das Bilal-Album zum Beispiel habe ich nach einem Sound gesucht, in dem sich Donny Hathaway und Stevie Wonder mit Pink Floyd und RZA verabreden", beschreibt Younge seine oft filmische Arbeitsweise. Neben der Plattenfirma Linear Labs führt der Jahrgang 1978 den Plattenspezialitätenladen The Artform Studio und einen Frisiersalon in Downtown L.A. Zudem ist er Professor für Medienrecht.
Seine Crate-Digging-Mentalität fasst Younge in folgende Worte: "Ich entschlüssele den Code alter Soulaufnahmen und extrahiere all die Farben, um daraus ein neues Bild zu malen. Meine Produktionen entstehen immer aus einer analogen Perspektive. Ich kreiere etwas Neues, dem trotzdem etwas Nostalgisches anhaftet."
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