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Abschlussbericht in Bayreuth: Guttenberg gibt Familie Mitschuld an Doktorschmu - DER SPIEGEL
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Guttenberg-Affäre: Uni Bayreuth präsentiert Abschlussbericht

Foto: Daniel Karmann/ dpa

Abschlussbericht in Bayreuth Guttenberg gibt Familie Mitschuld an Doktorschmu

Guttenbergs Doktor-Plagiat war keine Schludrigkeit, sondern eindeutig Vorsatz - das befindet die Uni Bayreuth in ihrem Abschlussbericht. Den Gutachtern macht die Uni nur verhaltene Vorwürfe und zitiert aus Guttenbergs Entschuldigung: Der Druck durch seine Familie sei groß gewesen.
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Bayreuth - Die Universität Bayreuth hat in der Causa Guttenberg den 40-seitigen Bericht ihrer Selbstkontrollkommission veröffentlicht. Hochschulpräsident Rüdiger Bormann und Stephan Rixen, Vorsitzender der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" an der Universität Bayreuth, stellten den Abschlussbericht am Mittwoch auf einer Pressekonferenz vor.

Der Bericht wirft dem Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) "vorsätzliches wissenschaftliches Fehlverhalten" bei seiner Doktorarbeit vor. Er habe "die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht". Die Fälschungen durchzögen die Arbeit "als werkprägendes Arbeitsmuster".

Rixen sagte bei der Vorstellung des Berichts: "Wer jahrelang akzeptiert, dass er Sorgfaltsstandards nicht einhält, handelt nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich, weil er die Sorgfaltswidrigkeit zum bewussten Arbeitsstil erhebt." Ob es einen Ghostwriter gab, könne die Uni nicht sagen, darüber werde man nicht spekulieren.

"Summa cum laude" war nicht gerechtfertigt

Die Kritik der Kommission an Guttenbergs Doktorvater, dem emeritierten Staatsrechtsprofessor Peter Häberle, und dem Zweitgutachter Rudolf Streinz, die die Arbeit mit der Bestnote "summa cum laude" bewertet hatten, fällt vorsichtig aus. Für sie habe es laut dem Bericht "keine Anhaltspunkte" gegeben, anzunehmen, dass Guttenberg die Grundregeln wissenschaftlicher Redlichkeit nicht beachtet hätte. Dass es sich bei der Arbeit in weiten Teilen um ein Plagiat handle, sei ebenfalls nicht erkennbar gewesen.

Allerdings hätte auffallen können, dass Guttenberg wiederholt auf unveröffentlichte Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages Bezug nahm. "Es hätte daher nahegelegen, die Vorlage dieser Ausarbeitungen zu verlangen und sie sodann einzusehen", heißt es in dem Abschlussbericht. Auch die Vergabe der Höchstnote für die Arbeit erschien der Kommission laut Rixen nicht gerechtfertigt. Sie hätte zudem besser begründet werden müssen.

Häberle begründete sein Vorgehen in einer Stellungnahme an die Kommission, Guttenberg sei Mitte der neunziger Jahre ein gründlicher Student gewesen, darum habe Häberle ihm vertraut - "in einer Weise, die altmodisch erscheint", so Rixen.

Aus dem Bericht geht auch hervor, wie Guttenberg die Fehler in seiner Doktorarbeit gegenüber der Kommission begründet hat. Der CSU-Politiker räumte demnach in einer Stellungnahme gegenüber der Hochschule eine "ungeordnete Arbeitsweise" mit "gelegentlich chaotischen Zügen" ein. All dies habe sich über Jahre in einer Situation abgespielt, in der ihm die - durch die Übernahme neuer beruflicher Tätigkeiten und politischer Ämter entstandene - "vielfache Arbeitsbelastung" teilweise über den Kopf gewachsen sei.

Guttenberg beklagt Erwartungshaltung der Familie

Hinzugekommen sei die Erwartungshaltung der Familie, die bestehenden Anforderungen erfolgreich zu bewältigen. Ihm sei deutlich gemacht worden, dass die Qualität der unterschiedlichen Engagements keinesfalls leiden dürfe und eine begonnene Arbeit auch zu Ende zu bringen sei. Außerdem habe Guttenberg seinen Doktorvater Peter Häberle nicht enttäuschen wollen.

Die Wissenschaftskommission erkennt die Argumente nicht an: Im Wissen um eine sich über Jahre hinziehende "zeitliche Dauerüberforderung" habe sich Guttenberg entschieden, "über alle selbst erkannten Warnzeichen hinwegzusehen".

Der Untersuchungsbericht wird auch in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hof einfließen, kündigte Oberstaatsanwalt Reiner Laib an. Man werde diese "externe Informationsquelle" sicherlich nutzen. "Der Bericht der Universität entbindet uns aber nicht von unseren eigenen Ermittlungen", betonte der Oberstaatsanwalt. Die Anklagebehörde will laut Laib voraussichtlich im Sommer eine Zwischenbilanz vorlegen. Ermittelt wird unter anderem wegen des Verdachts der Urheberrechtsverletzung.

Guttenberg hatte in seiner Doktorarbeit zu großen Teilen fremde Texte verwendet, ohne dies anzugeben. Er hat zwar einen Vorsatz bestritten, räumte aber schwere Fehler ein. Von seinem Amt als Verteidigungsminister ist der CSU-Politiker am 1. März zurückgetreten. Außerdem legte Guttenberg inzwischen alle weiteren politischen Ämter nieder.

Im Vorfeld hatte es ein heftiges Ringen zwischen der Universität Bayreuth und Guttenberg gegeben. Anfang April beklagte die Universität, die Anwälte Guttenbergs wollten eine Veröffentlichung des Kommissionsberichts zum Schutz der Persönlichkeitsrechte ihres Mandanten verhindern. Guttenbergs Anwälte versicherten daraufhin, nichts gegen die Veröffentlichung des Abschlussberichts unternehmen zu wollen.

Die Kommission weist nun darauf hin, dass Guttenberg mit seiner Zustimmung zur Veröffentlichung des Berichts einen "entgegenkommenden Verzicht auf seine Persönlichkeitsrechte im Interesse der Aufklärung des Sachverhalts zum Schutze des Ansehens der Universität Bayreuth" geleistet habe. Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt.

"Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus", hatte Guttenberg kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe mitgeteilt. "Ich bin gerne bereit, zu prüfen", fuhr er fort, "ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten und würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen."

fdi/dpa/dapd