laut.de-Kritik
Der Linzer verfeinert seine Mixtur aus verschiedenen Einflüssen.
Review von Toni HennigÜber die letzten Jahre hat der Linzer DJ, Produzent und Electroswing-Pionier Marcus Füreder alias Parov Stelar den Sound einzelner Jahrhunderte aufgegriffen, gesampelt und zitiert und so vergangene Zeiten in die Neuzeit gehoben. Daran schließt "Moonlight Love Affair" fast nahtlos an.
"Candy Girl" mit Vallemarie leitet das Album mit swingenden Piano-Rhythmen und Bläsern sowie laszivem Sprechgesang so ein, wie man Parov Stelar am besten kennt. Dennoch findet Electroswing nur noch am Rande statt. Lediglich in "Venom" erkennt man zusätzlich noch Spurenelemente dieser Musikrichtung.
Ansonsten setzt der Linzer größtenteils auf einen drückenden und effektiven 4/4-Beat, bemüht sich aber gleichzeitig auch um Variationen. So wechseln sich soulige ("Toxic Lover", "Golden Dawn", "Above The Ground"), bluesige ("Fire", "Black Bird", "Toy Boy") und poppige Tracks ("Better Believe", "Lights Off") gelungen ab. Relativ speziell gerät "Dirty Mariposa", bei dem es mit verspielten Jazz-Rhythmen und -Soli recht wild zur Sache geht.
Einen weiteren Ausreißer bildet "AKH Odessa". In einem Interview für Radio FM4 erzählte Parov Stelar kürzlich, dass er für den Song "einen wahnsinnigen Shitstorm geerntet" habe. Dabei handelt es sich laut seiner Aussage um "ein altes Volkslied", von dem der "Russian Gentlemen Club", der sich auch aus "vielen Ukrainern" zusammensetzt, "eine neue Version gemacht" hatte, die er anschließend genüsslich zerpflückte.
Mit dem Ergebnis ging es nach "Odessa" und "drei Wochen später" nach "Moskau", wo die Leute bei der Nummer "richtig ausgeflippt" seien. Später veröffentlichte er seine Version auf Spotify. Nachdem Putin seine Großoffensive in der Ukraine startete, stieß seine Neubearbeitung bei der ukrainischen "Community" zunehmend auf Kritik, die sich an zwei Sachen störte, nämlich den Bandnamen "Russian Gentlemen Club" und "dass Odessa auch noch in der alten Schreibweise mit zwei S geschrieben" wird. Letzlich war sein "Timing total daneben", gesteht der Linzer ein. Dessen ungeachtet erweist sich seine Version aufgrund des hohen Tempos, der schunkeligen Ausrichtung und der treibenden Energie als durchaus unterhaltsam.
Auch "Toxic Lover" mit dem Sample von Shangri-Las "Remember (Walking In The Sand)" habe er schon vor längerer Zeit produziert, sagte der Produzent und DJ zuvor noch in dem Gespräch. 2020 mutierte der Shangri-La-Song zum TikTok-Hit, nachdem er "ein Jahr lang gebraucht" hatte, "um das Sample zu klären". Dennoch bietet seine Version durch die nächtliche Atmosphäre und die soulig entspannten Grooves durchaus Mehrwert. In "Golden Dawn", das Gastsängerin Sharon Kovacs mit ihrer großartigen Stimme veredelt, wagt sich Parov Stelar außerdem noch in cineastische Soul-Sphären, und gegen Ende hört man mit "Above The Ground" eine Piano-Ballade im Adele-Stil, die AVEC zum Besten gibt.
Zwei weitere Tracks veredelt Mani Hoffman von den Supermen Lovers mit seinem Gesang: In "Black Bird" präsentiert er sich zu bluesiger Gitarre und poppigem Piano betont lässig, und bei "Better Believe" kommt mit Pharrell Williams-ähnlichen Gesangseinlagen, sommerlichen Beats und eingängigen Klaviertönen gute Laune auf. Das beste Stück der Platte stellt jedoch "Fire" dar, das abgehangene Blues-Klänge, die an Darkside denken lassen, und weiblicher Sprechgesang durchziehen. Dabei verschiebt sich das Soundbild immer wieder in Richtung 80er-Jahre, so dass retrofuturistisches Stranger Things-Feeling nicht zu kurz kommt.
Letzten Endes verfeinert Parov Stelar auf "Moonlight Love Affair" seine Mixtur aus verschiedenen Einflüssen weiter und legt ein Album vor, das zwar nicht unbedingt mit Anspruch punktet, aber ungemein kurzweilig ausfällt.
2 Kommentare mit einer Antwort
Gutes Album mit abwechslungsreichen Melodien und Einflüssen. Weniger Techno wie beim Vorgänger VS. Und Barbara scheint ebenfalls nicht zu fehlen. Weder MarcusF noch ParovS. °!'
Vielleicht könnte man noch erwähnen, dass die unglaublich fantastische Stimme in "Golden Dawn" Sharon Kovacs gehört...
Kein Problem. Lässt sich ergänzen.