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Hyperbel |
F., anfangs auch N. (-; -n), im frühen 16. Jh.
aufgekommene, bis ins frühe 18. Jh. nur in der lat. Form bezeugte Entlehnung aus
lat. hyperbole ‘Übertreibung’ (< griech. ὑπερβολή
‘Übertreffen; Übertreibung, Übermäßiges, Außergewöhnliches; Verschieben,
Aufschub, Verzug’, zu ὑπερβάλλειν ‘darüber hinaus, über das Ziel hinaus
werfen, gehen; übertreffen; das Maß überschreiten, übertreiben’, aus
ὑπ έρ ‘über, hinüber’, → Hyper-, hyper-, und βάλλειν ‘werfen’,
→ Ballistik), bis heute auch in den Formen Hyperbola,
Hyperbole.
a Zunächst fachspr. (Rhetorik und Stilistik),
speziell in der antiken (Quintilian) und der daran orientierten späteren
Redekunst in der Bed. ‘(leichte oder starke, maßlose) Übersteigerung ins
Positive oder Negative mit sprachlichen Mitteln (z. B. durch ein Wort, mehrere
Sätze o. Ä.), sprachliche Überzeichnung (zum Zweck der Verdeutlichung);
Stilfigur/sprachliches Mittel der Übertreibung’ (vgl. Litotes), in
jüngerer Zeit vereinzelt auch allgemeiner mit Bezug auf außersprachliche
(künstlerische) Phänomene (s. Beleg 2006), in Wendungen wie eine dichterische
Hyperbel, Tropen wie Emphase, Hyperbel und Litotes, er singt sein Loblied in
gewaltigen Hyperbeln.
b Seit frühem 17. Jh. als Terminus der
Geometrie in der Bed. ‘(durch ihre über den Kreis hinausgehende Form
gekennzeichnete) zweidimensionale, aus zwei Ästen bestehende geometrische Kurve,
die sich aus dem Schnitt einer Ebene mit einem Kegel ergibt (wenn der Winkel
zwischen Ebene und Rotationsachse des Kegels kleiner ist als der Öffnungswinkel
des Kegels und die Ebene den Kegel nicht an seiner Spitze schneidet)’ (vgl.
Ellipse, → Parabel), auch bildlich (s. Belege 1828, 1910), z. B. die
drei Kegelschnittkurven Ellipse, Parabel und Hyperbel, Hyperbeln entstehen durch
Kegelschnitte, die Hyperbel ist eine krumme Linie, deren Äste im Unendlichen
auseinanderstreben, eine Hyperbel hat zwei Brennpunkte;
Hyperbelast/-zweig, -bahn, -bogen, -funktion, -krümmung, -(ko-)sinus,
-(ko-)tangens, -verfahren; Interferenz-, Leistungs-, Sättigungshyperbel
(‘Hyperbel, die den Verlauf einer Interferenz/Leistung/Sättigung anzeigt’);
hyperbelähnlich, -gleich, -förmig.
Dazu Mitte 16. Jh. aus lat.
hyperbolicus, griech. ὑπερβολικός ‘übertrieben, übermäßig’
entlehntes hyperbolisch Adj. und Adv., ‘sprachlich übersteigernd,
übertreibend’, auch auf außersprachliche Phänomene bezogen ‘übertreibend;
überzogen, übertrieben’ (s. Belege 1813, 1927–29; vgl. exaltiert, →
exaltieren), z. B. eine hyperbolische Rede(-Figur), hyperbolischer
Stil, hyperbolische Ausdrücke wie „tausend Dank“, „himmelweit“, „ein Strom von
Tränen“, eine etwas hyperbolische Bewertung/Einschätzung abgeben, hyperbolische
Liebe, auch adv., z. B. hyperbolisch verehren (zu a); seit frühem
17. Jh. fachspr. (Geometrie, Optik) zur Charakterisierung einer Hyperbelform in
der Bed. ‘hyperbelförmig (gezeichnet, gebildet, geschliffen)’, vereinzelt
bildlich (s. Beleg 1909), z. B. eine hyperbolische Figur zeichnen,
hyperbolische und elliptische Formen, hyperbolisches Glas, eine
hyperbolische Flugbahn, hyperbolischer Kegel, Paraboloid, Spiegel (zu
b).
Dazu seit späterem 18. Jh. die selten belegte verbale Ableitung
hyperbolisieren V. (in)trans., ‘das Stilmittel der Hyperbel einsetzen,
übertreiben, auf die Spitze treiben’ (zu a), vom späteren 19. bis Anfang
20. Jh., nur gebucht, vereinzelt auch ‘eine Kegelschnittlinie zeichnen’ (zu b),
mit dem seit Mitte 19. Jh. selten nachgewiesenen Verbalsubst.
Hyperbolisierung F. (-; -en) ‘(Einsatz des Stilmittels der) Übertreibung’
(zu a) und ‘Darstellung mittels einer Hyperbel, auf Hyperbeln basierende
Darstellung’ (zu b); seit Einde 18. Jh. die (latinisierende) subst. Ableitung
Hyperbolik F. (-; -en) ‘Gesamtheit mehrerer (sprachlicher)
Übertreibungen, hyperbolischer Stil; Geprägtsein durch diesen (von Texten);
Neigung zu diesem (von Autoren)’ (zu a), mit der seit Mitte 18. Jh. belegten
Personenbezeichnung Hyperboliker M. (-s; -), auch moviert
Hyperbolikerin und anfangs Hyperbolicus, überwiegend in der Bed.
‘Person, die (gerne, häufig) übertreibt’, auch ‘Person, die Hyperbeln als
Stilmittel einsetzt’ (s. Belege 1906, 2001) (zu a), vereinzelt ‘jmd., der sich
mit der Geometrie des hyperbolischen Raumes beschäftigt’ (zu
b).
Belege
Luther 1525 Epistel S. Paul V3r
Ich bin
ewer/ das/ wenn es müglich wer gewesen jr hettet ewer augen außgerissen vnnd mir
geben: Hieronimus meynet das jnn disen wortenn sey Hyperbole/ das ist/ das meer
gesagt wirt denn verstanden sol werden Aber ich schetz das hie keyner Hiperbole
von nöten sey;
Melanchthon 1532 Confessio (Übers.) 67
Auch ziehen sie an
ein spruch auß Tobia/ Die almuosen erlösen von der sünde vnd von dem tode Wir
wöllen nicht sagen/ das da ein Hyperbole sey/ wie wol wir es sagen möchten/
damit Christi ehre erhalten werde/ denn diß ist Christus ampt allein von der
sünde/ vom tode erlösen etc.;
Fabri 1550 V. d. Ayd Schwören 9
Es sein
auch andere/ welche die wort Christi/ vnnd Jacobi also außlegen/ Die
aygenschafft hat die geschrifft/ so sie sicht ein laster/ zu dem die menschen
fast sehr geneigt/ das sie braucht vbrhebung mit worten/ Hyperbole genant/ zů
abschreckung des selbigen lasters/ auff das die tugent im mitten sey;
Wicel
1558 Epitome 69
IX Sie dienet Gott mit fasten vnd beten tag vnd nacht. . .
Darumb setzet er [der Evangelist] dran noch ein hyperbola, Tag vnd nacht. das
ist/ die meisten zeit ist sie im Tempel gewest/ vnd die meisten zeit jres lebens
hat sie gefastet vnd gebetet;
Nass 1572 Sibenzehen Predig 57
Vnd wann es
nicht zů lang wär/ so wollten wir noch mehr warzaichen darthůn/ nit allain
noch zwölffe/ sonder noch wol 24. vnd noch mehr darzů/ damit man aber nicht
mayn/ es sey ein hyperbole, ein ehrlug/ so will ichs aufs aller kürtzst
entdecken/ andern solches außfürlicher zůhandlen befelhen;
Botero 1596
Weltbeschreibung II 1,3
Jn dem einigen Herzogthumb Ankon/ werden vierzig
Wasserflüsse/ groß vnd klein/ gezehlet. Daher Catharina de Medicis, Königin inn
Franckreich pflegte zu sagen: Es weren mehr Schiffreiche Flüsse inn diesem
Reich/ als sonsten inn ganzem Europa. Welche Hyperbole der Warheit nicht gar
vngleich scheinet;
Harsdörffer 1644 Gesprechspiele I 206 f.
Aber ich habe
bey einem Frantzosen ein Freudenspiel gelesen/ in welcher [!] eine jede Person
gleichsam eine absonderliche Sprache/ vermittelst einer gewissen Figur/ aus der
Redekunst gebrauchet . . hyperbole . . Venus redet von allen Sachen übermäßig
große und unglaubliche Ding;
Lohenstein 1689 Arminius II 33
Ich wolte
fast sagen/ daß die tapffere verwitwete Landgräfin von Hessen-Cassel . .
verstanden werde. Doch dürffte auf solchen Fall eine kleine Hyperbole im
Arminius seyn (DiBi 125);
Linde 1706 Ged. b2a
es brauchet allerhand
Ironien, Sarcasmos, Hyperbolen und andere Inventiones mehr, denen Leuten vor
dasjenige, was sie lieben, einen Abscheu zu machen;
1721–22 Discourse d.
Mahlern 11
Ich brauche keine Hyperbolen, wenn ich sage, daß mich alsdann
bedüncket, ich . . komme aus einer duncklen und gräßlichen Nacht hervor, in der
ich seiner [des Freundes] Conversation beraubet gewesen;
Kinderling 1765 Br.
82
Die Hyperbel hat vielmehr zwo Arten, entweder vergrößert sie eine Sache
übermäßig . . z. E. ein Riese für einen großen Menschen, . . oder sie
verkleinert ebenfalls bis zum Uebermaaß, z. E. ein Zwerg für einen kleinen
Menschen;
Goethe 1786 Italien. Reise (WA I 31,23)
Daß kein Neapolitaner
von seiner Stadt weichen will, daß ihre Dichter von der Glückseligkeit der
hiesigen Lage in gewaltigen Hyperbeln singen, ist ihnen nicht zu verdenken;
Schlabrendorf 1804 Sendschreiben 246
„Die große Nation, die, seit Sie,
erhabner Mann, dieselbe gewürdigt haben, als Chef an ihre Spitze zu treten,
nichts als heroische Thaten athmet etc.“ Diese und eine Menge ähnlicher
ungeheurer Hyperbeln des kriechenden Schwätzers, hörtest Du ganz ernsthaft an;
Schopenhauer 1840 Moral 122
Hamlet spricht ohne Hyperbel, wenn er sagt:
To be honest, as this world goes, is to be one man pick’d out of ten thousand;
Gottschall 1885 Totenkl. 308
Ganz anders griff der Riesengeist des
britischen Dichters in die Entwicklung unserer dramatischen Literatur ein: . .
sind doch die Cynismen und Hyperbeln der „Räuber“ auf ihn zurückzuführen;
Populär-wiss. Monatsbl. 1. 3. 1895
Es ist also nicht nur eine
dichterische Hyperbel, von der Mutter Erde zu sprechen. Sie hat Bewegung, sie
zeugt, in ihr ist Leben;
1910–11 Pan I 675
vom eigenen Sohn wie von einem
Reporter mit Hyperbeln angedichtet zu werden;
Woelker 1940 Menschengestaltung
85
Von der Hyperbel, die ja ein sehr wirksames Mittel idealisierender
Steigerung ist, macht Konrad noch reichlicher Gebrauch;
taz 7. 10. 1991
Da konnten die Herren Stepanovic und Daum noch so sehr den Tag der Hyperbel
proklamieren, es war und blieb ein Spiel zweier guter Mannschaften;
Frankf.
Rundsch. 4. 1. 1997
Ein heutiger Leser wird für das Gedicht nur ein
Achselzucken übrig haben, die Metaphern schief, die Hyperbole peinlich, den
Tonfall hysterisch finden;
taz 26. 3. 2004
Hin und wieder kippt dieses
MG-Feuer von Hyperbeln, steilen Vergleichen und nervtötenden Kriegsmetaphern ins
Komische: „Nicht nur Menschen, ganze Völker werden altern“;
Zeit
18. 5. 2006
Werner Hofmann hat in seiner Monografie . . auf die Hyperbeln
aufmerksam gemacht, mit denen [Caspar David] Friedrich seine Landschaften
inszeniert, und Hubertus Gaßner bestätigt diese Beobachtung, indem er die Bilder
entsprechend hängt.
1791 Komische Romane VIII
353 f.
er nannte sie das Ebenbild der Gottheit an Huld und Güte! er
erschöpfte seine ganze poetische Phraseologie, seine ganze Hyperbolik! er
versprach, schwur, gelobte auf ihrer Hand, was kein Sterblicher je versprechen
sollte . . ewige Liebe, ewige Anbetung!;
Krüger 1836 Hist. phil. Studien
163
Von solchen Verbindungen war es wohl kein schwerer Uebergang zu einer,
streng genommen, etwas sinnwidrigen Hyperbolik, . . wobei man eben nur dachte:
das Aergste geschah in einem Grade von dem man sonst keine Ahnung hat;
Klein
1867 Gesch. d. Dramas V 2,606
Es ist ein asiatisches Element, mit dem
Unterschiede, dass die Hyperbolik der Metapher bei den Orientalen aus einer
schwärmerischen Phantasie, einer natursymbolischen Ueberschwänglichkeit und
Geistestrunkenheit entspringt; bei Marino und Genossen dagegen sich nur als die
Frucht einer parasitischen Ueberbildung des Geschmackes und des lyrischen Witzes
ausspricht;
1968 Reallex. d. german. Altertumskunde XV 165
Rhetorik und
Stilistik führen dagegen die Traditionen der alten Preisdichtung weiter . . Neu
sind die Mittel des Superlativs, der Hyperbolik und die häufigere Verwendung von
Vergleichen;
Koopmann 1979 Mythos u. Mythologie 319
Dabei erscheinen die
Attribute mit hinauf stilisiert, die Hyperbolik wirkt zurück auf die Teile, so
daß sie das Überwältigende im Übermenschlichen zeigen;
Kreis 2002
Nibelungenlied 40
Alle, die Braut voran, trinken nicht nur den zum Blute
Christi gewandelten Wein, der Dichter [des Nibelungenlieds] geht, wie sich
zeigen wird, in seiner Hyperbolik so weit, sie zu Trunkenen des erlösenden
Blutes zu machen;
Zeit 20. 2. 2003
Auffällig auch das Paradox, dass der
begriffliche Durchbruch zur neuen Informationsbiologie vor 50 Jahren als kleine
Notiz erschien, während die Ankündigung der technischen Inbesitznahme unter
mächtigem Mediengetöse stattfand. Exklamatorische Hyperbolik und schiefer Bezug
auf kulturelle und religiöse Traditionsbegriffe kennzeichnen die Eröffnung der
neuen Epoche.
Füßlin 1749
Kirchen-Reformations-Gesch. 294
Also bröcken die Hyperbolici heftig in der
Fremde, reden viel anderst und gräulicher von den Dingen, als sie an und für
sich selbsten sind;
1844 Grenzboten III 2 I 609
Schlesien wird von den
patriotischen Hyperbolikern die Perle in der Krone Preußens genannt;
Baumstark 1873 Staatsalterthümer 188
Das ist alles kaltes Wasser auf die
demokratischen Glüh- und Sprühköpfe unsrer germanistischen Hyperboliker;
Meyer 1906 Stilistik 215
der Hyperboliker glaubt an seine „uferlose“
Aussage, der Ironiker dagegen will mehr, als er sagt, verstanden wissen;
Neckel 1944 Germanentum 52
Hyperboliker und Phantasten;
Blöcker 1977
Kleist 185
Prägungen, die zeigen, daß dem Hyperboliker Kleist
Anschaulichkeit und körpernaher Ausdruck über guten Geschmack ging;
Grünbein
2001 Schlaflos 11
Wer mit den Mitteln der Satire zu Werke geht, tritt
erklärtermaßen als Hyperboliker an.
Wicel 1555
Annotaten 18v
Jch netze.) Eigentlich/ Jch faule. Wil sagen/ ich fäule die
bettücher vnter mir/ mit stettigem weynen/ sind so naß/ man möcht sie ringen . .
Es ist treflich sehr hyperbolisch geredt/ wie hart er sich anneme/ in seiner
kranckheit/ vnd sonst außwertiger verfolgunge/ das sich seine mißgünner so
feindlich wider jn legten;
Eder 1573 Euangelische Inqvisition 138
Sie
seyen wortreich mit spayen vnd mit spotten/ vnd werffen des Luthers
Hyperbolische lufftreden oder waydsprüch mit hauffen herauß/ damit sie das
einfeltig völckle/ vnd jhre anhänger verblenden. Darunder auch anders nichts als
des gemainen pöuels zůlauff suchen;
Hasenmüller 1595 Histori d. Jesuit.
Ordens (Übers.) 143
Wann du Polycarpe begertest/ daß man dir vnnd deinem
Geschichtsspicker Glauben gebe/ so solt du so großer hyperbolischer vnnd
superlativischer Reden vnd Wort nit gebraucht haben/ dann wer greift doch nit
deine grobe handuöllige Lugen Sage an/ hast du auch vnder vnserm gentzen
Haußgerhät . . ein einiges Silber- oder Güldengschür gesehen;
König 1727
Geschmack (Caniz 235)
Wie aber . . gantz Welschland . . von dem üblen
Geschmack aus der Schule des Marino als mit einer Pest angesteckt, und . . mit
schwülstigen Metaphoren, . . aufgeblasenen Vorstellungen, Hyperbolischen
Ausdrückungen, . . und hundert anderen kindischen und geschminckten
Auszierungen, als mit so viel allgemeinen Land-Plagen, heimgesucht ward;
Bodmer 1746 Mahler I 52
Ein andrer, der diese Niedrigkeit vermeiden
wollen, versteiget sich dagegen in metaphorischen und hyperbolischen Gedancken;
Herder 1778–79 Volkslieder 241
Der Stilus, oder ihre Art zu reden, ist
gar nicht hyperbolisch, hochtrabend oder schwülstig (DiBi 125);
1806
Deutschland in s. tiefen Erniedrigung 20
Man erinnere sich an die in allen
Zeitungen erzählte hyperbolische Rede, womit Napoleon seinem Heer den Zug nach
Deutschland . . ankündigte. „Mit meiner Rechten, sagte er, will ich den
Deutschen Kaiser demüthigen, und mit der Linken England bändigen.“;
Seume
1813 Leben (W. I 50) 138
In manchem Alten, vorzüglich im Flaccus, den er
etwas hyperbolisch verehrte, hatte er mich zurückgelassen (DiBi 125);
Schopenhauer 1851 Parerga (S. W. V 552)
Hinsichtlich dieses Wohlgefallens
am Bombast, überhaupt am hochtrabenden, aufgedunsenen, pretiösen, hyperbolischen
und aerobatischen Stile;
Kürnberger 1877 Herzenssachen 24
Spricht die
Zeitung die Sprache der Aufregung, so kann sie damit sicherlich übertrieben,
schwülstig und hyperbolisch-mißbräuchlich werden;
1902 ZfdW III 376
Hierher gehören hyperbolische Ausdrücke wie tausend Dank, himmelweit, ein Strom
von Thränen;
Mühsam 1927–29 Unpolit. Erinn. 573 f.
während doch gesagt
werden muß, daß, wiewohl Kraus als geistige Potenz auf einen hohen Platz gehört,
diese hyperbolische Einschätzung nur unter Wiener Maßstäben zulässig sein kann
(DiBi 125);
1970 FAZ o. Nr.
Schließlich wird mit den so beschriebenen
Tendenzen einer Minderheit die Forderung der Studentenschaft nach
„Mitbestimmung“ identifiziert, wobei das hyperbolische Adjektiv „unbegrenzt“ . .
die Maßlosigkeit studentischer Bestrebungen suggeriert;
Zeit 13. 2. 2003
Die hyperbolische Rede war Umgangston. In einem Cowboy-Cantus aus Tascosa hieß
es: „Ich bin wild wie ein Grizzly. Moos wächst auf meinen Zähnen, und Blut
schäumt bös in meinen Adern“.
Lessing
1768–69 (W. IV 376)
welche abgeschmackte Uebertreibung von der etwanigen
Wirkung eines glücklichen Zufalls oder einer ängstlichen Tändelei! . . Die
schönste Malerei! Eine Malerei, die dem Maler seinen Vorzug zweifelhaft macht!
Kann man kindischer hyperbolisieren?;
Wieland 1774 Teutscher Merkur VII
1,116
Ohn’ ihn [Amor] wird Juno zur Megären,/ Und Galathee zum Austerweib./
Sie, deren Lieblichkeit zu hyperbolisieren/ Die Göttersprache selbst einst
unzulänglich war,/ Sind itzt der Gegenstand von hämischen Satyren;
1776
Hannoverisches Mag. XIII 1453
zu viel Hitze . . versengt das Gehirn: und man
weiß, daß sich mit einem caustischen Kopfe und Blute zwar recht gut
hyperbolisiren, sonst aber nicht viel kluges denken läßt;
1792 Nachtr. zu
Sulzers allg. Theorie d. schönen Künste I 31
Juvenal gefällt sich in der
Malerey zügelloser Laster und Ausschweifungen; und wenn er einmal den Pinsel
ergreift, ist ihm keine Farbe zu grell, kein Strich zu hart. . . Umsonst sucht
man also Horazens Laune und Urbanität bey diesem Dichter, der immer die Geißel
schwingt, und in seiner gespannten, tragischen Sprache immer hyperbolisirt;
Jost 1832 Allg. Gesch. d. Israelit. Volkes I 472 (Anm.)
So auch alle
Jüdischen Historiker; und nur die Nachrichten des Talmud im Aboth und Joma haben
Werth, obwohl letztere Stelle hyperbolisirt;
Lersch 1863 Gesch. d.
Balneologie 103
Die Badedienste wurden theils von Aliptae oder Unctores
theils von andern Badern versehen. Dass ihre Arbeit eine vielfältige war, kann
man aus der etwas hyperbolisirten Beschreibung des Satyrikers ersehen;
1890
Meyers Konversationslex. VIII
849 hyperbolisieren, in Hyperbeln reden,
übertreiben;
Genius 1933 Fremdwb. 413
hyperbolisieren, übertreiben, sich
in Übertreibungen ausdrücken;
1973 Germanist. Linguistik 1–2 155
Sodann
wird die Wirkungsdauer [eines beworbenen Produkts] erläutert, am Konsumenten
exemplifiziert . . und in einem Vergleich hyperbolisiert;
Metelmann 2005
Porno-Pop 160
Stattdessen türmt er hyperbolisierte Beleidigungen
aufeinander, in einer Dichte, die kaum noch steigerbar erscheint . . eine Geste
der verbalen Überschreitung.
1855–56 Jahrb.
f. class. Philologie I Suppl. 207
im Verhältnis zu dem Viertelstündchen,
welches der ungeduldige Mann seiner Dame zum putzen bewilligt, ist ein Jahr ganz
von gleicher Hyperbolisierung wie bei andern Dingen 76 oder 600 [Jahre];
Braunbeck 1972 Drama 292
wenn die Absurdität, die die Absurden spüren,
und spürbar machen wollen, durch die Wirklichkeit von Auschwitz wahrhaftig zum
Aberwitz wurde, dann gibt es keine künstlerische Hyperbolisierung mehr, die
diese Wirklichkeit übertreffen und anschaulich machen könnte;
Berl. Ztg.
21. 5. 2005
Auf dem Höhepunkt der RAF-Aktivitäten in der Bundesrepublik war
die „Räuber“-Inszenierung durch Claus Peymann in Stuttgart 1975 durch das
Bühnenbild von Achim Freyer zu einer vorrangig szenischen Hyperbolisierung des
Generationskonflikts geworden: Die Söhne Karl und Franz mussten auf Leitern zu
dem Übervater Moor hochklettern;
Schmitt 2007 Jugendsprache 28
Einerseits
ist es angebracht, verbreitete Kernwörter und Exotismen der Jugendsprache zu
untersuchen (zum Beispiel „cool“ oder „ätzend“), andererseits gilt es,
Prinzipien herauszuarbeiten, die der Konstituierung des Sonderwortschatzes
zugrunde liegen: Metaphorik, Hyperbolisierung, Expressivität und
Emotionalität.
Marolois 1627 Geometria (Übers.)
10
Beschreibung deß Hyperbole. . . Hyperbole ist eine Figur von einer
krummen vnd rechten Linien begriffen vnd durch ein planum ad Angulos rectos,
auff die Basin vberzwerch geführt vnd gezogen wird;
Wolff 1716 Math. Lex.
731
Noch ist ein solcher Kegelschnitt Hyperbole, von einem stumpffen Kegel
(SCHIRMER, Mathematik);
Zedler 1735 Universallex. XIII 1442
Hyperbola,
Hyperbel, ist eine krumme Linie, so sich durch die Section eines Coni
terminiret, wenn derselbige dergestalt durchschnitten wird, daß die verlängerte
Fläche des [D]urchschnittes mit der verlängerten einem Seite des Kegels,
ausserhalb dem Cono zusammen stosse;
Eggers 1757 Kriegslex. I 1235
Hyperbel, Hyperbole ist eine krumme Linie, welche entsteht, wenn eine Kugel
dergestalt durchschnitten wird, daß der verlängerte Diameter des Durchschnitts,
mit der verlängerten Seite des Kegels, zusammen stößt;
Herder 1784–91 Ideen
(S. W. XIII 220)
Was einen andern Mittelpunkt der Anziehung fand, ballte
sich gleichartig zu ihm und ging entweder in Ellipsen um seinen großen
Brennpunkt oder flog in Parabeln und Hyperbeln hinweg (DiBi 125);
Triest 1815
Land-Baukunst III 209
Wenn endlich die scheidende Fläche, so wenig mit der
Grundfläche des Kegels, als mit einer seiner Seiten parallel liegt: so bildet
der Schnitt eine Hyperbel;
Werneck 1828 Manuscript II 274
Aber die
Phantasie hat die Natur der Hyperbel: sie nähert sich in’s Unendliche dem
Uebersinnlichen, ohne es zu erreichen;
Heyse 1838 Fremdwb. I 499
Hyperbel
. . eine Querkegelschnitt- od. eine schräge Kegelschnittlinie, welche,
gleichlaufend der Achse od. überhaupt schiefwinklig mit beiden Seitenlinien des
Kegels gelegt ist und nur eine derselben trifft;
1884 Brockhaus IX 505
Hyperbel . . heißt in der Geometrie eine bestimmte Linie zweiten Grades, einer
der drei Kegelschnitte, der entsteht, wenn die schneidende Ebene nicht nur die
eine Kegelfläche, sondern zugleich die Oberfläche des entgegengesetzten Kegels
trifft;
Rilke 1910 Brigge (S. W. VI 783)
Wie ein Sprung geht sie durch
die Himmel, diese hoffnungslose Hyperbel deines Weges, die sich nur einmal
heranbiegt an uns und sich entfernt voll Entsetzen (DiBi 125);
Gail 1958
Weltraumfahrt 74
die Parabel reicht bis ins Unendliche, und die Hyperbel
erst recht. Sie entsteht, wenn die Schnittfläche steiler als der Kegelmantel
verläuft;
Salzb. Nachr. 19. 12. 1995
Die untere Hälfte der Hyperbel
versinnbildlicht die ehemalige Kleinpartei FPÖ, deren Kurve fast ein Jahrzehnt
lang scheinbar unaufhaltsam nach oben führte, jetzt aber nach unten weist;
taz 9. 10. 2004
die fließenden Strukturen der kauzigen Häuser, mit denen
Antoni Plàcid Gaudí i Cornet dem Vier-Millionen-Menschen-Organismus originelle
Attraktionen eingepflanzt hat. . . ein Universum aus Parabeln, Ellipsen und
Hyperbeln.
Liebmann 1923 Geometrie 53
der
„Hyperboliker“, der mit der anschaulichen Geometrie des hyperbolischen Raumes
Arbeitende.
Kepler 1616 Weinvisierbuch 555
Etliche [Fassformen] seind vmb das Beihel [Spundloch] gächrund, lauffen aber
gegen den Böden [!] auff gerade Linien hinauss vnd gehören vnder die spulrunde
hyperbolische Figur;
Pomey 1671 Indiculus univ. 612
Es betrachtet auch
allerley Arten der Spiegel/ als Ebene/ Gewölbte/ Hohle/ Parabolische/
Elliptische/ Hyperbolische und Brennspiegel;
Sturm 1717 Mathesis 40b
Microscopia . . Telescopia . . Ja es thuts auch mit zwey hyperbolischen Gläsern,
deren eines erhaben, und das andere hohl ist;
Zedler 1735 Universallex. XIII
1458
Eine Portion eines solchen gläsernen Hyperbolischen Cörpers wird ein
Hyperbolisches Glas genennet, und ist entweder convex . . oder concav;
Lessing 1750 W. III 689 f.
Laßt einmal sehen. Ihr versteht doch wohl
einen hyperbolischen Afterkegel zu kubieren? (DiBi 125);
Eggers 1757
Kriegslex. I 1236
Hyperbolisches Glas . . heißt ein Glas, dessen erhabene
Fläche nach einer Hyperbel eingerichtet ist, dergleichen Cartesius zu
Vergrößerungs- und Ferngläsern vor andern recommandiret;
1799 Krünitz LXXVII
744
Lichtstrahlen, die aus dem hintern Brennpuncte einer hyperbolisch
ausgehöhlten Spiegelfläche kommen und von derselben wieder zurück geworfen
worden, vereinigen sich in dem vordern Brennpuncte derselben;
Goethe 1810
Farbenlehre (WA II 4,30)
Diejenigen die sich mit Teleskopen und deren
Verbesserung beschäftigten, mußten bemerken, daß durch Objectivgläser, die aus
Kugelschnitten bestehen, . . eine gewisse Abweichung stattfindet . . Man schrieb
sie der Form der Gläser zu und schlug deßwegen hyperbolische und elliptische
Oberflächen vor;
Heyse 1838 Fremdwb. 499
hyperbolisch . . die Form der
Hyperbel habend;
Sanders 1871 Fremdwb. 242
hyperbolisch . .
hyperbel-haft, -artig;
Meisel-Hess 1909 Krise 328
Aber diese Kühle und
diese Verständigkeit zu verlieren, ist andererseits doch wieder der Zweck des
ganzen [sexuellen] Erlebens und so wird die ganze Bewegung wahrlich immer
hyperbolischer, wird immer mehr und mehr „eine ziemlich verzwickte Bewegung“,
deren geheimnisvolles Rotieren in den seltsamsten Konstellationen und Figuren
erfolgt[;] „nur die gerade Linie ist allgemein verhaßt“ (DiBi 125);
Zacharias
1937 Das Parallelenproblem und seine Lösung. Eine Einführung in die
hyperbolische nichteuklidische Geometrie
(Titel);
Weise 1966
Differentialgleichungen 10
Quasilineare hyperbolische
Differentialgleichungen mit zwei unabhängigen Veränderlichen;
Berl. Ztg.
19. 7. 2000
Die in zwei Richtungen gekrümmten Dachflächen, in der Sprache
der Geometrie „hyperbolische Paraboloide“ genannt, gelten . . als
Meisterleistung des ostdeutschen Ingenieurbaus.
Petri 1879 Handb. d. Fremdwörter 412
hyperbolisiren . . eine
Kegelschnittlinie ziehen.
Tizhoosh 1998
Fuzzy-Bildverarbeitung 189
Die menschliche Fähigkeit, Helligkeitsstufen
wahrzunehmen, ist nicht linear, sondern annähernd logarithmisch. Deshalb wurde
in der Literatur mehrfach argumentiert, daß statt einer Histogrammebnung eine
Grauwerttransformation stattfinden sollte, die dieser Charakteristik besser
gerecht wird. Die Histogramm-Hyperbolisierung ist ein Ansatz zur Realisierung
dieser Idee.