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Schiedsrichterin aus Iran bei Schach-WM verzichtet auf Kopftuch und muss um Sicherheit fürchten | STERN.de
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Streit um Kopftuch Schach-WM der Frauen: Schiedsrichterin aus dem Iran muss um ihre Sicherheit fürchten

Schach-WM Schiedsrichterin Shohreh Bayat aus dem Iran greift in die Partie ein
Schiedsricherin Shohreh Bayat aus dem Iran ohne Kopftuch: Zunächst trug sie ein unauffälliges Kopftuch, nach harscher Kritik aus ihrem Heimatland verzichtet sie nun ganz darauf.
© STR / AFP
Shohreh Bayat aus dem Iran trug während der Schach-WM stets ein Kopftuch. Das war den Sittenwächtern in ihrer Heimat aber zu dezent. Die Schiedsrichterin reagierte trotzig - und kann nun vorerst nicht zurück.

Ihre Heimat, den Iran, wird Shohreh Bayat nicht so schnell wiedersehen. Der Grund ist nicht die aktuelle politische Krise in ihrem Heimatland, sondern liegt in der massiven Kritik, der die Schiedsrichterin bei der Schach-WM der Frauen in den vergangenen Tagen ausgesetzt war, wie die ARD berichtet. Zwar trug sie, so wie es Frauen im Iran gesetzlich vorgeschrieben ist, in den ersten Tagen des WM-Kampfes zwischen Alexandra Gorjatschkina (Russland) und Titelverteidigerin Ju Wenjun (China) ein Kopftuch, doch war dieses den Sittenwächtern im Iran offensichtlich deutlich zu dezent. In der Folge verzichtete die 32-Jährige ganz auf eine Kopfbedeckung - und muss deshalb um ihre Sicherheit fürchten.

Trotz der strengen Gesetze ist es im Iran durchaus üblich, dass Frauen ihr Kopftuch etwas lockerer tragen, so dass ein Teil der Haare zu sehen ist. So machte es auch Shohreh Bayat. Dennoch monierten Kritiker, dass man auf einigen Fotos aus Shanghai schon genau hinsehen müsse, um das Kopftuch zu entdecken. Als offizieller Repräsentantin des iranischen Schachverbandes ließen die Staatsmedien ihr das nicht durchgehen. "Nach einem Turniertag schaute ich auf mein Smartphone und sah, dass in iranischen Medien plötzlich über mein Kopftuch berichtet wird", sagte Bayat der ARD. Besonders heikel für die Schiedsrichterin, die sogar die erste Frau an der Spitze eines Sportverbandes im Iran ist: In den Berichten wurde Bayat vorgeworfen, sie protestiere gegen das Tragen des Kopftuchs und trage daher gar keines, obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt noch bedeckte.

Shohreh Bayat: Kopftuch oder nicht spielt keine Rolle mehr

Bayat wies die Vorwürfe zurück, zeigt sich beispielsweise auch auf dem Profilbild ihres Twitter-Accounts mit Kopftuch. Die Anschuldigungen aus dem Heimatland hätten sie schockiert, sagte sie. Das gelte auch für eine Mitteilung ihres Verbandes: Der forderte die Schiedsrichterin dazu auf, sich schriftlich zu entschuldigen und als Zeichen der Reue von nun an ein besonders fromm wirkendes Kopftuch zu tragen.

Darauf reagierte Shohreh Bayat ebenso trotzig wie mutig. Statt den Anweisungen ihres Verbandes zu folgen, trägt sie nun gar kein Kopftuch mehr. Auch während der Pressekonferenzen und danach zeigt die 32-Jährige offen ihr langes schwarzes Haar. Sie habe nach der massiven Kritik den iranischen Schachverband gebeten, ihr schriftlich zu versichern, dass sie ohne Sorge um ihre Sicherheit in den Iran zurückkehren könne. Doch darauf habe sie keine Antwort erhalten. "Da war mir klar, dass es nicht sicher für mich ist, zurückzukehren, und dass es nun auch keinen Unterschied mehr macht, ob ich das Kopftuch trage, oder nicht", so Bayat zur ARD.

Schach-Schiedsrichterin aus dem Iran mit Kopftuch
Zu wenig Kopfbedeckung für die Sittenwächter im Iran: Schiedsrichterin Shohreh Bayat während der ersten Tage der Frauen-Schach-WM in Shanghai.
© STR / AFP

"Großartige Botschafterin für ihr Land"

Der Weltschachverband Fide steht zu Shohreh Bayat und hält an ihr als Schiedsrichterin fest, wenn die Titelkämpfe nun in Wladiwostok fortgesetzt werden. Fide-Vize-Chef Nigel Short machte via Twitter sogar seine besondere Wertschätzung deutlich: Die einzige internationale Kategorie-A-Schiedsrichterin in Asien sei "eine großartige Botschafterin für ihr Land". Dass man das im Iran ganz anders sieht, macht dem Verband große Sorge - und zwingt Shohreh Bayat dazu, ihrer Heimat bis auf weiteres fern zu bleiben.

Quellen: Tagesschau, Deutschlandfunk, Twitter/Shohreh Bayat, Twitter/Nigel Short

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