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Nvidia: Mit dem Superchip Blackwell beginnt die Reise erst

«Jeder Firma ihre eigene KI» – der jüngste Superchip Blackwell ist für Nvidia erst der Anfang

Nvidia zählt zu den grössten Gewinnern des KI-Booms. Nun stellt der Gründer und CEO Jensen Huang die nächste Generation seiner Superchips vor. Doch die Konkurrenz wächst – und ebenso die geopolitischen Spannungen.

Marie-Astrid Langer, San José 6 min
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Jensen Huang, der CEO von Nvidia, auf der Bühne in San José.

Jensen Huang, der CEO von Nvidia, auf der Bühne in San José.

Eric Risberg / AP

Selten war der KI-Boom im Silicon Valley so greifbar wie diese Woche in San José. Normalerweise spielen im SAP-Center in der Innenstadt das hiesige Eishockeyteam und Superstars wie Taylor Swift. Am Montag kamen 11 000 Besucher dorthin, um den Chef einer Halbleiterfirma zu erleben.

«Ich hoffe, Sie wissen, dass das hier kein Konzert ist, sondern wir über Wissenschaft reden», sagte Nvidias Gründer und CEO Jensen Huang, als er auf die Bühne trat. Ganz in Schwarz und in seine ikonische Lederjacke gekleidet, sah der 61-Jährige tatsächlich ein wenig wie ein Rockstar aus.

Kann Nvidia die verblüffende Erfolgsgeschichte fortsetzen?

Nvidia ist zurzeit der Star des Silicon Valley. Die letzte Entwicklerkonferenz der Firma fand im Jahr 2019 noch in den Räumlichkeiten der lokalen Universität statt, mit etwa halb so vielen Besuchern. Damals sprach kaum jemand über Hochleistungschips, heute sind sie der Motor für fast alle Innovationen im Silicon Valley. Ohne sie können Firmen ihre KI-Modelle nicht mehr trainieren.

Nvidia ist mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent der wichtigste Akteur in diesem Markt: Meta, Google, Amazon, sie alle reissen Nvidia die jüngsten Chips der sogenannten Generation Hopper aus den Händen. Trotz Stückpreisen von rund 25 000 Dollar sind diese auf Monate hin ausverkauft.

Das 30 Jahre alte Nvidia zählt zu den grössten Profiteuren des KI-Booms; im laufenden Quartal dürfte die Firma 24 Milliarden Dollar umsetzen, etwa dreimal so viel wie vor einem Jahr. Mit einer Marktbewertung von 2,24 Billionen Dollar ist Nvidia innerhalb weniger Monate zur drittgrössten börsenkotierten Firma der Welt hinter Microsoft und Apple aufgestiegen.

«Da draussen findet ein KI-Krieg statt, und Nvidia ist der einzige Waffenhändler», fasste es der Wall-Street-Analyst Srini Pajjuri vom Finanzdienstleister Raymond James treffend zusammen.

Die grosse Frage, die Investoren und Firmenkunden diese Woche in San José umtreibt, lautet: Wie will der CEO Huang diese enorme Erfolgsgeschichte für sein Lebenswerk Nvidia fortsetzen?

Blackwell heisst der neue Superchip der Firma

Mit Blackwell, lautet die Kurzantwort. Das ist der Name von Nvidias neuestem Superchip und der dahinterstehenden Architektur, benannt nach dem Mathematiker David Blackwell, der als erster Afroamerikaner in die National Academy of Sciences aufgenommen wurde.

Was der neue Chip leisten kann, ist derart präzedenzlos und schwer vorzustellen, dass Huang bei seiner Rede immer wieder Vergleiche mit dem bisherigen Superchip der Generation Hopper zieht: So sollen doppelt so viele Transistoren auf einem Blackwell-Chip sein, nämlich rund 208 Milliarden. Die Rechengeschwindigkeit wird etwa fünfmal so hoch sein wie bei Hopper: Rechnete der H-100 mit einer Geschwindigkeit von 4 Petaflops, werden es beim neuen Blackwell-GB-200-Chip 20 Petaflops sein. Der Chip kann also pro Sekunde 20 Billiarden – das sind 20 000 Billionen – Berechnungen durchführen. «Es ist der grösste Chip, der physikalisch möglich ist», sagte Huang.

Das sind gute Nachrichten für Firmen, die an immer grösseren und komplexeren KI-Modellen basteln. Konnten auf den Chips der Generation Hopper KI-Modelle mit 1,7 Billionen Parametern trainiert werden, kann das Blackwell-System nun ein Modell mit 27 Billionen Parametern bedienen.

Zudem können die Modelle nun günstiger trainiert werden. Huang rechnet dies an einem Beispiel vor: Um das Open-AI-Modell GPT-4 zu trainieren, brauchte es 8000 Chips der Generation Hopper, die während 90 Tagen 15 Megawatt an Leistung beanspruchten. Blackwell könnte GPT-4 in der gleichen Zeit mit nur 2000 Chips trainieren und müsste dafür nur 4 Megawatt an Leistung aufwenden. Das bedeutet für Firmen also enorm reduzierte Energiekosten – ein bis dato immer wieder genannter Kritikpunkt.

Der Kundenstamm soll breiter werden

Ende des Jahres sollen die Blackwell-Chips sowie die dazugehörige Architektur auf den Markt kommen. Laut Nvidia wird allein Amazons Cloud-Sparte AWS 20 000 der neuen Hochleistungschips kaufen. Auch Google, Microsoft und Oracle hätten bereits angekündigt, den neuen Blackwell-Chip über ihre Cloud-Dienste zu vertreiben. Der Verkaufspreis soll mit 30 000 bis 40 000 Dollar unter dem liegen, was Analysten erwartet hatten.

Mit jeder Chip-Generation wachse der Markt, sagt Huang im Gespräch mit Analysten, «und wir wollen, dass sich der ganze Markt einen Blackwell leisten kann.»

Der Grund dafür ist, dass Nvidia den Markt für KI-Chips einer breiteren Kundenschicht zugänglich machen will, wie Huang am Dienstag gegenüber Analysten erklärte. Nvidia hat hier bis dato ein rechtes Klumpenrisiko: Im vergangenen Fiskaljahr machte ein einziger Firmenkunde 19 Prozent von Nvidias Umsatz aus, wie die Firma im Februar bekanntgab. Wer dieser Kunde war, teilte Nvidia nicht mit.

Doch es ist bekannt, dass Microsoft, Meta, Alphabet und Amazon einen grossen Teil von Nvidias Umsatz ausmachen – im letzten Quartal stolze 9 Milliarden Dollar. Gleichzeitig tüfteln aber alle vier Firmen an eigenen Hochleistungschips, um weniger auf Drittfirmen wie Nvidia angewiesen zu sein. Es liegt also in Nvidias eigenem Interesse, seine eigene Abhängigkeit von den vier Grosskunden zu verringern.

Roboter als nächste grosse KI-Revolution

In seiner zweistündigen, über weite Strecken sehr technischen Rede machte Huang klar, dass er Nvidia an der Spitze der nächsten Industrierevolution sieht. Wettermodelle, Medikamentenforschung, Gesundheitswesen, Robotik, selbstfahrende Autos – jegliche Branche werde von der neuen KI-Welle revolutioniert, gab sich Huang sicher.

Er sieht auch bereits die nächste Computerrevolution am Horizont, wenn KI sich mittels Videoaufnahmen die Gesetze der Physik selbst beibringt. Dann komme der grosse Durchbruch in der Robotik, ist Huang überzeugt und fährt auf der Bühne Bilder humanoider Roboter auf, um seine Aussage zu unterstreichen. «Der Chat-GPT-Moment für Robotik steht womöglich kurz bevor.»

Nvidia sieht sich an den Schalthebeln dieser Revolution: Statt nur Chips herzustellen, baut die Firma ihr Ökosystem um diese herum weiter aus. Insbesondere will man künftig eine Software-Schnittstelle anbieten, mit der jede Firma ihr eigenes KI-System bauen kann.

Die Konkurrenz wächst – und die geopolitischen Spannungen

Die Märkte schienen die Euphorie um Nvidias neuen Superchip bereits eingepreist zu haben. Die Papiere notierten am Montag unverändert und am Dienstag ein Prozent im Plus. Analysten von JP Morgan schrieben, mit seinen neuen Produkten und seinem starken Ökosystem distanziere sich Nvidia weiter von den Mitbewerbern. «Nvidia ist der Konkurrenz weiter ein bis zwei Schritte voraus.»

Huang trägt seine Beschreibungen der KI-getriebenen Zukunft so selbstbewusst vor, dass man vergessen könnte, dass Nvidia durchaus Konkurrenz hat – etwa von der taiwanischen Chip-Firma AMD, von Intel oder neuerdings auch von Startups wie Groq und Cerebras. Die Tatsache, dass Nvidia eine enorme Bruttogewinnmarge von zuletzt mehr als 70 Prozent verzeichnete, zieht Mitbewerber an wie Licht die Motten. Bei Fragen zu neuen Herausforderern wie Groq winkt Huang in der Pressekonferenz ab. «Ich weiss nicht viel über sie», behauptet er schlichtweg.

Auch geopolitisch drohen Gefahren für Nvidias Geschäftsmodell. Amerikanische Hochleistungschips unterliegen immer weitreichenderen Exportverboten nach China – einem riesigen Markt für Nvidia. Huang spielt auch diese Bedrohung herunter und sagt, dass man sich an die Regeln halte und dem folge, was die Politik in Washington vorschreibe.

Doch die Spannungen mit China gefährden nicht nur Nvidias Absatz, sondern auch die Produktion: Die taiwanische Firma TSMC stellt die von Nvidia entworfenen Chips her. Über Taiwan schwebt allerdings die Gefahr einer Invasion durch China, was einen Krieg mit den USA bedeuten würde – und vermutlich die Zerstörung der Fabs, also der dortigen Chip-Fabriken.

«Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um eine widerstandsfähige Lieferkette herzustellen», sagt Huang und gibt sich naiv-optimistisch: Er sei zuversichtlich, dass das Ziel von Ländern nicht sei, sich zu bekriegen. Um die geopolitischen Risiken zu streuen, baut TSMC zurzeit Fabriken unter anderem in den USA. Doch bis dort die Chips von Nvidia vom Band laufen können, wird es noch Jahre dauern. Über diese Gefahren will in San José allerdings niemand reden.

Mehr von Marie-Astrid Langer (lma)

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