Auf dem Land sind viele Menschen vom Auto abhängig. Wie kann man ihnen ermöglichen, klimafreundlich und bezahlbar mobil zu sein? Für die Serie "Die Mobilmacher" haben wir uns Initiativen angesehen, die es versuchen.

Wenn an jedem Werktag um 18.30 Uhr kurz nacheinander zwei Pendlerzüge in Pfaffenhofen einfahren, zuerst einer aus Ingolstadt, dann einer aus München, verlassen die Menschen zielstrebig den Bahnhof. Auf sie warten zeitgleich sechs Busse, auf einem von ihnen steht "Jetzt kostenlos!" und das gilt auch für die anderen Stadtbusse. Doch die Gruppe bewegt sich fast geschlossen auf den vollgeparkten Park-and-Ride-Platz zu, wo sie ihre Autos am Morgen abgestellt hatte. Die ersten Busse fahren los, an Bord jeweils drei oder vier Fahrgäste, und reihen sich ein in die Karawane aus Autos, die schon an der Ampel wartet, in jedem nur ein Mensch.

Der öffentliche Nahverkehr ist eine große Hoffnung im Kampf gegen die Klimakrise und für bessere Luft in den Städten. Wenn er nur flächendeckend gut ausgebaut und billiger wäre, dann würden die Menschen ihre Autos stehen lassen und mehr Zug oder Bus fahren – dieses Argument taucht in der Diskussion um die Verkehrswende immer wieder auf. Deshalb forderte die SPD bereits ein 365-Euro-Ticket, das die Nutzung des Nahverkehrs für einen Euro am Tag möglich machen soll. Und die Bundesregierung hat fünf Modellstädte zur Verbesserung der Luftqualität ausgewählt, um "finanzielle Anreize zur Nutzung des ÖPNV" auszuprobieren.

Pfaffenhofen testet als Versuchslabor der Bundesrepublik seit Dezember 2018, ob die Nutzung des Nahverkehrs vom Ticketpreis abhängt. Im Zwei- bis Fünf-Minutentakt fahren dort Busse vom Bahnhof in die Innenstadt und in verschiedene Wohnviertel. Sie sind für jeden kostenlos – egal ob Pfaffenhofener oder Besucherin. Doch wer die Szenen am Bahnhof beobachtet, muss fürchten, dass der Stadtbus nicht nur kostenlos ist, sondern auch umsonst.

Der Bus ist manchmal voll – die Parkplätze immer

"Die Pfaffenhofener lieben ihr Auto", sagt der Bürgermeister der 26.000-Einwohner-Stadt, Thomas Herker (SPD). Eigentlich müsste er sagen: ihre Autos. Denn im bundesweiten Durchschnitt gibt es keinen Landkreis, in dem es so viele Pkw pro Einwohner gibt wie hier. Fast jeder Haushalt hat zwei, Herkers Familie eingeschlossen. Ein Grund: Pfaffenhofen liegt zwischen München und Ingolstadt, BMW und Audi sind für die Menschen im Ort attraktive Arbeitgeber. Das bestimmt das Stadtbild. Die Straßen sind voller fabrikneuer Kleinwagen, es vergehen keine fünf Minuten, ohne dass irgendwo ein Motor aufheult.

Bürgermeister Herker wusste, dass er etwas unternehmen musste, wenn er nicht wollte, dass seine Stadt im Verkehr erstickt. Also befragte er seine Bürgerinnen und Bürger über ihr Mobilitätsverhalten. Die Antwort der meisten war: Ich fahre mit dem Auto zum Bahnhof, die Strecke ist kürzer als drei Kilometer. Kaum einer gab an, den Bus zu nutzen. Auch Fahrrad fahren ist in Pfaffenhofen für viele keine Alternative, denn die Straßen sind eng und viele mit Kopfstein gepflastert. Herker sagt zwar, er wolle die Radwege ausbauen, aber das benötige Jahre.

Also konzentrierte sich der Bürgermeister auf den Bus. Er hielt es für wahrscheinlich, mehr Pendlerinnen und Pendler zum Busfahren zu bewegen, wenn er es für sie so attraktiv wie möglich gestalten würde. Also ließ Herker die Fahrpläne der Busse an die Taktung der Züge anpassen, das Streckennetz ausweiten und sorgte sogar dafür, dass die Nutzung für jeden kostenlos ist. Die Stadt investierte dafür im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Euro aus ihrem Haushaltsüberschuss. Eine stattliche Summe für eine Kleinstadt.