Nach dem Rücktritt des ukrainischen Ministerpräsidenten Oleksij Hontscharuk ist Denys Schmygal zum neuen Regierungschef gewählt worden. Der bisherige Vizeregierungschef und Ökonom war von Präsident Wolodymyr Selenskyj nominiert worden. Er erhielt im Parlament 291 Stimmen, 59 Abgeordnete votierten gegen ihn. Oleksij Hontscharuk war zuvor nach sechs Monaten Amtszeit auf eigenen Wunsch vom Parlament entlassen worden.

Der 44-jährige Denys Schmygal versprach, sich in seiner Amtszeit besonders auf die Probleme der "Industrieproduktion, der Agrarindustrie und sozialen Fragen" zu konzentrieren. Er sagte, die Bürgerinnen und Bürger hätten große Erwartungen und ihre Geduld gehe zu Ende. "Wir brauchen heute Ergebnisse." Wichtigste Ziele seien ein Ende des Krieges gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes, die Stärkung der Sicherheit und die "Rückkehr" der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Der neue Regierungschef war zuvor für regionale Entwicklung zuständig gewesen.

Eine Regierung, die "das Unmögliche möglich macht"

Auf die Neuwahl des Ministerpräsidenten folgt die Bildung einer neuen Regierung und eine Umbesetzung wichtiger Ministerposten. Es ist die erste Regierungsumbildung seit dem Amtsantritt des prowestlichen Präsidenten Selenskyj im vergangenen Jahr. Als neuer Außenminister ist nach Angaben der Regierungspartei der bisherige Vizeregierungschef Dmitri Kuleba im Gespräch. Er ist zurzeit zuständig für europäische Integration. 

"Es war eine Regierung der neuen Gesichter, doch neue Gesichter reichen nicht. Wir brauchen neue Köpfe und neue Herzen", sagte Selenskyj über sein bisheriges Kabinett. Die Ukrainer bräuchten eine Regierung, "die auch das Unmögliche möglich macht" und "für das Volk" arbeite.

353 Abgeordnete stimmten für die Entlassung Oleksij Hontscharuks, 40 enthielten sich. Gegen eine Entlassung stimmte niemand. Selenskyi hatte den 35-jährigen Hontscharuk mehrfach für die Lage der Industrieproduktion in der Ukraine kritisiert und ihm vorgeworfen, die Ziele für die Steuereinnahmen zu verfehlen. Das Land hat zwar seine wirtschaftliche Leistung gesteigert, die Industrieproduktion ist jedoch seit mehreren Monaten gesunken.

Die Lage der Ukraine ist nach wie vor instabil. Der Konflikt in der Ostukraine dauert an, außerdem bemüht sich das Land um Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds.

Bereits im Januar hatte Hontscharuk seinen Rücktritt angeboten. Damals war ein Audiomitschnitt öffentlich geworden, in dem er erklärte, Selenskyj habe eine "sehr primitive" Vorstellung von Wirtschaft. Hontscharuk hatte sich daraufhin entschuldigt, Selenskyj lehnte das Rücktrittgesuch ab.