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Südkorea: Das Trinkgeld breitet sich aus – zum Ärger der Südkoreaner | STERN.de
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Unübliche Praxis Das Trinkgeld breitet sich in Südkorea aus – zum Ärger vieler Südkoreaner

Südkoreanische Münzen und Geldscheine
Südkoreanische Münzen und Geldscheine
© Panthermedia / Imago Images
Dem Taxifahrer oder der Kellnerin ein Trinkgeld zu geben, ist in Deutschland und vielen westlichen Ländern üblich. Ganz anders in Südkorea: Dort riefen ein Glas für Trinkgelder und eine Trinkgeldoption bei einem Taxianbieter Unverständnis hervor.

Wer ins Ausland reist, stellt sich oft die Frage: Wie ist das dort mit dem Trinkgeld? Wie viel? Zehn, 15, 20 Prozent? Und wer bekommt es?

Wer nach Südkorea reist, hat es da einfacher: Trinkgeld ist dort in vielen Bereichen unüblich, wird zumindest nicht erwartet. Im Gegenteil: Man kann damit in Fettnäpfchen treten, denn Trinkgelder gelten vielen als Almosen. So herrscht beispielsweise in der Gastronomie die Meinung vor, dass man für das Essen schon gut bezahlt wird und es nicht nötig ist, noch etwas draufzulegen.

Laut der Zeitung "The Korea Herald" ist es sogar gesetzlich verboten, vom Kunden zusätzlich zum Preis für das Essen noch irgendeine Form von Servicegebühr zu verlangen. Nach dem Lebensmittelhygienegesetz muss der auf der Speisekarte angegebene Preis sowohl die Mehrwertsteuer als auch die Servicegebühr enthalten – mehr ist nicht zu bezahlen.

Da kann ein schlichtes Glas mit der Aufschrift "Tip Box" in dem ostasiatischen Land für Verwunderung, Unverständnis und sogar Ärger sorgen.

Glas für Trinkgeld erzürnt Südkoreaner

Die südkoreanische Nachrichtenseite "Insight" berichtete bereits im Juli über einen Vorfall. Ein User hatte auf X (früher Twitter) ein Foto des besagten Trinkgeldglases gepostet und kommentiert: "Eine Kultur, von der wir uns wünschen, dass es sie in Korea nicht gäbe: Trinkgeld."

Das Foto wurde tausendfach geteilt und kommentiert. Laut "Insight" empörten sich die Nutzerinnen und Nutzer über die "Tip Box". "Das ist Steuerhinterziehung", habe ein Kommentar gelautet und "Es gibt einen Mindestlohn, also warum sollte man ihn geben?" Auch eigene Erfahrungen mit Trinkgeldern in Südkorea wurden geteilt.

Andere Nutzerinnen und Nutzer schrieben laut "Korean Herald": "Jetzt wird von uns erwartet, dass wir zusätzlich zu den Liefer- und Mitnahmegebühren auch noch Trinkgeld geben?" und "Warum sollten koreanische Kunden Trinkgeld geben, wenn sie selbst für die Bestellung und Abholung ihres Essens verantwortlich sind?".

Auch ein Taxianbieter gibt Möglichkeit für Trinkgeld

Laut der Zeitung "The Korea Times" gab es auf der Instagram-Seite des Cafés mehr als 200 negative Kommentare, in denen unter anderem gefordert wurde, das Glas zu entfernen.

Einige hätten hingegen die Entscheidung des Cafés verteidigt, das Glas für Trinkgeld hinzustellen, so der "Herald" weiter. Das Glas sei als Reaktion auf häufige Anfragen ausländischer Gäste aufgestellt worden, die wissen wollten, wo sie ihr Trinkgeld lassen könnten.

Doch es blieb nicht nur bei der "Tip Box": Kakao T, der größte Taxi-Anbieter Südkoreas, hat testweise eine Trinkgeld-Option für seine Fahrer eingeführt. Der Service ermöglicht es den Nutzern, den Fahrern ein Trinkgeld in Höhe von 1000 bis 2000 Won (70 Cent bis 1,40 Euro) als Anerkennung für einen guten Service zu geben. Fahrgäste können Trinkgeld geben, nachdem sie den Taxiservice bewertet haben, wobei der gesamte Betrag direkt an den Fahrer geht, schrieb der "Herald" Ende Juli.  

Umfrage: Mehrheit in Südkorea gegen Trinkgeld

Auch hier waren die Reaktionen geteilt. Während einige eine allgemeine Verbesserung der Qualität der Taxidienste erwarteten, befürchteten andere, dass dies zu höheren Taxipreisen führen könnte. Wieder andere sahen keinen Grund zur Besorgnis, da es sich um eine Option handele. Das Trinkgeld ist also freiwillig, was auch von Kakao Mobility klargestellt wurde.

Kakao T führte den Trinkgeld-Service als Reaktion auf Anfragen von Taxifahrern ein, die argumentierten, dass ein Trinkgeldsystem die Fahrer motivieren würde, ihren Service zu verbessern, hieß es.

Dessen Mutterkonzern Kakao Mobility teilte der "Korea Times" mit, dass in der ersten Woche nach Einführung des Dienstes mehr als 2000 Fahrgäste ihren Fahrern Trinkgeld gegeben hätten, und glaubt, dass dies die Fahrer zu besseren Leistungen anspornen könnte.

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Kellner, Essenslieferanten, Paketdienst: So viel Trinkgeld gibt man in Deutschland

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Dennoch halten mehr als sieben von zehn Koreanern Trinkgelder für "inakzeptabel", wie eine kürzlich von SK Communications durchgeführte Umfrage ergab, berichtete die "Times" weiter. Nur 19 Prozent der Befragten sagten, Trinkgeld sei eine persönliche Entscheidung, während fünf Prozent es befürworteten.

Das inzwischen viral gegangene Trinkgeldglas mit der Aufschrift "Tip Box" wurde laut der Zeitung inzwischen wieder entfernt. Der Besitzer erklärte, das Glas sei "eher eine Dekoration" gewesen, um den Gästen das Gefühl zu geben, auf Reisen zu sein. Kein Gast sei gezwungen worden, Trinkgeld zu geben.

Quellen: "The Korea Herald", "The Korea Times", "Insight", Twitter, "Korea Travel Post", beimmregeln-reise.de

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