Mercedes-Benz Baureihe 111

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Mercedes 230 S
Mercedes 230 S

Der Mercedes-Benz W111 war das erste Oberklassen-Modell der Heckflossen-Familie des Fahrzeugherstellers Mercedes-Benz und trägt den Spitznamen „Große Flosse“.

Die im Vergleich zu den zeitgenössischen US-Fahrzeugen maßvollen Heckflossen wurden herstellerseitig „Peilstege“ genannt und galten so laut Mercedes als eine Art Einparkhilfe, welche klar das Ende des Wagens markierte. Der W111 folgte der bis 1959 gebauten großen „Ponton“-Serie W105 und W180 nach. Seine geradelinig elegante Karosserieform stammte vom damaligen MB-Chefdesigner Karl Wilfert und seinem Team. Ein weiterer Punkt dieser neu entwickelten Karosserie war die passive Sicherheit: Sie besaß eine stabile Fahrgastzelle und wirksame Knautschzonen. Bei dieser Baureihe wurde das Prinzip der Knautschzone weltweit zum ersten Mal im Automobilbau eingesetzt. Mercedes führte umfangreiche Crashtests durch, z. B. brachte man ein Fahrzeug mit 80 km/h über eine Rampe zum Überschlagen.

Produktionsbeginn war ab August 1959 und umfasste die Modelle 220b, 220 Sb, 220 SEb und ab 1965 den 230 S. Die Motoren der Limousinen waren ausschließlich Reihensechszylinder mit 95 bis 120 PS: 220b mit 95 PS, 220 Sb mit 105 PS, 220 S mit 110 PS, 220 SE und 230 S mit 120 PS. Das Endmodell 230 S verzichtete auf die aufwendige Einspritzanlage mit der Zweistempel-Pumpe und zwei Dreifach-Verteilern. Es erreichte stattdessen die Mehrleistung von 10 PS gegenüber dem sonst weitgehend gleichen Vergasermodell 220 S mit einer Hubraumerhöhung auf 2,3 Liter.

Das b in der Typenbezeichnung 220b oder 220 Sb setzte die Heckflossen-Baureihe ab 1959 von den typnamensgleichen Vorgängermodellen, der sogenannten „Ponton“-Serie ab. Die Basisversion 220b hatte im Gegensatz zu seinen stärkeren Brüdern kleinere, oben zur Heckmitte leicht abgeschrägte Rückleuchten mit weniger Chromzierrat und keine doppelten Stoßstangen.

Es gab neben dem Mercedes-Benz W111 noch zwei weitere Heckflossen-Baureihen: zum einen den ab 1961 gebauten „kleinen“ Mercedes-Benz W110, welcher einen um 14,5 cm kürzeren Vorbau aufwies, sowie den Mercedes-Benz W112 des Typs 300 SE, der ausgestattet mit dem Basismotor des Flügeltürers und Luftfederung das Topmodell der „Flossen“ darstellte. Diesem 300er vorbehalten war auch die optional um 10 cm verlängerte Variante „300 SE lang“, die ausgesprochen selten zu finden ist.

Produktionsende der Limousinen 220b, 220 Sb und 220 SEb war 1965. Lediglich der 230 S lief noch bis 1968 vom Fließband. Nachfolger war der ab 1965 gebaute W108/109.

Coupés und Cabrios

Markantes Detail: die verchromten Heckflossen der Limousine
Mercedes 220 S
Mercedes SE Coupé (1961–1971)
Mercedes-Benz 280 SE Coupé
Beim Coupé waren die Heckflossen nur angedeutet

In die Baureihen W111 und W112 eingeordnet wurden neben den viertürigen Fahrzeugen („Heckflossen“-Limousinen) auch die Coupés und Cabrios: in flacherem Design, mit verrundeten, nur noch im Ansatz erkennbaren Finnen. Im Rahmen der Eröffnung des Daimler-Benz-Museums in Untertürkheim am 24. Februar 1961 wurde der neue Mercedes-Benz 220 SEb Coupé präsentiert.

Als W111 gab es sie anfangs mit der gleichen Technik des Limousinen-Modells 220 SE als 220 SEb/C (Coupé und Cabrio). Im Gegensatz zum Vorgängermodell basierte das Coupé auf der ungekürzten Rahmenboden-Anlage der zugehörigen Limousine und war somit ein vollwertiger Viersitzer. Coupé und Limousine hatten auch stilistisch zahlreiche Gemeinsamkeiten. Umso mehr überrascht, dass von den Rohbauteilen des Viertürers nicht ein einziges für das Coupé/Cabrio verwendet werden konnte. Vielmehr basierten ca. viermal mehr Teile des Coupés und des Cabrios auf Handarbeit als bei der Limousione. Man kann bei den C-Modellen auch durchaus von den letzten weitgehend in Handarbeit gefertigten Mercedes-Modellen sprechen. Dies führte auch zu dem fast doppelt so hohen Kaufpreis der Coupés und Cabrios.

Der 220 SEb/C hatte als erster Mercedes-Benz-Serien-Personenwagen Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Die originale Typbezeichnung „SEb/C“ war einzigartig, da sie einerseits den Unterschied zum Vorgängermodell Ponton (SE bzw. SEa) darstellt, unmittelbar darauf aber wieder mit Einführung des annähernd baugleichen 250 SEC (C=Coupe) verworfen wurde. Der 220 SEb/C kann somit als Paradestück in der Mercedes-Geschichte gewertet werden und wird zukünftig als Original gerade in der Cabrioausführung noch mehr begehrt werden.

In der Zwischenzeit wurden vom Typ 220 SE viele Coupès zu Cabrios umgebaut, da im Gebrauchtmarkt wesentlich höhere Verkaufspreise zu erzielen waren. Originale Cabrios sind an den Schlüsselnummern (Fahrgestellnummern) 111.023 erkennbar. Einem erheblichen Teil der umgebauten Modellen fehlt es an Stabilität, da z. B. die Seitenschweller beim Cabrio verstärkt waren und z. B. der Mitteltunnel als Verstärkung weitgehend verkleidet war.

Ab 1965 kamen dann die (Zwischen)-Modelle 250 SEC mit 150 PS, mit den Motoren der Baureihe W108/109. Darüber hinaus wurden sie, wie auch die Dreiliter-Modelle, mit den 14-Zoll-Rädern und den größer dimensionierten Scheibenbremsen der Oberklasse-Baureihe 108 ausgerüstet. Ab 1967 wurden sie als 280 SEC mit 160 PS gebaut. Die Spitzenmotorisierung war dann in der Baureihe W111 (Stahlfederung) ab 1969 der Achtzylinder mit 200 PS und 3,5 Litern Hubraum das 280 SE Coupé 3.5. Diese so genannten „Flachkühler“- Coupés und -Cabrios sind die begehrtesten Fahrzeuge dieser Bauserie.

Derzeit sind besonders die originalen Modelle der erste Serie stark im Aufwind und schließen preislich zu den späteren Modellen auf. Der W111 kann als 220 SEb/C als Übergang von der Vorkriegs- zur Nachkriegstechnik gesehen werden. Optisch ist dies am W111 vom Hochkühler zum Flachkühler sehr gut nachvollziehbar.

Die 300er Modelle spielen auch heute eine eher untergeordnete Rolle. Zum Einen sind einige 300er-spezifische Ersatzteile ausgesprochen kostspielig und teilweise auch schwer beschaffbar, zum anderen stellt die filigrane Technik der Luftfederung den weniger bewanderten Mechaniker vor erhebliche Probleme.

Durch den versuchsweisen, oft unnötigen Tausch von teuren Bauteilen und Reparaturen durch diagnostisch schwaches Werkstattpersonal hat die Luftfederung inzwischen – größtenteils unverdient – den Ruf eines widerspenstigen technologischen Irrwegs; tatsächlich aber ist eine einwandfrei instandgehaltene und gewartete Luftfederung für den ambitionierten Fahrer ein Quell der Freude. Jedoch gibt es immer noch genügend Fachwerkstätten, die sich auf eben diese Fahrzeugtypen spezialisiert haben und exzellente Arbeit abliefern.

Da vom W111 nur knapp 8.000 Cabriolets gebaut wurden, werden die Preise mittelfristig gerade für gut erhaltene Exemplare der 1. Serie stark steigen. Ein gepflegtes, originales Flachkühler-Cabrio im Zustand 2 wird derzeit schon mit bis zu 135.000 Euro gehandelt. Die Nachfrage nach Hochkühlermodellen wird wohl in Kürze die geschichtlich wesentlich weniger interessanteren Flachkühlermodelle überholen und entsprechende Auswirkungen auf die Preise haben.

Die zur gleichen Zeit angebotenen Typen 300 SE Coupé und 300 SE Cabriolet, die gewissermaßen durch einen Griff in den Baukasten entstanden waren, spielten den Verkaufszahlen zu urteilen kaum eine Rolle. Die Karosserie der entsprechenden 220 SEb-Varianten wurden mit zusätzlichen Zierelementen versehen und mit der Technik des Typs 300 SE kombiniert. Dementsprechend waren die neuen Exklusivmodelle, die wie die zugrundeliegende Limousine der Baureihe 112 angehören, mit einer ganzen Reihe technischer Besonderheiten ausgestattet. Zur Grundausstattung gehört ein Leichtmetallmotor mit drei Liter Hubraum, ein Viergang-Automatikgetriebe, Servolenkung, Luftfederung sowie eine Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrädern. Der zusätzliche Chromschmuck besteht aus einer von den Scheinwerfern bis zu den Heckleuchten durchgehenden Chromleiste in der Längssicke sowie einer ausgeprägten Zierleiste an den vorderen und hinteren Radläufen. Ab März 1963 waren 300 SE Coupé und Cabriolet sowie die Limousine auf Wunsch auch mit Viergang-Schaltgetriebe lieferbar; der Listenpreis reduzierte sich in diesem Fall um 1400 Mark. Im Januar 1964 wurde die Motorleistung auf 125 kW (170 PS) erhöht. Ein Umstellen der Einspritzanlage auf eine Sechsstempel-Einspritzpumpe ermöglichte diese Leistungssteigerung.

Im Mai 1971 endete die Produktion der Sechszylinder-Coupés und -Cabriolets. Als zwei Monate später auch die Fertigung der Achtzylinder-Varianten eingestellt wurde, ging die mehr als zehn Jahre währende Ära der Coupés und Cabriolets der Baureihen 111 und 112 zu Ende. Insgesamt sind im Werk Sindelfingen 28.918 Coupés und 7.013 Cabriolets entstanden. Die höchste Produktionsstückzahl innerhalb der Modellfamilie erreichte das 220 SEb Coupé mit 14.173 Einheiten.

Aufgrund der erheblich höheren erzielbaren Verkaufspreise wurden in den vergangenen Jahrzehnten hunderte Coupés zu Cabrios umgebaut. Bei Beschaffung eines Cabrios ist daher ein äußerst penibler Check der Originalität vonnöten. Wichtigste Indizien sind die Fahrgestellnummer und der Bodentunnel. Neben korrekten Umbauten gibt es auch schlecht gemachte: Das echte Werks-Cabrio hat zur Erhöhung der Karosserie-Verwindungssteifigkeit einen von unten geschlossenen Getriebetunnel und verstärkte Innenschweller. Auch ein in allen Details optimal umgebautes Coupé wird jedoch den Wert eines Werkscabrios nicht erreichen.

Kombi

Neben Limousine, Coupé und Cabrio gab es von den W110 und W111 Versionen auch einige Sonderaufbauten als Krankenwagen/Ambulanz, Leichenwagen und Kombiwagen. Zumeist wurden diese als CKD (teilweise gefertigte Karosserien) vom Werk Sindelfingen an die diversen Karossieriefirmen ausgeliefert. Binz (in Lorch, Baden-Württemberg) und Christian Miesen fertigten zumeist Ambulanzen, aber auch Lieferwagen und Kombis. Pollmann, Welsch, Stolle. Pilato und andere fertigten in erster Linie Bestattungsfahrzeuge. In sehr geringer Stückzahl wurden auch Kombis von den Firmen Jauernig (Österreich), Marbach (Schweiz), Movauto (Portugal) und Hägele gefertigt. Die Fahrzeuge, die unter Lizenz bei der Firma I.M.A. in Mechelen (Belgien) unter dem Namen Universal gefertigt wurden, waren ausschließlich Kombi. Im Jahr 1965 war zuerst die W110-Version nur als 190 D erhältlich. Später wurden dann vier Modelle angeboten: 200, 200 D, 230 und als einziger W111 der 230 S. Insgesamt liefen 2754 Heckflossenkombis vom Band. In geringen Stückzahlen wurden auch normale Heckflossen-Limousinen hergestellt. Am Ende liefen auch wenige Limousinen des Nachfolgetyps W115 vom Band. Das Unternehmen I.M.A. ging 1968 in Konkurs.

Sonstiges

In der Fernsehserie Um Himmels Willen fahren die Schwestern des Klosters Kaltental einen Wagen dieser Baureihe, und in der Fernsehserie Großstadtrevier der Polizist Dirk Matthies (alias Jan Fedder) ebenfalls.

Weblinks

Commons: Mercedes-Benz W111 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien