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Türkei: EU stellt Beitrittskandidaten schlechtes Zeugnis aus - DER SPIEGEL
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Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit EU stellt Türkei bisher schlechtestes Zeugnis aus

Die EU-Kommission sorgt sich um die Gewaltenteilung in der Türkei. In einem Bericht zur Beitrittsreife fordert sie offenbar, den seit 2016 immer wieder verlängerten Ausnahmezustand aufzuheben.
Recep Tayyip Erdogan bei einem Pressetermin am 12. April 2018

Recep Tayyip Erdogan bei einem Pressetermin am 12. April 2018

Foto: Yasin Bulbul/ dpa

Die EU-Kommission stellt der Türkei in ihrem neuen Bericht zur EU-Beitrittsreife nach Angaben von EU-Vertretern ihr bisher schlechtestes Zeugnis aus. Sie attestiere der Türkei schwerwiegende Rückschritte bei der Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit der Justiz, sagten zwei mit dem Bericht vertraute Personen.

"Die Türkei hat sich mit großen Schritten von der EU entfernt", heißt es in dem neuen Länderbericht, der am Dienstag veröffentlicht werden soll und über den die "Welt am Sonntag" zuerst berichtet hatte. "Unter den jetzigen Umständen wird nicht daran gedacht, neue Kapitel (in den Beitrittsverhandlungen) zu öffnen", heißt es in dem Bericht. Die Türkei müsse vor allem den derzeitigen "negativen Trend" bei der Rechtsstaatlichkeit und den Grundrechten umkehren.

Dazu sollte zuerst mit der Aufhebung des Ausnahmezustands begonnen werden. Zudem sollte die Schwächung einer effektiven Gewaltenteilung im politischen System angegangen werden. Dazu solle die Türkei verstärkt mit dem Europarat zusammenarbeiten.

Die EU-Kommission bleibt damit bei ihrer kritischen Einschätzung. 2014 hatte sie erstmals eine größere Unabhängigkeit der türkischen Justiz angemahnt.

Lob für die türkische Wirtschaft

Zudem bescheinigt die EU-Kommission der Regierung in Ankara laut dem Zeitungsbericht einen "ernsthaften Rückfall in den Bereichen Justiz, öffentlicher Verwaltungsreform, Grundrechten und Meinungsfreiheit". Im Berichtszeitraum habe es eine "fortgesetzte deutliche Verschlechterung" in wichtigen Bereichen der Menschenrechte gegeben.

Die EU verhandelt seit 2005 mit der Türkei über einen Beitritt. Allerdings laufen die Gespräche seit Jahren schleppend. Vor allem die Zypern-Frage sowie der Widerstand aus Deutschland und Frankreich gegen einen EU-Beitritt des Nato-Staats behindern die Gespräche. Nach dem Putschversuch von 2016 haben sich die Beziehungen zwischen der Union und der Türkei deutlich verschlechtert. Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan rief damals den Ausnahmezustand aus und regiert seither per Dekret.

Lob erteilen die EU-Experten der türkischen Wirtschaft, die als weit fortgeschritten und funktionierende Marktwirtschaft beschrieben werde. Außerdem habe die Türkei "herausragende Anstrengungen" gemacht, um mehr als vier Millionen Flüchtlinge zu versorgen.

jme/dpa