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Zinsmanipulation:Peinlicher Prozess

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In London beginnt eine Verhandlung, die an alte Skandale der Deutschen Bank erinnert. Fünf Banker sollen den wichtigen Zinssatz Euribor über Jahre manipuliert haben. Für das deutsche Geldinstitut könnte das ziemlich peinlich werden.

Von Björn Finke, London

Die Angeklagten sitzen hinter einer Glasscheibe. Hinter dieser Box befinden sich die mäßig gefüllten Zuschauerbänke, vor der Box stehen zwei Reihen von Schreibtischen voller Computer und Aktenordner. Dort haben sich die Anwälte mit ihren weißen Perücken und schwarzen Roben niedergelassen. Der Richter überblickt Saal sechs im Southwark Crown Court von seinem erhöhten Tisch aus. In dem Strafgericht am Südufer der Themse begann am Montag der Prozess gegen fünf Banker, die von 2005 bis 2009 den wichtigen Zinssatz Euribor manipuliert haben sollen. Einer der Angeklagten, ein Deutscher, ist Managing Director, also Abteilungsleiter, bei der Deutschen Bank. Der Euribor ist wie der Libor ein sogenannter Referenzzinssatz. An diesen täglich ermittelten Werten orientieren sich Kredite und Wertpapiere im Volumen von Hunderten Billionen Dollar. Doch bei einigen Banken drehten Händler die Sätze; sie versuchten, sie zu drücken oder zu erhöhen, ganz wie es den eigenen Spekulationsgeschäften zupasskam. Finanzaufseher verhängten deswegen insgesamt neun Milliarden Dollar Strafen gegen die Konzerne.

Allein die Deutsche Bank einigte sich vor drei Jahren mit Behörden in den USA und Großbritannien auf eine Buße von 2,5 Milliarden Dollar. Bereits 2013 verdonnerte die EU-Kommission die Frankfurter zu 725 Millionen Euro Strafe.

Der erste Händler, der wegen Mauscheleien beim Libor verurteilt wurde, war der Brite Tom Hayes. Er sitzt eine elfjährige Strafe ab; das Urteil fällte der Southwark Crown Court im Sommer 2015. Ein Jahr später schickte dieses Gericht vier frühere Banker von Barclays hinter Gitter. Das Strafmaß lag zwischen zwei Jahren und neun Monaten und fünfeinhalb Jahren. Nun wird an dem Gericht erstmals die Manipulation des Euribor verhandelt, des Referenzzinssatzes für Euro-Wertpapiere.

Das Serious Fraud Office (SFO), die britische Behörde für Fälle schwerer Wirtschaftskriminalität, wollte elf Banker wegen gemeinschaftlichen Betrugs vor Gericht stellen, doch fünf erschienen schon nicht bei den ersten Anhörungen im Januar 2016: vier Deutsche, die bei der Deutschen Bank arbeiteten, und ein Franzose von Société Générale. Das SFO beantragte die Auslieferung, aber ohne Erfolg. Bei den Deutschen entschied das Oberlandesgericht Frankfurt im Februar 2018, sie müssten nicht überstellt werden, weil ihre Taten in Deutschland verjährt seien.

Anfang März bekannte sich einer der verbleibenden sechs Angeklagten bereits schuldig: Christian Bittar, einstiger Starhändler der Deutschen Bank. Der Franzose, dem der Konzern einmal den Rekordbonus von 80 Millionen Euro zusprach, nimmt darum nicht mehr am Prozess teil. Er sitzt in Untersuchungshaft, sein Urteil soll im Sommer fallen, wenn die Geschworenen über das Schicksal der anderen Banker befunden haben.

© SZ vom 10.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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