„Automobilfabrik E. Nacke“ – Versionsunterschied

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* DRP 129 663 von 1901: Antrieb für Motorwagen
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* DRP 152 330 von 1903: Antrieb für Motorwagen
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* DRP 143 154 von 1902: Innenbackenbremse
* DRP 143 154 von 1902: Innenbackenbremse ([http://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE000000143154A Nackes Originalpatent])
* DRP 146 283 von 1903: Reibungskupplung
* DRP 146 283 von 1903: Reibungskupplung
* DRP 189 744 von 1906: Reibungskupplung
* DRP 189 744 von 1906: Reibungskupplung

Version vom 30. November 2012, 15:05 Uhr

Emil Hermann Nacke (* 29. Oktober 1843 in Großwiederitzsch bei Leipzig; † 30. Mai 1933 in Kötzschenbroda-Naundorf (heute Radebeul)) war ein deutscher Maschinenbau-Ingenieur, Industrieller und Weingutsbesitzer. Als Automobilbauer war er mit dem Coswiga der erste Automobil-Hersteller in Sachsen.

Leben und Wirken

Nacke wurde 1843 als ältester Sohn eines königlich sächsischen Steueraufsehers geboren. Nach Besuch der Realschule in Leipzig studierte er bis 1869 am Polytechnikum Dresden Maschinenbau. Seine ersten Erfahrungen als Ingenieur machte Nacke in einer Maschinen- und Lokomotivfabrik. Nach einigen Auslandsreisen wurde er in den Magdeburger Gruson-Werken tätig. In den Gruson-Werken entwarf er als Konstrukteur eine windungsfreie Lafette. Weiterhin entwarf und errichtete er eine Strohstofffabrik für die Thode'sche Papierfabrik Hainsberg. Um 1884 gründete Nacke die Strohstoff-Fabrik Tännicht, die dann 1885 Bestandteil der Vereinigten Strohstoff-Fabriken wurde. Mit einem Kompagnon betrieb er eine Papiermaschinenfabrik in Dresden und ließ sich im Jahr 1891 in Kötitz (späterer Ortsteil von Coswig) mit der „Maschinenfabrik E. Nacke“ zur Herstellung von Maschinen für die Papierindustrie nieder. Dort begann er mit der Produktion von Kolben- und Kreiselpumpen, Kondenswasserabscheidern und Anlagen für die Zellstofffabrikation. 1895 waren 35 Arbeiter angestellt und die Fabrik wurde Stück für Stück erweitert, so dass schon 1905 ungefähr 80 Arbeiter die Produktion bewältigten.

Die PKW-Produktion

Emil Nacke hinter dem Steuer eines Coswiga, um 1903. Mitfahrer: Pfarrer Schüttoff und Familie aus Constappel bei Gauernitz[1]
Der Nacke Double-Phaeton 35 HP für Kaiser Menelik II. von Abessinien (links hinter dem Lenkrad stehend)[1]

Nackes großes Interesse galt dem sich gerade entwickelnden Automobilbau. Von seinem Besuch der Pariser Automobil-Ausstellung brachte er einen Zweisitzer der französischen Marke Panhard & Levassor mit. In der Maschinenfabrik wurde daraufhin eine Abteilung Automobilbau eingerichtet, und noch 1900 wurde der erste sächsische Personenwagen fertiggestellt. Es war ein Zweisitzer mit 2-Zylinder-Benzinmotor von 8–10 PS mit Ketten-Kraftübertragung und einer Höchstgeschwindigkeit von 30–35 km/h. Nacke benannte seine ersten Automobile nach dem Produktionsort „Coswiga“. Bereits ein Jahr später wurde dieser Wagen auf der Automobil-Ausstellung in Berlin ausgestellt. Die Produktion bestand 1901 aus vier verschiedenen PKW-Typen, und im Prospekt von 1910 umfasst das Programm bereits sieben verschiedene PKW-Typen.

Im Jahr 1902 erfand Nacke das Prinzip der Innenbackenbremse.[2]

Um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Personenwagen unter Beweis zu stellen, gab es mehrere europaweite Konkurrenzfahrten. Besonders bekannt waren die drei Herkomer-Konkurrenzen (1905–1907) sowie die Prinz-Heinrich-Fahrten ab 1908. Die Automobilfabrik E. H. Nacke nahm nicht nur daran teil, sondern gewann auch erfolgreich Plaketten. Das zeigt ihren Rang unter den damaligen Automobilherstellern. Bereits 63-jährig fuhr Nacke selbst die Herkomer-Fahrt 1907 mit. Für weitere Rennen konnte er bekannte Rennfahrer wie Alexander Graumüller gewinnen.

Besonders wichtig war die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge, wie etwa bei dem Nacke Double-Phaeton 35 HP. 1908 erhielt den Wagen der Kaiser Menelik II. von Abessinien (heute Äthiopien) als Geschenk von einem deutschen Geschäftsmann. Wie im Prospekt zu erkennen, mussten auf der Fahrt dahin recht unwegsame Strecken überwunden werden. Parallel dazu war auch eine britische Expedition mit gleichem Ziel in Äthiopien unterwegs. Der Wagen der Marke Siddeley 18 HP hatte die Reise nicht so gut überstanden. Deshalb entschied sich Menelik II. für das deutsche Fahrzeug, das 1913 an den äthiopischen Kaiserhof geliefert wurde. Zu dieser Zeit gehörte Emil Hermann Nacke bereits zum Vorstand des Vereins Deutscher Motorfahrzeug-Industrieller. Trotz seines guten Rufes konnte Nacke auf dem Gebiet der Personenkraftwagen nicht Fuß fassen. Die PKW-Fertigung wurde daher 1913 eingestellt.

Die LKW- und Omnisbus-Herstellung

Bereits im Jahr 1905 wurde zum PKW-Bau noch der LKW-Bau aufgenommen. In der Abteilung Automobilbau wurden auch Busse, Kommunalfahrzeuge, Feuerwehren und Motorfeuerspritzen hergestellt, und die Produktion der Maschinenfabrik wurde weiterhin aufrechterhalten. Sie diente als festes finanzielles Standbein gegenüber dem eher als „Liebhaberei“ betriebenen Kraftfahrzeugbau.

Ein besonderes Prachtstück aus Coswig war der 1906 für den sächsischen König gebaute zehnsitzige Jagdomnibus. Dieser Omnibus wurde vom königlichen Oberstallamt des Dresdner Hofes bestellt. Die Karosserie dafür lieferte die Dresdner Luxuswagenfabrik H. Gläser. In den der eigenen Fabrik angeschlossenen Karosseriewerkstätten stellten auch andere namhafte Karosseriefabriken Aufbauten für die Nacke-Busse und -LKW her.

Bemerkenswert ist auch, dass Nacke eigene Omnibus-Linien einrichtete. Der Nacke–Omnibus für 12 Personen mit 40-PS-Motor war 1912 auf der Strecke KönigsteinSchweizermühle in Sachsen gelaufen, wo er die Nachfolge der 1904 eingestellten Bielatalbahn übernahm. So gab es 1912 den ersten fahrplanmäßigen Probebetrieb auf der Strecke Meißen – Brockwitz – Weinböhla, die schließlich 1913 von der Sächsischen Eisenbahnverwaltung übernommen wurde. Eingesetzt waren zwei Nacke-Omnibusse, ausgestattet mit dem in der Maschinenfabrik Pekrun in Coswig entwickelten, neuartigen Schneckenantrieb, der eine Bergstütze überflüssig machte; die Karosserien wurden von dem Unternehmen Schumann in Zwickau gebaut. Es folgte am 12. Juli 1912 die Kraftomnibuslinie Tharandt - Kurort Hartha, welche eine 1900 eingerichtete Pferdeomnibuslinie ablöste und nach mehrmals wechselnder Trägerschaft heute noch als Linie 345 des Regionalverkehr Dresden (RVD) in Betrieb ist.

Während des Ersten Weltkrieges belieferte das Unternehmen Nacke das kaiserliche Heer mit einer großen Anzahl von 4-Tonnen-Lastzügen. Für diese Subventionslastzüge war Kettenantrieb gefordert worden.

In der Nachkriegszeit verstärkte man den Bau von Nutzfahrzeugen. Viele bekannte Dresdner Fabriken, Brauereien und Speditionen kauften ihre Fahrzeuge bei Nacke. Als Beispiele gelten Feldschlößchen, Felsenkeller und Universelle. Doch auch in Kalkutta, Porto und London verkehrten Fabrikate aus Coswig. Das Typenprogramm von 1926 umfasste 2,5-, 3,5- und 5-Tonnen-Lkw-Fahrgestelle mit eigenen Ottomotoren und mehreren Aufbauvarianten. So produzierte Nacke unter anderem Feuerwehrfahrzeuge, Holztransporter, Kipper, Brauereifahrzeuge und Omnibusse und verkaufte seine LKW weltweit.

1929 machten sich die Weltwirtschaftskrise und veraltete Produktionsmethoden in dem Unternehmen bemerkbar, das damals 250 Beschäftigte hatte, und 1930 musste die Nutzfahrzeugfertigung eingestellt werden.

Danach führten Nackes Schwester Clara und deren Sohn Reinhold Toller die Maschinenfabrik weiter. 1945 wurde das Unternehmen unter Treuhandschaft gestellt und fast vollständig demontiert. Mit der Übernahme in Volkseigentum erlosch 1948 der Unternehmensname Maschinenfabrik E. Nacke im Handelsregister.

Aus der langen Produktionszeit existiert kein Fahrzeug mehr, nur die aufwendig gestalteten Prospekte der Automobilfabrik E. Nacke, Coswig i. S. blieben erhalten und finden sich z.B. im Bestand des Dresdner Verkehrsmuseums.

Soziale Taten

1897 erwarb Nacke das Weingut Johannisberg in Naundorf (Radebeul), in dem er bis zu seinem Lebensende auch wohnte. Dieses Weingut beziehungsweise der Weinberg ist Namensgeber für die sächsische Weinbaulage Radebeuler Johannisberg. Nebenher war Nacke auch ein erfolgreicher Winzer. Im Kötzschenbrodaer General-Anzeiger vom 3. September 1903 bestätigte ihm die Kommission zur Reblauskontrolle: „… dieser wirklich mit vielen Geldopfern, prächtig angelegte Weinberg verdient die höchste Anerkennung und zeichnen sich die Reben durch äußerst üppigen, kräftigen Wuchs aus. …“ Der Johannisberg war einer der wenigen Weinberge in der Lößnitz, der von der Reblaus verschont blieb.[3]

Nacke war ein sozial engagierter Mensch; dies zeigen die bereits 1904 errichteten Werkswohnungen in Kötitz, heute Coswig, zu denen generell ein kleiner Garten gehörte, sowie die von Nacke Anfang der 1910er Jahre im benachbarten Naundorf errichtete Siedlung der Vereinigten Strohstoff-Fabriken Coswig. Er spendete für die örtliche Schule und Kirchgemeinde. Für seine Arbeiter und deren Kinder gab es alljährlich vor Ostern und Weihnachten besondere Zuwendungen ebenso wie für langjährige Betriebszugehörigkeit. Auch die überlieferte Anrede „Vater Nacke“ spricht für sich.

Nacke wurde auf dem Friedhof von Constappel beigesetzt. Seine Schwester wurde auf dem Friedhof Naundorf-Zitzschewig beerdigt, das Grab ist inzwischen aufgelöst.

Patente

Nacke erhielt eine Reihe von Patenten auf unterschiedlichen Gebieten:[2]

  • DRP 39 534 von 1886: Papierstoff-Holländer mit vertikal oder schräg stehender Welle
  • DRP 69 077 von 1892: Papierstoff-Raffineur mit horizontaler Welle und vertikalen Steinen
  • DRP 86 659 von 1895: Gasmaschine mit extra Kompressionsraum und erhitztem Verbindungskanal
  • DRP 129 115 von 1901
  • DRP 129 663 von 1901: Antrieb für Motorwagen
  • DRP 152 330 von 1903: Antrieb für Motorwagen
  • DRP 143 154 von 1902: Innenbackenbremse (Nackes Originalpatent)
  • DRP 146 283 von 1903: Reibungskupplung
  • DRP 189 744 von 1906: Reibungskupplung

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Emil Hermann Nacke – Sachsens erster Automobilbauer
  2. a b Frieder Schmidt: Nacke, Emil. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 686 f. (Digitalisat).
  3. Auf den Spuren von Emil Hermann Nacke – vierteiliger Beitrag im Coswiger Stadtanzeiger (Memento vom 22. Oktober 2009 im Internet Archive)