Buddhismus in China
Buddhismus in China ist seit der Zeitenwende in China belegt. Als relativ sicher gelten Berichte über eine buddhistische Präsenz während der ersten nachchristlichen Jahrzehnte. Aus dieser Zeit stammen Berichte über Buddhisten aus dem östlichen Gebiet der heutigen Provinzen Hunan, dem südlichen Shandong und dem nördlichen Jiangsu. Es soll sich um ausländische Mönche sowie Laien im Palastumfeld des Herrschers Liu Ying gehandelt haben.
Historisches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Buddhismus gelangte nicht allein über den Landweg, sondern auch über den Ozean ins Reich der Mitte. Die Wasserroute führte über Kanton im südchinesischen sowie über Häfen wie Lianyungang im Ostchinesischen Meer. Anders als bei den Landwegen, zum Beispiel über die damaligen Nachbarreiche Parthien und Kushan, waren die Seewege vermutlich Nebenrouten, da sie damals keine Knotenpunkte im Ost-West-Handel bildeten. Erste Übersetzungen buddhistischer Schriften ins Chinesische im 2. Jahrhundert führten erst über längere Zeiträume zur Verbreitung des Buddhismus. Diese Übersetzungen waren zum Teil mit daoistischen Begriffen vermischt und dadurch verfälscht. In China gab es ab dem 3. Jahrhundert erstmals eine intellektuelle Auseinandersetzung mit buddhistischen Schriften. Diese beschränkte sich aber zunächst noch auf die Herrschaftseliten und erreichte nicht die einfache Bevölkerung. Bereits in der Östlichen Han-Dynastie (25–220) sollen während eines Zeitraums von rund 150 Jahren fast 300 buddhistische Texte ins Chinesische übersetzt worden sein. Die Übersetzungen erfolgten aus dem Sanskrit, Prakrit und Pali. Von der nachfolgenden Wei-Dynastie (220–265) bis zur Östlichen Jin-Dynastie (317–420 n. Chr.) kamen noch einmal über 700 Texte dazu. Unter ihnen sowohl solche des Mahayana-Buddhismus (wie die Prajñāparamita-Sutren) als auch Werke des Theravada. Neben der Linguistik erschwerten auch Unterschiede in den literarischen Ausdrucksformen das Verständnis. Das Chinesische bevorzugt Bilder und Metaphern, um Ideen zu vermitteln. Die starke Betonung des Bildlichen hängt sicherlich mit der Schrift zusammen. Das Konkrete hat immer Vorrang vor dem Abstrakten, das weniger fesselt und dem man nur ungern in all seine feinen Verzweigungen folgen möchte. Die Gesamtergebnisse buddhistischer Übersetzertätigkeit in China sind beeindruckend: Bis zum Jahr 1285 waren 1353 Werke von fast 200 namentlich bekannten Autoren übersetzt worden. Zum Schluss enthielt der chinesische Tripitaka insgesamt 1440 Werke in 5586 Bänden und übertrifft so vom Volumen her die christliche Bibel um das ungefähr siebzigfache.
Zahlenangaben zu den heutigen Buddhisten in China schwanken zwischen 100 und 400 Millionen. Vorherrschende Richtung ist die Schule des Reinen Landes.
Tang-Dynastie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erst mit Beginn der Tang-Dynastie setzte sich im 7. Jahrhundert der Buddhismus in der Breite in China durch. Die frühen Herrscher dieser Dynastie entsandten bereits ein Jahrhundert zuvor buddhistische Mönche nach Indien, um buddhistische Schriften nach China zu holen und buddhistische Texte aus Indien ins Chinesische zu übersetzen. Bekannt wurde insbesondere die Fahrt des Pilgermönchs Xuan Zang, wie sie in Wu Cheng’ens Romanwerk die „Die Reise nach Westen“ (
Große buddhistische Schulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese erneute Einführung buddhistischer Lehren führte zu einem Aufblühen verschiedener buddhistisch-geprägter Philosophien. Die Philosophien stehen allesamt dem Mahayana nahe, aus denen sich später die großen chinesischen Schulen des Buddhismus entwickelten.
Name | Begründet | Tradition | Japanisches Pendant |
---|---|---|---|
Chengshi zong (chinesisch |
5. Jahrhundert | Spätes Hīnayāna, u. a. basierend auf dem Satyasiddhi-śāstra von Harivarman, Zweig der Sanlun zong | Jōjitsu-shū |
Sanlun zong (chinesisch |
5.–6. Jahrhundert | Mādhyamika | Sanron-shū |
Niepan zong (chinesisch |
4.–5. Jahrhundert | Basierend auf dem Mahāyāna Nirvāṇa-Sūtra | Nehan-shū |
Lüzong (chinesisch |
7. Jahrhundert | Vinaya | Risshū |
Dilun zong (chinesisch |
5.–6. Jahrhundert | Vasubandhus Dasabhūmikabhāsya | |
Jingtu zong (chinesisch |
5.–6. Jahrhundert | Amitabha-Buddhismus | Jōdo-shū |
Chanzong (chinesisch |
5.–6. Jahrhundert | Chan | Zen-shū; keine einzelne Schule |
Shelun zong (chinesisch |
6. Jahrhundert | Paramārthas Übersetzung von Vasubandhus Kommentar zum Mahāyāna-saṃparigraha-śāstra | |
Tiantai zong (chinesisch |
6. Jahrhundert | Lotus-Sutra | Tendai-shū |
Huayan zong (chinesisch |
7. Jahrhundert | Avatamsaka-Sutra und Kommentare dazu | Kegon-shū |
Faxiang zong (chinesisch |
7. Jahrhundert | Yogācāra | Hossō-shū |
Mizong (chinesisch |
7.–8. Jahrhundert | Vajrayāna, Tantrayāna | Mikkyō; Shingon-shū |
Tiantai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tian-tai (T'ien-t'ai;), nach ihrem Stammkloster auch Tiantai zong (
Huayan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Huayan (
Chan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Chan (Ch'an;
Begründet wurde die Schule von dem indischen Mönch Bodhidharma (
Schule des Reinen Landes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die unterschiedlichen Schulen des Reinen Landes (Jingtu zong;
Mizong[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit der Mizong (
Unterdrückung und Wiederaufbau im 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über die weiteren Jahrhunderte befand sich der Buddhismus in China im Niedergang. Die revolutionären Umwälzungen des 20. Jahrhunderts, markiert vor allem durch die Gründung der kommunistischen Volksrepublik China 1949, drängte den Einfluss des Buddhismus weiter zurück. Trotz der Gründung der vom Staat zunächst tolerierten Chinesischen Buddhistischen Gesellschaft 1953 zielte die von Mao Zedong ausgerufene Kulturrevolution schließlich direkt auf die Zerstörung der verbliebenen Symbole und Organisationen der religiösen Traditionen Chinas. Zahlreiche Klöster wurden zerstört, öffentliche Religionsausübung überwiegend verboten, Mönche vertrieben, verhaftet oder getötet.
Beginnend in den 1980er Jahren verfolgte die KPCh eine liberalere Handhabung der religiösen Bewegungen. In Zusammenhang mit der Neugründung der Buddhistischen Gesellschaft Chinas konnten vermehrt Klöster und Tempel wiederaufgebaut werden und die Zahl der ordinierten Mönche und Nonnen wuchs. Auch im Volk verbreitet sich der Buddhismus wieder. Allerdings setzt die Regierung sehr enge Maßstäbe und Grenzen. Buddhistische Aktivitäten, die sich nicht innerhalb des vom Staat und der Buddhistischen Gesellschaft Chinas (
Anfang des 21. Jahrhunderts gibt es etwa 100 Millionen praktizierende Anhänger des Buddhismus in China, etwa 20.000 Tempel und Klöster mit 200.000 Mönchen und Nonnen. 2006 wurden 34 buddhistische Schulen in China gezählt.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Robert E. Buswell (Hrsg.): Encyclopedia of Buddhism (China). Macmillan Reference USA, 2004, ISBN 0-02-865718-7, S. 139–145.
- Christoph Baumer: Wutai Shan. Mittelpunkt des chinesischen Buddhismus. Detjen Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-937597-29-4.
- Kenneth Kuan Sheng Chen: Buddhism in China: A historical survey. Princeton University Press, Princeton NJ 1973, ISBN 0-691-03005-7.
- Philip Clart: Die Religionen Chinas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8252-3260-3.
- Daisaku Ikeda: Der chinesische Buddhismus. Nymphenburger, München 1987, ISBN 3-485-00553-3.
- Carsten Krause: Interdependenzen zwischen Staat und Buddhismus in der Volksrepublik China. In: Wiebke Koenig, Karl-Fritz Daiber (Hrsg.): Religion und Politik in der Volksrepublik China. Ergon, Würzburg 2008, ISBN 978-3-89913-602-9, S. 139–168.
- Carsten Krause: Interdependenzen zwischen Staat und Buddhismus in der Volksrepublik China. (PDF) In: China Heute XXIV. Band 6, 2005, S. 222–233.
- Donald E. MacInnis: Religion im heutigen China: Politik und Praxis. Steyler, Nettetal 1993, ISBN 3-8050-0330-7, S. 187–286.
- Whalen Lai: Buddhism in China: A Historical Survey. (Memento vom 12. November 2014 im Internet Archive) (PDF) In: Antonio S. Cua (Hrsg.): Encyclopedia of Chinese Philosophy. Routledge, New York 2003.
- Hans-Günter Wagner: Buddhismus in China. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Matthes & Seitz, Berlin 2020, ISBN 978-3-95757-844-0.
- Walter Liebenthal: Was ist chinesischer Buddhismus. In: Asiatische Studien: Zeitschrift der Schweizerischen Asiengesellschaft. Band 6, 1952, S. 116–129, doi:10.5169/seals-145467.
- Don Alvin Pittman: Toward a Modern Chinese Buddhism: Taixu’s Reforms. University of Hawaii Press, 2001.
- Florian C. Reiter: Religionen in China: Geschichte, Alltag, Kultur. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47630-9.
- Holmes Welch: Buddhism under Mao. Harvard University Press, Cambridge MA 1972, ISBN 0-674-08565-5.
- Master Sheng Yen: Orthodox Chinese Buddhism. Translated by Douglas Gildow and Otto Chang, North Atlantic Books, 2007.
- Erik Zürcher: The Buddhist Conquest of China. 3. Auflage. E. J. Brill, Leiden 2007.