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Schulddiskurs 1945-1955 : "Freiheit"
 
Schulddiskurs 1945–55
Freiheit
freiheitlich · frei
Nichttäterdiskurs
Politische Perspektive: Ost/West

Das Potsdamer Abkommen gibt dem deutschen Volk auf, "sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wieder aufzubauen." (Potsdamer Abkommen 1945, S. 480) Dementsprechend gehört Freiheit, wie Demokratie und Frieden, zu den zentralen zukunftsbezogenen Schlüsselwörtern, die in der frühen Nachkriegszeit den politischen Diskurs in Ost wie in West tragen. Sie werden seit 1945, verstärkt seit den Staatsgründungen, unter den Bedingungen des Kalten Krieges zur eigenen Positionsbestimmung und zur Denunzierung des jeweils anderen Systems gebraucht (s. Grotewohl 1951a, S. 352f.; Dehler 1952, S. 5).

Freiheit ist wie Frieden ein ideologisch je verfügbar zu machendes Bekenntniswort, denn "wie alle anderen Begriffe mit altüberliefertem Wertgehalt ist 'Freiheit' im politischen Kampf seit dem 19. Jahrhundert immer von neuem ideologisiert .. worden" (Brunner/Conze/Koselleck II, S. 539) und damit ideologisch polysem. Der Gebrauch von Freiheit (wie der von Bürgertum, Selbstständigkeit, Individuum, Verantwortung) ist Nachweis dafür, dass in der Nachkriegszeit "viele Akademiker .. sich .. in [der] historischen Tradition" des Bürgertums sahen und deshalb häufiger Begriffe gebrauchten, "deren Bedeutungsfeld sich mit dem von 'Bürgertum' und 'Bürgerlichkeit' teilweise überschnitt" (Siegrist 1994, S. 291).

Wenn Frieden als Bekenntniswort des Sozialismus zu gelten hat, kann als entsprechende Bekenntnisvokabel des Westens Freiheit gelten. Die das westliche Verständnis ausdrückende Formel Frieden und Freiheit und das Selbstverständnis, das in der Formel freiheitlich-demokratische Grundordnung aufgehoben ist, dokumentieren diesen Vorrang. In dieser Weise konstitutiv ist der Freiheitsbegriff im marxistischen Sozialismus nicht. Dennoch gilt natürlich auch für den marxistisch-sozialistischen Gebrauch dieser Hochwertuniversalie: Seit Verkündung der Menschenrechte und der Französischen Revolution ist Freiheit unumgängliches Bekenntniswort jeglicher politischen, als demokratisch sich verstehenden, auf den Humanismus sich berufenden und sich in die kulturelle Tradition der geistigen Befreiung stellenden Emanzipationsbewegung. Der angewandte historische Materialismus macht da keine Ausnahme, und er ist somit dem 'Ideal der Freiheit' ebenso verpflichtet wie der Westen. Im Westen wie im Osten "stand der politische Wiederbeginn .. im Zeichen der Hoffnung auf Freiheit. Sie war elementarer denn je aufgrund der gemachten Erfahrungen." (Brunner/Conze/Koselleck II, S. 540)

Vgl. Freyer 1958;Klaus/Buhr 1972 II, s. v. Freiheit;Steinvorth 1987;Brunner/Conze/Koselleck II, s. v. Freiheit; Felbick 2003, s. v. Freiheit; Geppert 2003, S. 238-252.

Ost

Im Osten sucht man mit den Bekenntnisvokabeln Frieden, Freiheit und Demokratie den neuen sozialistischen Staat zu etablieren und zu konsolidieren, mithilfe von Werten, die zur Tradition des politischen Diskurses spätestens seit 1789 zählen. Man bedient sich der Namen dieser Werte gleichsam als Vehikel, indem man ihr assoziatives Potenzial als Hochwertwörter benutzt, um die neue Staats- und Gesellschaftstheorie umzusetzen.

In einem allgemeinen universalen Sinn erscheinen Freiheit, freiheitlich, frei im Osten weniger als gesellschaftstheoretische Grundbegriffe denn als obligatorische Elemente politischer Rede, in Verbindungen wie freiheitlicher Geist, Ideale der Freiheit, ein freies Deutschland, Reich wahrer Freiheit, freiheitliche Traditionen, Ideen der Freiheit, Recht und Freiheit (s. Pieck 1945b, S. 59; FDJ 1946, S. 14; FDJ 1946, S. 154; SED 1946a, S. 28; Weinert 1947, S. 314; Kulturbund 1949, S. 121). In dieser Tradition steht zudem eine Verwendung, die Freiheit auch als Aspekt der Menschenwürde deutet. Würde und würdig sind daher Kontextpartner, und in solchen Gebrauchsweisen treffen sich Ost und West (s. Pieck 1945a, S. 7; KPD 1945, S. 20).

Im Hinblick auf solche Gebrauchsweisen, in denen Mitglieder der Wortfamilie Freiheit weniger auf ein entsprechendes politisches Handeln abzielende Kategorien, nicht konkret verpflichtende Signalwörter, sondern vielmehr unverzichtbares Requisit sind, welches zur rhetorischen Grundausstattung jeglichen öffentlichen, politisch bekennenden Redens gehört, wird der Freiheitsbegriff kritisch reflektiert und es wird Konkretheit eingefordert, zumal in Bezug auf die Dichter und Schriftsteller, die ihr Reden nicht in verbindliche Handlungskonzepte umsetzen müssen (s. Langhoff 1947, S. 353).

Verbindlichkeit erhält der als politisches Schibboleth zuzuordnende Freiheitsbegriff, wenn sein Gebrauch hinsichtlich der zwei grundlegenden Aspekte individuelle Freiheit bzw. kollektive Freiheit geprüft wird. In der Präambel und in Artikel 8 der Verfassung der DDR sind zwar Gebrauchsweisen belegt, welche die Bedeutung von individuelle Freiheit festschreiben: die Freiheit und die Rechte des Menschen; persönliche Freiheit (s. Verfassung der DDR 1949, Präambel; Art. 8 Verfassung der DDR 1949). Jedoch ist Freiheit in der Verfassung der DDR eine Legitimationskategorie. Denn in der Aufbauphase des Sozialismus in der ersten Nachkriegszeit war der Gebrauch von Signalwörtern wie Freiheit und Demokratie Kalkül. Man bedient sich der Bezeichnung aus politischer Berechnung, auf den attraktiven Hochwert des begrifflichen Potenzials von individuelle Freiheit setzend, und befestigt damit das eigentliche politische Projekt. Der "marxistische Freiheitsbegriff lehnt die verschiedenen Aspekte der Kategorie Freiheit" ab, wie ökonomische, politische, moralische, künstlerische u. a. Freiheit, die in der philosophischen Definition zusammengefasst werden, "und .. jede inhaltliche Aufspaltung des Freiheitsbegriffs in verschiedene getrennte Bereiche" (Klaus/Buhr 1971 I, S. 376). Daher kann es eine Unterscheidung zwischen individueller und kollektiver Freiheit nicht geben. Daraus erklären sich Gebrauchsweisen wie die im Gründungsaufruf der KPD vom 11. Juni 1945 und im Manifest der SED vom April 1946 (s. KPD 1945, S. 19; SED 1946a, S. 26) als Lockrufe: Herstellung der demokratischen Rechte und Freiheiten des Volkes; dem Volk alle Rechte der Meinungsfreiheit; volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Ebenso gehört persönliche Freiheit zum Inventar politischen Redens der DDR unmittelbar nach der Erfahrung des 17. Juni 1953: stärker als bisher steht die Entfaltung der persönlichen Freiheit im Mittelpunkt der ganzen Politik (s. Benjamin 1953, S. 12).

Wenn daher Freiheit in Texten sozialistischer bzw. kommunistischer Provenienz auf das individuelle persönliche Grundrecht referiert, dann wird das Wort in legitimierender Funktion gebraucht. Als eine ein politisches Programm bezeichnende Bekenntnisvokabel gehört der Begriff Freiheit in der Bedeutung individuelle Freiheit jedoch nicht zum Werteindex der KPD bzw. SED und kommt so nicht in zentralen programmatischen Kontexten vor. Außerhalb des Verfassungstextes fehlt diese (etwa bei Politikerreden zu erwartende) Deutung von Freiheit als Bedingung individueller Menschenwürde und als Voraussetzung persönlicher Entfaltungsmöglichkeiten. Der Marxismus ist nicht auf die individuelle Freiheit des Menschen, sondern auf die kollektive Freiheit der Menschheit ausgerichtet. Interpretament von Freiheit in marxistischem Sinn ist die hegelsche Vorgabe 'Einsicht in die Notwendigkeit'. Die orthodoxe Definition von individuelle Freiheit lautet daher: "Die Freiheit besteht in der Einsicht in die objektive Notwendigkeit und in der darauf beruhenden Fähigkeit, die Gesetzmäßigkeiten mit Sachkenntnis bewußt anzuwenden und auszunutzen; sie schließt auch die ökonomischen, politischen, rechtlichen und ideologischen Bedingungen ein, die hierzu erforderlich sind." (Klaus/Buhr 1971 I, S. 374) Entsprechend lautet die marxistisch-leninistische philosophische Definition: "Freiheit ist die auf wissenschaftlicher Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten der Natur und der Gesellschaft beruhende Herrschaft der Menschen über die Natur und über die gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie ist die Fähigkeit der Menschen zu einer auf sachkundiger Entscheidung beruhenden Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse entsprechend der Erkenntnis der objektiven Gesetzmäßigkeiten" (Freiheit und Gesellschaft 1973, S. 89). Einsicht in die Notwendigkeit ist im orthodoxen Sozialismus stets und selbstverständlich die Einsicht, dass der Einzelne zum Wohle des Ganzen, welches Klasse heißt, zurückzustehen hat. "Die persönliche Freiheit hat ihre Grundlage in der Freiheit der Klasse und kann nur in unlöslicher Verbindung mit ihr effektiv wahrgenommen werden" (Freiheit und Gesellschaft 1973, S. 7). Unter der Voraussetzung des dialektischen Materialismus geschieht zum Wohle des Einzelnen, was zum Wohle des Ganzen, der Klasse, geschieht. Das "gesellschaftliche Wesen der Freiheit im Sozialismus" ist Bedingung (Freiheit und Gesellschaft 1973, S. 7). So erklären sich Gebrauchsweisen wie: parlamentarisch-demokratische Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk; mit dem Sozialismus tritt die Menschheit in das Reich der Freiheit; Freiheitsrechte des Volkes (s. KPD 1945, S. 18; SED 1946b, S. 195; Grotewohl 1947, S. 284f.). Ein Spannungsverhältnis zwischen dem Handlungsspielraum persönlicher Selbstverwirklichung und kollektiver Freiheit entsteht so nicht. Kollektive und persönliche Freiheit bilden im Sozialismus bzw. Kommunismus keine unterscheidbaren Konzepte. Im Sozialismus "befindet sich die gesellschaftliche Notwendigkeit in wachsendem Maße in Übereinstimmung mit dem Einzelwillen der Werktätigen, und der gesellschaftliche Gesamtwille ist eine Zusammenfassung des Einzelwillens sozialistischer Menschen, welcher der gesellschaftlichen Notwendigkeit entspricht. Die gesellschaftliche Notwendigkeit ist hier eine erkannte, bewußt gewordene Macht und kann sich daher in gesellschaftliche Freiheit verwandeln." (Klaus/Buhr 1971 I, S. 377) Kollektive Freiheit ist in marxistischem Verständnis das höhere Gut, Freiheit des Volkes ist Orientierungsformel und nur in diesem Sinn ist Freiheit Bezeichnung für ein politisches Handlungsziel. Freiheit ist also eine gesellschaftliche Kategorie, denn die "persönliche Freiheit im Sozialismus ist .. eine gesellschaftliche Errungenschaft, ein Ergebnis des Kampfes der ganzen Klasse. Als gesellschaftliche Erscheinung ist sie objektiv begründet und materiell gesichert" (Freiheit und Gesellschaft 1973, S. 232) und schließt "das Problem der individuellen Freiheit in sich ein" (Klaus/Buhr 1971 I, 376). Denn: "Die Freiheit von Ausbeutung ist die größte aller Freiheiten, die der Mensch in der ganzen bisherigen Geschichte errungen hat" (Freiheit und Gesellschaft 1973, S. 171). Mit dieser materialistischen Setzung ist die Abwehr des Prinzips individueller Freiheit als höchsten Werts vollzogen. Wer persönliche Freiheit und Kommunismus zu vereinbaren sucht, gerät unter diesen Voraussetzungen in Konflikt (s. Klemperer 1945, Tagebücher 1945-1949, S. 68). Jedoch steht auch in der Bedeutung kollektive Freiheit die Vorstellung nicht derart im Zentrum marxistischer Zielkonzeptionen wie Frieden oder Demokratie. Zwar scheint Freiheit politisches Grundanliegen. Der Freiheitsbegriff dieser Prägung ist jedoch an die herrschenden ökonomischen Bedingungen gebunden (s. Abusch 1946, S. 271).

Dieses Bedingungsverhältnis zwischen Ökonomie und Freiheit, diese Grundidee der Französischen Revolution (vgl. Brunner/Conze/Koselleck II, S. 519ff.), und das auf die Schaffung dieser ökonomischen Voraussetzungen bezogene Basisvokabular lässt die Wortfamilie Freiheit verblassen. Dies ist zwar kein Grund, diese Hochwertvokabeln zur Positionsbestimmung im Kalten Krieg gänzlich zu meiden, vgl. die erstarrte Formel Einheit Deutschlands in Freiheit und Frieden (s. Grotewohl 1952b, S. 40), der die westdeutsche Version Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit (s. Adenauer 1952c, S. 281f.) entspricht. Die Tatsache aber, dass im Gegensatz zu Frieden und Demokratie der Begriff Freiheit schwerer im sozialistischen bzw. kommunistischen Sinn umzudeuten und der Sicht des Marxismus-Leninismus und des historischen Materialismus anzupassen war, begründet den zurückhaltenden Gebrauch in Texten östlicher Provenienz.

West

Im Westen ist Freiheit wie Frieden und Demokratie lexikalischer Träger des Schulddiskurses (Schuld), der dessen politische Dimension realisiert. Die Funktion des Schulddiskurses ist die ethisch-moralische Restituierung der westdeutschen Gesellschaft. Als Teil dieses Vorhabens ist das Diskurssegment der politischen Kultivierung zu sehen, zu dessen Realisierung die Leitvokabeln Frieden, Freiheit und Demokratie dienen (s. Jaspers 1946, S. 211f.). Ihr hoher Kookkurrenzgrad ist Manifestation eines begrifflichen Bedingungsverhältnisses, welches durch die Relation semantischer Teilsynonymie von Freiheit, Frieden und Demokratie gespiegelt wird: demokratische Freiheiten; Die Freiheit und die Demokratie sind wie Licht und Sonne; zwischen der Freiheit des Einzelnen und dem Gesetz des Staates vermittelt die demokratische Sitte; Würde und Freiheit der Person und damit eine wahre und echte Demokratie; "demokratische Erneuerung" als Bekenntnis verstanden zu der Freiheit des inneren Menschen; echte Demokratie, in der alle Grundrechte menschlicher Freiheit gewährleistet sind; neue Zukunft der Freiheit und des Friedens unseres Volkes; Ein Staat im vollen demokratischen Sinne nur, wenn ein Volk in voller Freiheit der Willensbestimmung gestalten kann; den Frieden und die Freiheit sichern; volle Demokratie, die auf der Freiheit der politischen Haltung beruht (s. SPD 1945, S. 29; Kaisen 1945, S. 16; Stegerwald 1945, S. 23f.; Sternberger 1946, S. 44; Grimme 1946d, S. 107; CDU 1946, S. 50; Spranger 1947, S. 39; Litt 1947, S. 31f.; Ministerkonferenz 1947, S. 583; Köhler 1948, S. 85f.; Verfassungsausschuß 1948, S. 508; DGB 1949, S. 202; Bader 1949, S. 114).

Im Westen wie im Osten gehört Freiheit zum unveräußerlichen Bekenntnisvokabular öffentlichen deklamatorischen Redens und ist ideeller und mehrdeutiger Platzhalter in Kontexten, die Zukunftsvorstellungen formulieren. Wenn in politischen Deklarationen Freiheit obligatorisches Element in Serien von Hochwertwörtern wie Wahrheit und Freiheit, Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit ist, offenbart sich diese Platzhalterfunktion (s. Schumacher 1945b, S. 255; Jansen 1945, S. 12; Schmid 1946, S. 11; Schmid 1948, S. 348). Daher ist auch aus westlicher Perspektive diese unbestimmte Mehrdeutigkeit, die ideologische Polysemie, die sich in solchen Gebrauchsweisen dokumentiert, Anlass für sprachkritische Analysen (s. Windisch 1946, S. 213).

Hervorstechendes Kennzeichen des westlichen Gebrauchs von Freiheit sind gleichsam überpolitische Beziehungsrelationen, etwa im Kontext von idealisierenden Zukunftsentwürfen (s. Kaisen 1945, S. 16). Diese Gebrauchsweisen sind in der geistigen Nähe zu Immanuel Kant und seiner Vorstellung persönlicher Freiheit begründet, welche in den Kontext seiner auf das Individuum gehenden Philosophie zu stellen ist. Kant nennt persönliche Freiheit auch praktische Freiheit, für die der Mensch selbst verantwortlich ist, und definiert sie als "Vermögen der reinen Vernunft für sich selbst praktisch zu sein" (Kant 1797, S. 213f.; vgl. HWbPh 1972 II, Sp. 1091f.). Diese individualisierende Idee verdichtet sich in den prototypischen Wendungen des politischen Redens, wie freie Entfaltung der Persönlichkeit, Freiheit und Selbständigkeit, freier Mensch, innere, persönliche, individuelle Freiheit, formelhaft (s. Stegerwald 1945, S. 23f.; FDP 1946, S. 272; Adenauer 1946, S. 142f.; Geiler 1946c, S. 178f.; Grimme 1946d, S. 107; CDU 1946, S. 50; Pechel 1947, S. 248f.; Litt 1947, S. 31f.; Verfassungskonvent 1948, S. 56). Eng mit dieser Maxime persönlicher Freiheit ist die von Immanuel Kant begründete Vorstellung von der Freiheit des andern verbunden. Der kategorische Imperativ der Sittenlehre "handle nach einer Maxime, die zugleich als allgemeines Gesetz gelten kann" (Kant 1797, S. 226), der von Kant als Rechtspflicht formuliert lautet "Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann" (Kant 1797, S. 230), ist Grundbestandteil des freiheitlichen Denkens (s. Grimme 1945a, S. 25f.; Windisch 1946, S. 216). Der Einzelne ist eine in der Gemeinschaft stehende und dieser Gemeinschaft verpflichtete Person. In der Umkehr bedeutet diese Abgrenzung konsequente Einschränkung von Freiheit bei denen, die sie gefährden. Zum Begriff der Freiheit zählt dialektisch daher auch das Konzept der Unfreiheit, weil die Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums als Grundgegebenheit des Prinzips sozialen Zusammenlebens gewertet wird (s. SPD 1945, S. 29; Geiler 1946a, S. 118).

Die aufklärerische Tradition manifestiert sich darüber hinaus in Kontextpartnern von Freiheit wie Vernunft, Sitte, Anstand, dienen, menschliche Würde (s. Kölner Leitsätze 1945, S. 31; Windisch 1946, S. 217; Sternberger 1946, S. 44; Dirks 1946a, S. 199). Diese ethisierende Fundierung des Freiheitsbegriffs kulminiert in affekthaltigem Gebrauch von Freiheit in Wendungen wie Fanatismus für das Recht auf Freiheit; Kampf gegen die Feinde der Freiheit; Kampf um Freiheit (s. Andersch 1946, S. 447; Reuter 1947, S. 200). Sie sind die westlichen Versionen des östlichen Kampf um Frieden. Dieser hohe Grad der Emotionalisierung (vgl. auch Ehard 1950, S. 94) kommt gelegentlich einer Sakralisierung gleich (s. Grimme 1945a, S. 24).

Die faschistische Diktatur im Rücken und die sozialistische Diktatur vor Augen gebraucht man Freiheit auch, um in diesem Doppelsinn abzugrenzen. Das Gegenkonzept zu der marxistischen Vorstellung kollektiver Freiheit manifestiert sich in westlichen Texten daher in den Formeln politische Freiheit und persönliche Freiheit, welche die personhaften, individualistischen Züge des westlichen Menschenbildes aufnehmen. Mit der Wendung politische Freiheit bezieht man sich nicht nur auf die Tyrannis der Vergangenheit, sondern auch auf das feindliche System der Gegenwart. In diesem Sinn wird Freiheit explizit also nicht nur als Abgrenzungskategorie von der nazistischen Diktatur der Vergangenheit verwendet, sondern die Gebrauchsspezifik westlicher Kontexte besteht darin, dass dieses Bekenntniswort auch zur Abgrenzung vom marxistischen Freiheitskonzept der Gegenwart dient: Wer das Prinzip des Klassenkampfes vertritt, ist ein Feind der Freiheit der Einzelperson; Vermassung bringt Verlust der persönlichen Freiheit (s. Adenauer 1946, S. 141; Adenauer 1952a, S. 257).

In der Deutung politische Freiheit und als Abgrenzung von der kollektiven Freiheit des Sozialismus ist dann der Freiheitsbegriff auch appellatives, an das ganze deutsche Volk gerichtetes, in der Präambel bestimmtes Element des bundesdeutschen Grundgesetzes (s. Giese 1949, S. 6). Die bundesrepublikanische Losung Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit erhält von dieser Voraussetzung der Gleichsetzung des Sozialismus bzw. Kommunismus mit 'Unfreiheit' her ihre Bedeutung, und die heißt 'Wiedervereinigung nach westlichen Freiheitsvorstellungen': die deutsche Einheit ist nur möglich auf der Grundlage der persönlichen und staatsbürgerlichen Freiheit und Gleichheit (s. Schumacher 1949, S. 695; Adenauer 1952c, S. 281f.). Diese Vorstellung ist parteiübergreifender Konsens, in der Bundesrepublik galt insgesamt die Maxime 'Freiheit vor Einheit'.

Während Frieden die Zentralkategorie des Sozialismus ist, ist Freiheit die entsprechende Bekenntnisvokabel der westlichen Demokratie. Frieden ist daher Zielbegriff in der Nationalhymne der DDR. In der Nationalhymne der Bundesrepublik ist entsprechend Freiheit einer der drei verpflichtenden Hochwertausdrücke: Einigkeit und Recht und Freiheit/ für das deutsche Vaterland./ Danach lasst uns alle streben,/ brüderlich mit Herz und Hand! /Einigkeit und Recht und Freiheit/ sind des Glückes Unterpfand -/ blüh im Glanze dieses Glückes,/ blühe, deutsches Vaterland! (August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Das Lied der Deutschen (1841), 3. Strophe seit 1952 Nationalhymne der Bundesrepublik (zur Geschichte vgl. Landesbildstelle Berlin 1990, zuletzt Jeismann 2002.)

Belege (69)
 
In einer antifaschistisch-demokratischen Republik können demokratische Freiheiten nur denen gewährt werden, die sie vorbehaltlos anerkennen. Demokratische Freiheiten sind aber denen zu versagen, die sie nur nutzen wollen, um die Demokratie zu schmähen und zu zerschlagen. (SPD 1945, S. 29)
 
Die Freiheit und die Demokratie sind wie Licht und Sonne, man muß sie entbehrt haben, um zu wissen, daß man ohne sie nicht leben kann. (Kaisen 1945, S. 16)
 
Erziehung der Jugend .. im Geiste des Friedens und der Freiheit, der Achtung vor der menschlichen Persönlichkeit, der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit (Schumacher 1945b, S. 255)
 
Ein freies Volk .., dessen Grundgesetz die Achtung menschlicher Würde ist. (Kölner Leitsätze 1945, S. 31)
 
Demokratie ist, individuelle Freiheit und Gemeinschaftsbewußtsein glücklich miteinander zu vermählen. (Stegerwald 1945, S. 23f.)
 
Geist kann allein in Freiheit wachsen. Sie ist für jede Geistentfaltung die Voraussetzung, und niemals darf dies Heiligtum der Neuzeit verlorengehen wie in der Zeit der geistigen Tyrannis. (Grimme 1945a, S. 24)
 
Es ist das wichtigste Politikon der Gegenwart, zu sehen, daß sich die Freiheit auch selbst eine Grenze setzen muß; denn sie hat ihre Grenze zu wahren gegenüber jedem, der die ihm gewährte Freiheit dazu nutzen möchte, die Freiheit aller andern zu vernichten und so das Prinzip der Freiheit selbst aufzuheben. (Grimme 1945a, S.25f.)
 
Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk (KPD 1945, S. 18)
 
Herstellung der demokratischen Rechte und Freiheiten des Volkes, völlig ungehinderte Entfaltung des freien Handels und der privaten Unternehmerinitiative, Pflege eines wahrhaft demokratischen, fortschrittlichen und freiheitlichen Geistes in allen Schulen und Lehranstalten, freie demokratische Wahlen der Betriebsvertretungen usw. (KPD 1945, S. 19)
 
Fester den Tritt gefaßt! Höher das Haupt erhoben! Mit aller Kraft ans Werk! Dann wird aus Not und Tod, Ruinen und Schmach die Freiheit des Volkes und ein neues würdiges Leben erstehen. (KPD 1945, S. 20)
 
Ein neues Deutschland .. schaffen, neue Wege .. beschreiten, damit das deutsche Volk wieder ein würdiges Leben gewinnen [kann]. Das kostbare Gut der inneren Freiheit gesichert (Pieck 1945a, S. 7)
 
Wir müssen alles daransetzen, die Herzen und Hirne unseres Volkes mit freiheitlichem, demokratischem Geist zu erfüllen. (Pieck 1945b, S. 59)
 
Aufrichtung eines antifaschistisch-demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk (Pieck 1945b, S. 59)
 
ich [bin] in stetigem Dilemma. Ich möchte an den linkesten Flügel der KPD, ich möchte für Rußland sein. Und andererseits: Freiheit, die ich meine! (Klemperer 1945, Tagebücher 1945-1949, S. 68)
 
Nur in einer .. Atmosphäre der Wahrheit und Freiheit kann die Wissenschaft gedeihen. (Jansen 1945, S. 12)
 
Freiheit ist einer jener vieldeutigen, maskenhaften Begriffe .., eines jener "magischen" Worte, mit denen Massen um die Besinnung gebracht werden können. Es ist der typische Fall eines Begriffes mit zwei Gesichtern, eines Begriffes mit doppeltem Boden .. Denn was ist jeweils gemeint: die persönliche Freiheit, die des Individuums - oder die völkische, nationale, kollektive Freiheit und somit also die persönliche Unfreiheit .. Das demokratische Prinzip meint die persönliche Freiheit, das diktatorische die kollektive. .. kommentarlos ist der Begriff Freiheit ein pathetisches, leeres Nichts aus zwei Bedeutungen, die sich gegenseitig ausschließen. .. im doppelten Boden dieser dialektischen Falle ist schon manche Freiheit für alle Zeiten verschwunden. (Windisch 1946, S. 213)
 
die innere Freiheit .. ist die größere. Und sie ist genau das, was wir zwölf Jahre keine Stunde besessen haben: die Freiheit des Denkens, die Freiheit der Mitteilung, die Freiheit, das eigene Schicksal selbst zu bestimmen. (Windisch 1946, S. 215)
 
Alle Freiheit hat ihre Grenzen dort, wo die Freiheit des Nachbarn beginnt. Freiheit soll die Freiheit der Andersdenkenden sein. Und unfrei ist, wer seine Seele verkauft. (Windisch 1946, S. 216)
 
Unsere nirgends in der Welt strittige Form der Freiheit und Gerechtigkeit wäre letzten Endes das einfache Ergebnis eines Experiments, das wir - vielleicht als erste mit dieser Intensität - durchführen könnten: eines Experimentes mit der Vernunft. (Windisch 1946, S. 217)
 
der Mensch muß zur Freiheit gebildet werden. Soll Freiheit herrschen, so muß der entschlossenen Wachsamkeit die intensive Bildung zur freien Sitte .. zum freien Anstand entsprechen .. zwischen der Freiheit des Einzelnen [sic!] und dem Gesetz des Staates .. verbindet und vermittelt die demokratische Sitte, der gesellige Anstand. (Sternberger 1946, S. 44)
 
Die neue Ordnung .. muß aus der leidenschaftlichen Kraft der besten europäischen Tradition heraus so gerecht sein, daß sie .. allen ernstlich zugemutet werden kann. Das sittliche Ja zu den Bindungen, die eine solche Ordnung uns auferlegen wird, ist der Ort der Freiheit. In Freiheit zu dienen: das ist die neue europäische Formel, nachdem wir seit Beginn der kapitalistischen Anarchie vergeblich im Zwang frei zu sein versucht haben, und nur in den besten Jahrzehnten einige wenige bevorzugte Millionen in Freiheit frei waren. (Dirks 1946a, S. 199)
 
freie Entfaltung der Persönlichkeit .. Vermenschlichung des Staates. Frei sei der Mensch im freien Staat und frei der deutsche Volksstaat im freien Bund der Völker und Staaten der Erde! (FDP 1946, S. 272)
 
wer .. das Prinzip des Klassenkampfes vertritt, ist ein Feind der Freiheit der Einzelperson, er bereitet zwangsläufig den Weg der Diktatur im Fühlen und Denken seiner Anhänger vor. (Adenauer 1946, S. 141)
 
An ihrer [der Person] Freiheit und Selbständigkeit findet die Macht des Staates sowohl ihre Grenzen als ihre Orientierung. Freiheit der Person ist nicht Schrankenlosigkeit und Willkür, sie verpflichtet jeden beim Gebrauche seiner Freiheit, immer eingedenk zu sein der Verantwortung, die jeder einzelne für seine Mitmenschen und für das ganze Volk trägt. .. Staat .. Wirtschaft .. Kultur .. haben eine dienende Funktion .. Der Staat soll sein eine auf Recht und Freiheit ruhende Schicksalsgemeinschaft verantwortlicher Personen .. Wir wollen Erziehung .. zu dem Willen und der Fähigkeit, sich als freier Mensch verantwortungsbewußt in das Ganze einzuordnen. .. Recht auf politische und religiöse Freiheit. (Adenauer 1946, S. 142f.)
 
lebensformende Grundmaximen, .. vor allem der Wert der Freiheit. Die Würde des Menschen kann sich nur in der Freiheit, und zwar in der inneren Freiheit entfalten. In Freiheit unter eigener Verantwortung sein Leben zu gestalten, seine lebenswichtigen Entscheidungen unabhängig von der Zwangsgewalt eines Dritten oder eines Systems zu treffen, ist das Fundament, das jede Menschenwürde voraussetzt. (Geiler 1946c, S. 178f.)
 
Der demokratische Gedanke erkennt den Menschen als Menschen an, d. h. als freies Selbstentscheidungswesen. Demokratie ist deshalb die politische Form, in der die Achtung der Person Grundsatz geworden ist. (Grimme 1946d, S. 107)
 
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands ist die Partei des Aufbaus einer antifaschistisch-demokratischen parlamentarischen Republik, die dem Volk alle Rechte der Meinungsfreiheit und Mitbestimmung sichert, volle Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährt, .. den Religionsgemeinschaften gegenüber weitgehende Toleranz übt. (SED 1946a, S. 26)
 
Nur der Sozialismus .. kann alle Lebensfragen unseres Volkes endgültig lösen, alle Quellen des gesellschaftlichen Reichtums erschließen und ein Reich wahrer Freiheit und Menschlichkeit schaffen. (SED 1946a, S. 28)
 
Erst mit dem Sozialismus tritt die Menschheit in das Reich der Freiheit und des allgemeinen Wohlergehens. (SED 1946b, S. 195)
 
Die FDJ will die Jugend gewinnen für die Ideale der Freiheit, der Menschlichkeit, des Völkerfriedens und der Freundschaft unter den Völkern. (FDJ 1946, S. 14)
 
ein freies, ein glückliches, ein friedliches und ein einiges Deutschland, das mit allen friedliebenden Völkern in Eintracht lebt (FDJ 1946, S. 154)
 
in unserem "Jahrhundert des gemeinen Mannes" weiß man genau - besonders seit der Wirtschaftskrise von 1930/33, aus der Hitlers Aufstieg erwuchs - daß eine Freiheit ohne Brot von keinem Volke als eine wahre Freiheit empfunden werden kann. Die Möglichkeit zum Leben auch einer deutschen Demokratie zu sichern, gehört deshalb zur überlegten Stärkung des Friedens und der demokratischen Freiheit der Welt. (Abusch 1946, S. 271)
 
Fanatismus für das Recht des Menschen auf seine Freiheit .. Die Jugend Europas .. wird den Kampf gegen alle Feinde der Freiheit fanatisch führen. (Andersch 1946, S. 447)
 
In einer apokalyptischen Gegenwart gilt es nun, aus Schutt und Trümmern eine neue, bessere Welt aufzubauen. .. Dazu braucht es Ehrfurcht, Liebe, Gemeinschaft, Freiheit und Bindung, einen weltüberwindenden Glauben und eine neue Verbindung mit den ewigen Kräften, kurz, ein Zurückführen zum Fühlen und Denken im abendländischen Geiste. (Schmid 1946, S. 11)
 
so muß auch der Freiheitsgedanke im Innern sich gegen Bedrohung schützen und damit die Freiheit zur wirklichen Herrschaft bringen. Also keine Freiheit für die Feinde der Freiheit .. Die Herrschaft und der Schutz der Freiheit müssen vom Volk als dem Träger des Freiheitsgedankens ausgehen. (Geiler 1946a, S. 118)
 
Reinigung ist der Weg des Menschen als Menschen. Die Reinigung über die Entfaltung des Schuldgedankens ist darin nur ein Moment. Reinigung geschieht nicht zuerst durch äußere Handlungen, nicht durch ein äußerliches Abmachen, nicht durch Magie. Reinigung ist vielmehr ein innerlicher Vorgang, der nie erledigt, sondern anhaltendes Selbstwerden ist. Reinigung ist Sache unserer Freiheit. .. Reinigung ist die Bedingung auch unserer politischen Freiheit. (Jaspers 1946, S. 211f.)
 
Die christliche Weltauffassung allein gewährleistet Recht, Ordnung und Maß, Würde und Freiheit der Person und damit eine wahre und echte Demokratie. (CDU 1946, S. 50)
 
Man kann nicht die Demokratie erziehen. Diese setzt vielmehr freie und ihrem Gewissen folgende Menschen schon voraus. Die Gefahr, daß die sittliche Freiheit vom Parteigetriebe wieder verschlungen werde, liegt nicht fern. Auch die Parteien müssen aus ernster Verantwortung für das Ganze handeln. Verantwortlichkeit ist etwas anderes und Höheres als Machtinstinkte, die sich mit politischen Ideologien umhüllen. (Spranger 1947, S. 39)
 
zum 'andern Deutschland' gehören nur die Deutschen, die den deutschen Beitrag zur Menschheit verkörpern. Die sich zu der stillen Gemeinschaft der in allen Völkern vorhandenen Menschen zählen, die sich bedingungslos den Gesetzen verpflichtet fühlen, die nicht von Menschen gemacht sind. Die dem Ruf des Geistes folgen und dem Gebot der ewigen Liebe. Denen der Dienst an den hohen Begriffen des Rechts, der Humanität, der Menschenwürde, der Freiheit, des Friedens, der brüderlichen Nächstenliebe auch zu den elendesten der Menschen, der echten Demut vor dem, was über allen Menschen ist, der Güte, der reifsten Frucht echter Menschlichkeit, selbstverständliche Pflicht ist. (Pechel 1947, S. 248f.)
 
eine deutsche Aufgabe zwischen Ost und West .. Eine solche Aufgabe läßt sich nur in geistiger und politischer Freiheit erfüllen. Wenn überhaupt die großen Sätze der Atlantik-Charta einen Sinn haben .., dann hat vor allem das Gesetz der politischen Freiheit einen Sinn. (Kaiser 1947, S. 340)
 
der Fisch lebt .. nicht vom Wasser, aber er lebt im Wasser. Der Mensch lebt nicht von der Freiheit, aber er kann nur in der Freiheit leben. .. Ohne Freiheit erstickt der Mensch in der Seelenlosigkeit der technologischen Maschinerie, wird er zur Ameise in der Ameisenarmee .. Kein Volk kann so sehr nach Freiheit dürsten, wie unser Volk, .. das durch die furchtbare Tyrannei der Hitlerei hindurchgegangen ist. Hunderttausende von uns haben in den Kerkern und Konzentrationslagern geschmachtet und ihr Leben gelassen. In der tiefsten Not schrecklicher Tage waren uns die Worte Goethes ein unvergänglicher Trost: "Komm, wir wollen dir versprechen/ Rettung aus dem tiefsten Schmerz,/ Pfeiler, Säulen kann man brechen,/ Aber nicht ein freies Herz." Das Bekenntnis zur Freiheit, das uneingeschränkte Bekenntnis ohne jeden Hintergedanken, entspringt der grundlegenden Einsicht, daß die menschliche Gesellschaft nur Wert haben kann, wenn sie auf menschlichen Werten aufgebaut ist. (Reuter 1947, S. 197f.)
 
Wir wissen, wie der Fluch der hinter uns liegenden grausigen Vergangenheit uns die Aufgabe stellt, viel mehr als jemals früher den Kampf um die Freiheit, den täglichen, nicht ablassenden Kampf um eine wirklich freiheitliche Gestaltung all unserer äußeren und inneren Lebensformen zum beherrschenden Mittelpunkt unserer Arbeit zu machen. (Reuter 1947, S. 200)
 
den Kampf um die Freiheit .. unbedingt und ohne Kompromiß zu führen (Reuter 1947, S. 200)
 
Diese Losung ["demokratische Erneuerung"] wird nur dann mehr sein als eine wohlklingende Floskel, wenn sie als Bekenntnis verstanden wird zu der Freiheit des inneren Menschen, die nicht mit einer bestimmten Verfassung geschenkt werden kann, sondern in jedem Gliede der staatlichen Gemeinschaft von neuem geboren sein will. Es ist die Freiheit, die keiner für sich selbst in Anspruch nehmen kann, es sei denn, daß er sie auch dem andern zugestehe, der gleich ihm Menschenantlitz trägt. Bringen wir es zu einer Form des politischen Zusammenlebens, die von dem Geist dieser Freiheit durchseelt ist, dann, aber auch nur dann werden wir das Versprechen eingelöst haben, das in der Formel "demokratische Erneuerung" liegt. Bringen wir es nicht so weit, dann wird das Wort "Demokratie" nicht mehr sein als ein neuer Name für die alte Unfreiheit. Gehen wir darum ans Werk und bauen wir dem deutschen Volke ein Haus, in dem der Geist dieser Freiheit eine Wohnstatt findet! (Litt 1947, S. 31f.)
 
Der Neuaufbau unseres staatlichen Lebens kann .. nur auf dem Wege echter Demokratie verwirklicht werden, in der alle Grundrechte menschlicher Freiheit gewährleistet sind. (Ministerkonferenz 1947, S. 583)
 
die volle Volksherrschaft als Grundprinzip der Demokratie, ist für uns unabdingbar, und damit erst werden auch die Freiheitsrechte des Volkes für uns unabdingbar. (Grotewohl 1947, S. 284f.)
 
ein solcher Ruf nach dem starken Staat [ging] immer von denen aus .., die die Emanzipation des Volkes scheuten und das Freiheitsstreben des Volkes zu unterdrücken bemüht waren. (Grotewohl 1947, S. 286)
 
Kampf um Recht und Freiheit (Weinert 1947, S. 314)
 
Freiheit und Democracy: Für die Rüstungsindustrie/ Freiheit und Democracy .. auch für die Chemie/ Freiheit und Democracy. .. Die SS .. Freiheit braucht auch sie, Freiheit und Democracy. (Brecht 1947, S. 943-949)
 
Mit der Freiheit schlechthin, mit der kann ich gar nichts anfangen. Die Freiheit als solche ist ein Begriff, in den sich die Schriftsteller, vor allen Dingen die Künstler und die Dichter gern verflüchtigen, und dann sehr zum Vorteil derjenigen reaktionären Gruppen, denen es nur angenehm ist, wenn von Menschlichkeit, Freiheit, Unmenschlichkeit, kurz von Worten schlechthin gesprochen wird und nicht von den konkreten Bedingungen und den konkreten Situationen, unter denen eine solche Freiheit zu erkämpfen und eine Unmenschlichkeit zu bekämpfen ist. (Langhoff 1947, S. 353)
 
die unveränderlichen Ideen der Menschenwürde, der Freiheit und Gerechtigkeit (Schmid 1948, S. 348)
 
Geist des Friedens .. Geist der Nächstenliebe .. Geist der wahren Freiheit des Menschen .. neue Zukunft der Freiheit und des Friedens unseres Volkes (Köhler 1948, S. 85f.)
 
Ein Staat im vollen demokratischen Sinne des Wortes .. kann nur entstehen, wenn ein Volk in voller Freiheit der Willensbestimmung die Formen und Inhalte seiner politischen Existenz gestalten kann. (Verfassungsausschuß 1948, S. 508)
 
Die Verfassung muß .. vor allem eine Garantie bieten für die Rechte und Freiheiten des Einzelmenschen. (Verfassungskonvent 1948, S. 56)
 
Das ganze Deutsche [sic!] Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. (Giese 1949, S. 6)
 
die deutsche Einheit ist nur möglich auf der Grundlage der persönlichen und staatsbürgerlichen Freiheit und Gleichheit und der gleichen Wertung und Würdigung der Menschenrechte in allen Besatzungszonen. .. Aber die deutsche Einheit ist nicht möglich in der Form einer russischen Provinz oder eines sowjetischen Satellitenstaates. (Schumacher 1949, S. 695)
 
Bei den fünf Millionen deutschen Arbeitnehmern, die sich jetzt in einem Bunde vereinigen, steht jedenfalls der Vorsatz unverrückbar fest, durch starke Einflußnahme auf die wichtigsten Bezirke in der Wirtschaft des Landes den Frieden und die Freiheit für sich selbst, für das deutsche Volk und für die Welt zu sichern. (DGB 1949, S. 202)
 
Erst eine freie Entwicklung zur vollen Demokratie, die auf der Freiheit der politischen Haltung beruht, wird Besserung bringen. (Bader 1949, S. 114)
 
Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands als geistige Erneuerungsbewegung stützt sich auf alle freiheitlichen, humanistischen, wahrhaft nationalen Traditionen unserer Kultur. .. Der Kulturbund ist in allen geistigen Bereichen Vorkämpfer für objektive Wahrheit, für humanistische Maße und Werte, für ein unverfälschtes Geschichtsbild, für die Ideen des Fortschritts und der Freiheit. (Kulturbund 1949, S. 121)
 
Von dem Willen erfüllt, die Freiheit und die Rechte des Menschen zu verbürgen .. hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben. (Verfassung der DDR 1949, Präambel)
 
Persönliche Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Postgeheimnis und das Recht, sich an einem beliebigen Ort niederzulassen, sind gewährleistet. Die Staatsgewalt kann diese Freiheiten nur auf Grund der für alle Bürger geltenden Gesetze einschränken oder entziehen. (Verfassung der DDR 1949, Art. 8)
 
Sollen wir bestehen, dann muß das Wort vom christlichen Abendland, von Menschenfreiheit und Menschenwürde, von menschlicher Bruderliebe und sozialer Gerechtigkeit zur Idee erglühen! (Ehard 1950, S. 94)
 
Wir wehren uns entschieden dagegen, daß der Begriff der Freiheit von denen genutzt und mißbraucht wird, die ein Regime der Unfreiheit errichtet haben, die jeden Gegner ihrer Politik rücksichtslos unterdrücken, einsperren oder nach der Manier faschistischer Schlägerkolonnen niederschlagen zu können glauben .. sie fordern in verlogener Weise Freiheit in der Deutschen Demokratischen Republik. Aber die Freiheit, die sie meinen, das ist die Freiheit der Remilitarisierung in ganz Deutschland, die Wiederkehr und die Freiheit der Monopolbesitzer, der Hitlerbankiers, der Großgrundbesitzer und die unbeschränkte Freiheit für die Kriegshetzer. (Grotewohl 1951a, S. 352f.)
 
Ich vollziehe die Tradition der Grundsteinlegung mit folgenden drei Hammerschlägen: Der erste Hammerschlag für die Freundschaft des friedliebenden deutschen Volkes mit den Völkern der Sowjetunion. Der zweite Hammerschlag für den Aufbau der Hauptstadt Deutschlands Berlin und die glückliche Zukunft seiner Bevölkerung. Der dritte Hammerschlag für die Einheit Deutschlands in Freiheit und Frieden. (Grotewohl 1952b, S. 40)
 
Absperrung der Persönlichkeit bringt Vermassung, Vermassung bringt Verlust der persönlichen Freiheit, bringt Verlust der politischen Freiheit und die Diktatur. Ich glaube, das ist absolut unabänderlich. Verlust der persönlichen Freiheit ist das Schlimmste, das [sic!] dem Menschen wiederfahren kann. Verlust der Freiheit des Einzelnen ist auch das Schlimmste, was der Menschheit widerfahren kann, denn der Verlust bringt Abstieg und Niedergang auf allen Gebieten menschlichen Seins. (Adenauer 1952a, S. 257)
 
Die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit hängt ab .. von den vier Mächten .. Durch den Deutschland-Vertrag .. haben sich von den vier Mächten drei verpflichtet, mit uns zusammen für die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit einzutreten. .. Die Vorgänge der letzten Wochen .. sind eine eklatante Rechtfertigung der Ansicht, daß Sowjet-Rußland z. Zt. nicht gesonnen ist, eine Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit zuzulassen. (Adenauer 1952c, S. 281f.)
 
In einem Teil Deutschlands, in dem Deutschland von Weimar und Jena, von Leipzig, Wittenberg und Rostock ächzen 18 Millionen deutsche Menschen unter dem Druck der Rechtlosigkeit, unter einem System der Willkür und der Gewalt, einem System, das in der Form des Rechts Unrecht schafft und das von Tag zu Tag die Härte seines Druckes steigert. Was Arthur Köstler auf Grund seiner Erfahrungen und seiner Enttäuschung dargestellt hat, was Orwell in schauerlicher Folgerichtigkeit sich entwickeln sieht, das droht dort drüben im Herzen Deutschlands fürchterliche Wirklichkeit zu werden. Erbarmungslos wird die persönliche Freiheit vernichtet. Es wird mißachtet, was für uns die Würde des Menschen ausmacht. Er, der Mensch, ist nichts als ein Mittel für die unheimliche Macht. Im Hintergrund stehen Staat und Recht; sie sind zu einer Apparatur des Bösen geworden. (Dehler 1952, S. 5)
 
stärker als bisher [steht] die Sorge um den Menschen, die Sicherung seines materiellen Wohles, die Entfaltung der persönlichen Freiheit im Mittelpunkt der ganzen Politik. (Benjamin 1953, S. 12)
 
Wir stehen als Freie unter Freien, den bisherigen Besatzungsmächten in echter Partnerschaft verbunden .. Es gibt für uns in dieser Welt nur einen Platz: an der Seite der freien Völker. (Adenauer 1955, S. 176)