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TV-Duell mit Mario Voigt Ist Höcke doch nur ein "Mett-Würstchen"?

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Doch kein (alb)traumhaft sicher agierender Demagogie-Dämon: AfD-Politiker Höcke.

Doch kein (alb)traumhaft sicher agierender Demagogie-Dämon: AfD-Politiker Höcke.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der inoffizielle AfD-Chef stutzt sich selbst auf Regional-Niveau. Dunkel funkeln konnte er nur selten. Dafür gab es zu viel Lächerliches.

Was mich am meisten am TV-Streitgespräch zwischen Mario Voigt und Björn Höcke überrascht hat? Dass, unterm Strich, Herr Höcke gar nicht der (alb)traumhaft sicher agierende Demagogie-Dämon ist, zu dem er von Freund und Feind so oft stilisiert wird - oder wie man nach gestern Abend sagen muss: aufgeblasen wird. "Entzaubert" wäre ein bisschen viel gesagt über das, was sich im Laufe des "Duells" zunehmend zeigte. Aber phasenweise auf die Flughöhe eines Mett-Brötchens herabgeholt? Das schon.

Ob es nun Hack, Mett oder sonstwie in Thüringen heißt, sobald rohes, zerwerktes Fleisch (mit Zwiebeln?) verzehrt wird: Die Herren Voigt und Höcke lieferten sich darüber einen rasch verkanteten Kurz-Wettlauf in puncto Bodenständigkeit und thüringischer Volksverbundenheit. Mario Voigt nimmt man den regelhaften Verzehr solcher Brötchen ab, und das ist vermutlich nicht nur ein Kompliment. Aber dass einer wie Höcke, der sich gern als dunkel funkelnder Braungeist zelebriert, plötzlich über Hack oder Mett reden muss - das machte ihn auf subtile Weise zum Gespött. Ich jedenfalls fand es lustig.

Ähnlich lächerlich, weil ähnlich unbeholfen erschien die Abfolge dieser beiden Szenen: Gleich zu Anfang schnodderte Herr Höcke ganz im herrischen Höcke-Stil den Kontrahenten an, er solle sein kluges Gesprächsbuch mal lieber in Gänze lesen und warum er, Mario Voigt, eigentlich so beschränkt sei, sich als Gedächtnisstütze sogar Halbsätze aus dem Buch aufschreiben zu müssen, um sie akkurat zu zitieren. Das kann man so machen, wenn man sein Gegenüber aus dem Takt bringen will, was indes nur leidlich gelang. Auf keinen Fall jedoch sollte man es machen, wenn man sich wie Björn Höcke im weiteren Verlauf auf akute Gedächtnislücken berufen möchte, was andere Inhalte desselben eigenen Gesprächsbuches angeht.

Eher wie ein Thüringer Würstchen

Das aber tat Herr Höcke, als es um eine besonders eklige Stelle in Zusammenhang mit einer türkisch-stämmigen deutschen Politikerin ging, der er das Deutschsein und folglich auch das Bleiberecht de facto abgesprochen hatte. Wie sich der Held der thüringischen AfD da wand, als er sich zu seinen damaligen Worten bekennen sollte - das, tut mir leid, erinnerte mich an ein Thüringer Würstchen, das wegen allzu schneller Hitzezufuhr auf dem Grill zu tanzen und zu spritzen beginnt.

Bleibt die Frage: Wenn Herr Höcke an diesem Abend also zum ganz normalen Regional-Politiker wurde, der mal ein bisschen punktet und recht oft daneben stolpert oder holpert - wird das irgendjemand bewegen, in Thüringen oder Deutschland, zu einer Veränderung der eigenen Wahlabsichten gar? Ich weiß es nicht.

Was man nach dem Abend aber weiß, ist dies: Auch Björn Höcke ist sichtlich gezeichnet davon, dass jüngst die Pläne und feuchten Träume der AfD noch einmal bekannt wurden, wie sie Millionen Menschen, deren Pass oder Profil ihnen nicht passt, außer Landes schaffen wollen. Die Anti-AfD-Mobilisierung, die auch in der bürgerlichen Mitte folgte, bringt selbst den radikalsten der AfD-Granden aus dem Tritt, nämlich Herrn Höcke. Oha.

Anders ist nicht zu erklären, dass er anscheinend aus dem Stand den Begriff der "Remigration" neu (und harmlos) zu erfinden versuchte: Jetzt soll es für Millionen Menschen nicht kurzerhand aus Deutschland heraus gehen - sondern für Millionen Auswanderer baldest möglich wieder zurück nach Deutschland hinein. Das sei mit "Remigration" stets und immer schon gemeint, erklärte Björn Höcke. Und wenn Hardcore-AfD-Anhänger nicht in der Regel so komplett humorlose Gesellen wären - sie müssten lauthals loslachen. Denn dieser Versuch, ein toxisch gewordenes Vorhaben in das glatte Gegenteil umzurubeln, war wirklich lächerlich. So gesehen war die Runde nebenbei auch großes Unterhaltungskino. Fortsetzung sollte unbedingt folgen.

Quelle: ntv.de

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