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Titandioxid: Wie sicher ist der Einsatz in Lebensmitteln und Kosmetika? | Stiftung Warentest

Titan­dioxid Wie sicher ist der Einsatz in Lebens­mitteln und Kosmetika?

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Titan­dioxid - Wie sicher ist der Einsatz in Lebens­mitteln und Kosmetika?

Von Dragees bis Zahnpasta. Titan­dioxid kann in verschiedensten Produkten stecken. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Gelangt Titan­dioxid in den Körper, schädigt es womöglich das Erbgut. Seit 2022 ist es in Lebens­mitteln verboten – aber in Kosmetik weiter erlaubt. Was Sie wissen sollten.

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Was ist Titan­dioxid?

Titan­dioxid ist ein weißes Farbpigment, das für seine hohe Deck- und Leucht­kraft bekannt ist. Zum Teil sind die Partikel winzig klein und erreichen nur Nano-Größe. Einge­setzt wird Titan­dioxid bei der Herstellung von Lacken und Farben, Kunststoffen oder Papier. Zudem wird es in Kosmetik­produkten verwendet, als Farb­stoff in Zahnpasten und als Aufheller in Lippenstiften oder als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln. Auch in Arznei­mitteln, etwa in Über­zügen von Tabletten, findet sich Titan­dioxid häufig.

Ebenfalls beliebt war es als Zusatzstoff in Nahrungs­mitteln wie Back­waren, Suppen, Brot­aufstrichen, Kaugummis oder Dragees. Das ist allerdings Geschichte. Die Europäische Kommis­sion erließ Anfang 2022 ein Verbot für die Verwendung von Titan­dioxid als Lebens­mittel­zusatz­stoff – nach einer sechs­monatigen Über­gangs­zeit ist es im August 2022 in Kraft getreten.

Warum wurde Titan­dioxid in Lebens­mitteln verboten?

Grund war eine Neube­wertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) im Jahr 2021: Dafür haben die Fachleute alle verfügbaren, relevanten wissenschaftlichen Erkennt­nisse gesichtet – insgesamt fast 12 000 Publikationen. Am Ende waren es gut 200 Studien, die für die Neueinschät­zung ausschlag­gebend waren.

Das Fazit: Die Efsa stufte Titan­dioxid in Lebens­mitteln als „nicht mehr sicher“ ein. Laut der Stellung­nahme ist nicht auszuschließen, dass der Stoff nach der Aufnahme mit der Nahrung genotoxisch wirkt. Das bedeutet: Das Erbgut kann geschädigt werden. Eine akzeptable oder zulässige tägliche Aufnahme­menge von Titan­dioxid konnten die Experten nicht ableiten. Zwar gelangt es über den Magen-Darm-Trakt nur in sehr geringem Umfang in den Körper, wird aber auch nur lang­sam wieder ausgeschieden und kann sich möglicher­weise im Gewebe anreichern.

Gelten die Bedenken auch für Titan­dioxid in Kosmetik­produkten?

Die Einschät­zung der Efsa bezieht sich allein auf Titan­dioxid in Lebens­mitteln. In Kosmetika ist der Zusatz weiter erlaubt. Über die Haut wird Titan­dioxid nach jetzigem Wissens­stand nicht aufgenommen – bei Sonnen­cremes etwa besteht kein Risiko.

Kritisch könnte es sein, wenn titan­dioxid-haltige Pfle­gepro­dukte einge­atmet oder verschluckt werden. Daher beauftragte die EU-Kommis­sion im Juni 2022 den Ausschuss für Verbrauchersicherheit, kurz SCCS, die Sicherheit von Titan­dioxid in Kosmetika wie Zahnpasten, Lippen­stiften und Haar­sprays neu zu bewerten. Die Stellung­nahme sollte ursprüng­lich im März 2023 erscheinen – wann sie tatsäch­lich kommt, ist derzeit unklar. Der Ausschuss hat für die komplexe Prüfung noch weitere Daten von der Industrie ange­fordert.

Wie bewertet die Stiftung Warentest Titan­dioxid?

Die Neube­wertung des Stoffes durch die Efsa berück­sichtigen wir auch in unseren Unter­suchungen: In unserem Lippenstift-Test, der kurz nach der Efsa-Veröffent­lichung von uns bearbeitet wurde, haben wir auf die neue Daten­lage reagiert und Titan­dioxid erst­mals als Schad­stoff einge­stuft. Alle Lippen­stifte im Test enthielten Titan­dioxid – das hat sich auch auf die Noten nieder­geschlagen. Kein Lippen­stift konnte im Urteil Kritische Stoffe besser als ausreichend sein. Erfreulicher fielen die Testergebnisse von 30 Lippenpflegeprodukten aus.

Auch in unseren Tests von Erwachsenen-Zahnpasten und Kinder-Zahnpasten wirkt es sich negativ aus, wenn Produkte noch Titan­dioxid enthalten. Wir raten aus Gründen des vorsorgenden Verbraucher­schutzes zu Pasten ohne das Pigment. Für die Zahn­pflege ist es unnötig.

Worauf kann ich achten, um Titan­dioxid zu meiden?

In Lebens­mitteln darf Titan­dioxid nicht mehr enthalten sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann beim Einkauf genau hinsehen. In den Zutaten­listen von Lebens­mitteln sollte der Zusatz­stoff E 171 nicht stehen – denn dahinter verbirgt sich Titan­dioxid.

Wer Lippen­stifte oder Zahnpasta kauft, sollte die Liste der Inhalts­stoffe genau lesen: Sie muss entweder auf der Produkt­verpackung angegeben oder, bei besonders kleinen Kosmetik­produkten wie Lippen­stiften, in einer Broschüre im Geschäft einsehbar sein. In Kosmetika steht die Angabe CI 77891 für Titan­dioxid. Häufig findet sich noch die eng­lische Bezeichnung Titanium Dioxide.

Titan­dioxid - Wie sicher ist der Einsatz in Lebens­mitteln und Kosmetika?

Genau hingu­cken. Auf den Verpackungen steht, ob Titan­dioxid enthalten ist. © Stiftung Warentest

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 01.08.2023 um 15:06 Uhr
    In Seife problematisch?

    @nils1896: „Die Einschätzung der Efsa bezieht sich allein auf Titandioxid in Lebensmitteln.
    In Kosmetika ist der Zusatz weiter erlaubt. Über die Haut wird Titandioxid nach jetzigem Wissensstand nicht aufgenommen – bei Sonnencremes etwa besteht kein Risiko.
    Kritisch könnte es sein, wenn titandioxidhaltige Pflegeprodukte eingeatmet oder verschluckt werden. Daher beauftragte die EU-Kommission im Juni 2022 den Ausschuss für Verbrauchersicherheit, kurz SCCS, die Sicherheit von Titandioxid in Kosmetika wie Zahnpasten, Lippenstiften und Haarsprays neu zu bewerten. Die Stellungnahme wird für 2023 erwartet. Sie sollte ursprünglich spätestens im März erscheinen, verzögert sich allerdings. Grund: Der Ausschuss hat für die komplexe Prüfung noch weitere Daten von der Industrie angefordert.“

  • nils1896 am 31.07.2023 um 14:42 Uhr
    In Seife problematisch?

    Wie sehen Sie die Verwendung in Seife? Wenn ich diese auch unter der Dusche zur Körperpflege benutze, kommt es ja im Intimbereich auch zu einem Kontakt mit Schleimhäuten, wird aber schnell danach wieder abgespült. Ist das aus Ihrer Sicht problematisch?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.12.2022 um 10:56 Uhr
    Titandioxid in Medikamenten

    @SiBalein: Die Zulassungsbehörden für Medikamente befassen sich mit dem Thema. Die Sachlage bei Medikamenten im Vergleich zu Lebensmitteln stellt sich aber etwas anders dar: Aufgrund des strengeren Arzneimittelgesetzes sind weit geringere Mengen an Nanopartikeln beim verwendeten TiO2 enthalten. Somit bleibt vorerst der Zusatz bei Arzneimitteln erlaubt.

  • SiBalein am 01.12.2022 um 16:06 Uhr
    Thema Titandioxid in Medikamenten

    Warum wird dieses wichtige Thema hier erst gar nicht thematisiert?

  • Conchobar am 22.06.2022 um 15:14 Uhr
    Elmex Kinderpasta und danke SW

    Wenn ich der Seite des Herstellers glauben darf, ist in der Elmex Kinderzahnpasta kein Titandioxid (CI 77891). Ich hoffe das stimmt.
    An dieser Stelle mal wieder ein DANKE. Ich weiss schon, warum ich seit Jahren ein Abo habe und auch immer haben werde.