Nach der Zählung der Bush-Regierung befinden wir uns mitten im dritten Weltkrieg. Er gilt dem islamistischen Terrorismus. In seiner Rede zum fünften Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center sprach der amerikanische Präsident wie früher schon von der »entscheidenden ideologischen Auseinandersetzung des 21. Jahrhunderts«. Vom Sieg in diesem Krieg hänge das Wohlergehen unserer Kinder und Kindeskinder ab: »Entweder wir oder sie!« Entführungsopfer Hanns Martin Schleyer BILD

Kein Zweifel: Das Attentat vom 11. September 2001 ist in seinem monströsen Vernichtungswillen einzigartig. Im Endlosschreck über die spektakulären, immer wieder ausgestrahlten Bilder wurde jedoch übersehen, dass die Kampfformen und die Selbstdarstellung der islamistischen Attentäter durchaus Parallelen mit dem westlichen Terrorismus aufweisen. Vieles, was unter dem Namen Islamismus oder Islamofaschismus Schlagzeilen gemacht hat – der Todeskult, der Größenwahn, die pfauenhafte Eitelkeit der Führer –, finden wir bei westlichen Vorgängern Osama bin Ladens vorgebildet.

Wohl kein Satz aus dem Repertoire des islamistischen Terrorismus ist so oft zitiert worden wie eine Äußerung aus dem Bekennervideo der Bombenleger von Madrid: »Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod.« Diese Formel gilt den Verkündern des Kriegs gegen den Terrorismus als die gleichzeitig kürzeste und umfassendste Kampfansage gegen alles, was die westliche Zivilisation ausmacht. Aber sind der Todeskult, die Lebensverachtung, die mit ihr einhergehende Selbstermächtigung zum Massenmord tatsächlich spezielle Merkmale des islamistischen Terrors? Aus einem Stück von Albert Camus (Die Gerechten) klingt der Satz des russischen Sozialrevolutionärs Stepan herüber: »Ich liebe nicht das Leben, sondern die Gerechtigkeit«.

Osama bin Laden gilt in weiten Teilen der muslimischen Welt als Che Guevara des Ostens. Bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass Osama bin Ladens Anhänger mit ihrem Vergleich gar nicht so falsch liegen, wie die empörte Che-Guevara-Gemeinde meint.

Das berühmte, von Alberto Kosta aufgenommene Che-Guevara-Foto zeigt einen romantischen Rebellen, der zu einer schwarzen Lockenpracht unter dem Barett – wie ein innovatives Modeaccessoire – ein Maschinengewehr trägt. Der Rebell strahlt Freiheitsdrang, Entschlossenheit und den Charme eines Latin Lovers aus.

Aber der gefeierte Comandante, den Jean-Paul Sartre den »vollkommensten Menschen unserer Zeit« nannte, war alles andere als ein Held der Freiheit. Tatsächlich gibt es andere Fotos von ihm, die einen finsteren Soldaten der Revolution zeigen. Allerdings werden sie nicht auf T-Shirts gedruckt. Che Guevara – und nicht Fidel Castro – war es, der gleich nach dem Sieg in Kuba Straf- und Arbeitslager einführte. Er – und nicht Fidel Castro – hat das Leben und die Arbeit in Kuba nach dem Sieg der Revolution militarisiert und persönlich über die Ausführung von (wahrscheinlich Hunderten von) Todesurteilen wegen »Verbrechen gegen die Revolution« gewacht. Mit leisem Schauder hat Rudi Dutschke Che Guevaras Bekenntnis kommentiert, die Soldaten der Revolution müssten von »unbeugsamen Haß gegen den Feind« beseelt sein, einem Hass, »der sie in eine … kalte Tötungsmaschine verwandelt.« Che Guevara brüstete sich damit, notfalls das gesamte kubanische Volk im Kampf für die Revolution zu opfern und Atombomben auf New York zu werfen.