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Deutsches Fremdwörterbuch : "Horror"
 
Deutsches Fremdwörterbuch
Horror
M. (-s; ohne Pl.), seit Anfang 18. Jh. nachgewiesene Entlehnung aus lat. horror ‘das Sichaufsträuben, Zu-Berge-Stehen der Haare, Starrsein (vor Entsetzen), Schauder(n), Grausen’ (zu horrere ‘erschauern, schaudern, sich grausen, entsetzen’, eigentlich ‘starr sein, erstarren; sich auf-/emporsträuben (von Haaren)’, → horrend; bis Mitte 19. Jh. überwiegend in der frz. Form Horreur (s. u.), danach in der relatinisierten Form Horror.
1 Zunächst bis Ende 18. Jh. als medizinerlat. Terminus (in der Tradition der römischen Heilkunde) mit der Bed. ‘Fieberschauer, Schüttelfrost’.
2a Seit späterem 18. Jh. vereinzelt nachgewiesen neben der häufigeren frz. Nebenform Horreur (s. u.), seit Mitte 19. Jh. diese verdrängend (im eventuell studentenspr. oder auch unter engl. Einfluss erfolgten Rückgriff auf das Lat.) in der Bed. ‘(auf Erfahrung, Vorwissen, Kenntnis beruhende) Angst, Abscheu, Erschauern/Schauder, (Er-)Schrecken, Grausen, Zurückscheuen (vor etwas/jmdm., z. B. einem furchteinflößenden Menschen, Tier oder Wesen, einem befürchteten Erlebnis, künftigen Ereignis), Widerwille, Abneigung, sich damit zu befassen’ (vgl. Rochus), bis heute in lat. Syntagmen wie Horror mortis, Horror naturalis und v. a. Horror vacui als Bezeichnung für eine aus der scholastischen Naturphilosophie stammende und bis zur Entdeckung des Luftdrucks herrschende Vorstellung, die Natur habe die aktive Eigenschaft, jedes Vakuum (aus Abscheu vor der Leere) auszufüllen, sowie von daher in der Kunstwissenschaft für eine das Ornament zur Füllung leerer Flächen bevorzugende Stilform, auch allgemeiner mit Bezug auf den (modernen) Menschen und sein Lebensgefühl ‘Vorstellung des Nichtseins; Sinnentleerung’ (s. Belege 1848, 1985), sowie in Wendungen (meist mit Präpositionalobjekt) wie (einen) Horror vor dem nächtlichen Gang über einen Friedhof haben, er hegte einen Horror gegen alles Weibliche, Horror empfinden vor bestimmten Leuten, ich habe einen wirklichen, wahren Horror vor der Krankheit, der Militärdienst ist für ihn der absolute Horror, seit spätem 20. Jh., wohl wiederum unter Einwirkung von engl. horror(s), in der Bed. ‘(unerwartetes) fürchterliches Erlebnis, schreckliches Vorkommnis, Ereignis, grausiger Vorgang, Anblick; (dadurch hervorgerufener) schreckerfüllter Zustand, heftig empfundener Schrecken, Entsetzen über etwas’ (s. Belege 1994, 1999, 2004), z. B. der ganze Horror des Todes, der blanke Horror packt ihn, jede Nacht fiel mich der Horror an, der Horror der Nazi-Zeit, der Vernichtungslager, mit der Zeit wurde ihm die Schule zum Horror, der Aufenthalt im Gefängnis war der absolute, reinste, blanke Horror, niemand mag sich diesen Horror ausmalen, einen heftigen Horror über das Massaker empfinden, häufig als Bestimmungswort in der Bed. ‘Angst, Schrecken, Grauen, Entsetzen erregend, verbreitend, damit verbunden, schrecklich; Schreckens-, Schock-, Grusel-’ und ugs. abgeflacht im Sinne einer emotional verstärkenden Vorsilbe ‘schlimm, beängstigend, unangenehm’ (→ horrend) in Zss. wie Horroraktion, -bande, -bericht/-meldung, -beziehung/-ehe, -erlebnis, -fahrt/-flug, -familie, -ferien, -frisur, -geschehen, -gestalt, -jahr, -zimmer, -katze, -kid/-kind, -lärm, -lawine, -leben, -maschine, -meldung, -musik, -pädagogik, -piste, -politik, -regime, -reise, -schilderung, -schloss, -staat, -stimmung, -szenario, -vision, -vorstellung, -weib, -winter, -zustand, (pleonastisch:) -schau(d)er, (in Verbindung mit Bezeichnungen für medizinische Zusammenhänge, Krankheitserreger, Krankheiten o. Ä.:) Horrorbakterien/-mikroben/-viren, -chemikalie, -diagnose/-prognose, -infektion, -krankheit, (bes. im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch:) Horrordroge, -entzug und v. a. -trip (vgl. engl. bad trip) ‘durch den Genuss von Rauschmitteln hervorgerufener schlimmer Rauschzustand mit Panikgefühlen’, gelegentlich kurz dafür (s. Belege 1979, 1982, 1984; vgl. auf (den) Horror kommen), auch allgemeiner ‘unangenehme Fahrt, Reise voller Schrecken’, daneben im weiteren Sinne einer quantitativ verstärkenden Vorsilbe in der Bed. ‘unvorstellbar, ungeheuer, übermäßig, maßlos, übertrieben (groß, stark, viel); Riesen-, Mords-, Wahnsinns-’ (→ horrend; vgl. Giga-, giga-, → Gigant, Mega-, mega-) in Zss. (in Verbindung mit Bezeichnungen für Quantifizierbares) wie Horrorberechnungen, -betrag, -bilanz, -gagen, -gebühren, -gehalt/-honorar, -kosten, -miete, -preis, -rechnung, -summe, -tarif, -verschuldung, seltener als Grundwort alternierend mit -angst, -grauen, -schrecken, -schock (vgl. -terror) in Alltags-, Atom-, Autobahn-, Beziehungs-, BSE-, Drogen-, Euro-, Familien-, Ferien-, Gen-, Halloween-, Hitchcock-, Hunger-, Jugend-, Konsum-, Kriegs-, KZ-, Massen-, Medien-, Miet(preis)-, Nachrichten-, Nazi-, Pisten-, Psycho-, Spinnen-, Stau-, Straßen-, Umwelt-, Unfall-, Verkehrs-, Weihnachts-, Zukunftshorror.
Daneben das ältere, vom frühen 18. bis Anfang 20. Jh. nachgewiesene, aus frz. horreur (s. o.) übernommene weitgehend gleichbed. Modewort Horreur M. und F. (-s; -s), auch Horeur, zunächst in frz. Syntagmen wie à l’horreur, oft (als Interjektion) (quel) horreur!, im Pl. auch ‘abscheuliche, schreckliche Dinge, Äußerungen; Widrigkeiten, Gräuel’ und vereinzelt ‘Abscheu erregende Tat, fürchterliche Vorgehensweise, Entgleisung, Schreckenstat’ (s. Beleg 1870).
Bereits seit Mitte 17. Jh. das aus frz. horrible entlehnte, über gleichbed. lat. horribilis ebenfalls auf horrere, s. o., zurückgehende, bildungsspr. Adj. horribel, auch in der (frz.) Form horrible (s. Belege 1848, 1996), in der lat. (flekt.) Form und in lat. Syntagmen wie horribile dictu/visu ‘schrecklich zu sagen/sehen’, annus horribilis ‘Schreckensjahr’, meist in der abwertenden Bed. ‘schrecklich, entsetzlich, abscheulich’, insbes. im Zusammenhang mit ästhetischen Bewertungen und Urteilen, z. B. horrible Ereignisse, ein derartig horribles Verbrechen, eine horrible Schlagzeile, eine horrible geschmackliche Entgleisung, diese Tapete ist einfach horribel!, mir ist diese Vorstellung horribel, der schwarze Panther ist von horribler Schönheit, wirklich horrible Synthesizer-Kompositionen (→ horrend), selten steigernd ‘ungeheuer, überaus (hoch, stark o. ä.)’ (s. Belege 1784, 1859, 1861, 1934), z. B. das horrible Ausmaß der angehäuften Schwierigkeiten, die Aufführung war horribel schlecht, die Arbeitslosigkeit unter Schwarzen liegt bei horriblen 40 Prozent, die horrible Verteuerung der Heizölpreise (→ horrend), mit dazugehörigem, seit Mitte 19. Jh. belegtem Horribilität F. (-; ohne Pl.) ‘Schrecklichkeit, Furchtbarkeit, Fürchterlichkeit’, vereinzelt auch mit Bezug auf Menschen ‘schreckliche Person’ (s. Beleg 1997); in der ersten Hälfte des 20. Jhs. vereinzelt, in neuester Zeit häufiger bezeugt die latinisierende, oft ironisch gebrauchte verbale Ableitung horrifizieren V. trans. ‘als schrecklich darstellen, schildern; verabscheuen’, z. B. Ideologie und Terror der Rebellen werden horrifiziert, in der präd. und adv. verwendeten Part. Präs.-Form horrifizierend ‘schreckenerregend’ (s. Belege 1993, 2002).
b Seit Mitte 19. Jh. (erneut unter engl. Einfluss), zunächst vereinzelt auf engl. Verhältnisse bezogen, als Sammelbezeichnung für den Gegenstand eines im 19. Jh. (durch E. A. Poe, B. Stoker u. a.) begründeten Genres fiktiver Unterhaltungsliteratur mit den Merkmalen des Grauenerregenden, Abstoßenden, Unrealistischen, im Verlauf des 20. Jhs. weiterentwickelt zum Gattungsbegriff eines einschlägigen Theater- und insbes. Filmgenres sowie der entsprechenden Kunst-, Musik- und Travestieszene (vgl. Fantasy, Gothic, Science Fiction, Splatter, Trash), als Grundwort in Zss. wie Action-, Cyber-, Fantasy-, Fernseh-, Film-, Geisterbahn-, Grusel-, Hollywood-, Kino-, Kult-, Science-fiction-, Splatter-Horror, häufiger als Bestimmungswort in Horrorautor, -clip, -comic, -darsteller, -effekt, -element, -erzählung, -fan/-freak/-freund, -figur, -fiktion, -fratze/-maske, -genre, -kabinett, -pandämonium/-panoptikum, -parodie/-persiflage, -kino, -kitsch, -klamotte, -krimi, -kunst, -magazin, -manier, -motiv, -revue, -roman, -show, -serie, -spannung, -stück, -szene, -video, Horror-Festival, -Fiction, -Groteske, -Happening, -Hefte, -Klassiker, -Kulisse, -Kult, -Literatur, -Musical, -Spektakel, -Streifen, -Unterhaltung, -Welle und v. a. Horrorfilm ‘Filmgenre, das dem Zuschauer grausige, fantastische, makabre, unheimliche, dämonische und lebensbedrohende Ereignisse vor Augen führt und somit eine furchterregende, gruselige Atmosphäre vermitteln will’.
Dazu seit jüngerer Zeit die adj. Ableitungen horrorartig, -haft, -mäßig und okkasionelles horrorig (zu 2a und b).

Belege

zu Horror 1 (6)
Woyt 1709 Gazophylacium 425
Horror, ein Schauer/ man pflegt zu sagen/ mir kommt ein Schauer an/ oder mir grisselt und schauert die Haut;
Zedler 1735 Universallex. XIII 947
Horror; ein Schauer; man pfleget zu sagen, mir kommt ein Schauer an, oder mir schäuert und grieselt die Haut;
Haller 1772 Medicin. Lex. 774
Horror . . ein Schauer, Schauder; ist eine besondere Empfindung einer kurz vorbeygehenden subtilen Kälte, die einem zumal über den ganzen Leib gleich unter der Haut wegfähret, aber doch so durchdringend ist, und tief gehet, daß sie allezeit mit einem Zittern, dem wir nicht widerstehen können, verknüpft ist;
Schiller 1780 Dissertation (XVII 134)
Der Horror, der den Febrizitanten schüttelt;
Danz 1793 Semiotic 83
Mit Schauer – horror – fangen die meisten Fieber an, und er ist ein Beweis der Ansteckung. Mit Müdigkeit, Kopfweh verbunden, geht er öfters der monatlichen Reinigung voraus. Obgleich ein starker Horror für sich ein gutes Zeichen ist, . . so zeigt er doch, wenn er heftig ist, eine stark wirkende Ursache, und eine schwere Krankheit an;
ebd. 84
Ueberhaupt ist horror ein böses Zeichen, wenn er in hitzigen Krankheiten häufig repetirt . . Bey schon vorhandenen Entzündungen verräth Horror anfangende Eiterung, oder mit übelen Symptomen verbunden, den Brand.
zu Horror 2a (26)
1762 (Moser 1786 Patriot. Archiv IV 506)
Sie kennen . . meine Eigenheiten, meine Gesundheit und, was das schlimmste unter allen ist, meine entschiedene Abneigung und Horror vor alles, was bey Ihnen und den mehresten unserer Deutschen Fürsten-Höfe Dienen heißt;
Wieland 1778 (1798 S. W. Suppl. V 134)
Eine begrabne Frau hinterließ bey ihm keine andere Erinnerung, als die ihn ungeduldig machte, ihre Stelle wieder mit einer lebenden zu besetzen. In diesem Stücke war sein Horror vacui ganz außerordentlich;
ders. 1789–94 Üb. d. frz. Revolution (1797 S. W. XXIX 201)
den horror naturalis der menschlichen Natur vor – Laternenpfählen;
Kohl 1844 Brit. Inseln I 466
Wenn die Engländer über das amerikanische „spitting“ die Augen verdrehen, so zeigen die Amerikaner den größten „horror“ (Abscheu) vor dem Schmutz, in dem die geringeren Classen in England leben;
Nordau 1848 Lügen 53
Man spricht vom horror vacui der Natur. Ganz so groß ist der horror vacui des menschlichen Denkens . . die Vorstellung des Nichtseins;
Hundt v. Hafften 1863 Rechte I 178
das oft nicht zu verscheuchende Gefühl des horror vacui, welchen Schauder auch gewöhnliche Menschen kennen;
Scheibert 1879 Offizier-Brevier 29
Die meisten Offiziere haben einen wahren Horror vor der Militairphilosophie;
1896 Grenzboten I 262
Man hat trotz allen Geschichtsunterrichts in unsern Schulen . . einen wahren Horror vor den Lehren der Geschichte;
Zobeltitz 1902 Papierene Macht I 17
einen wahren Horror vor Schokolade;
zur Megede 1911 Quitt 84
empfand den begreiflichen Horror des Herrenkindes vor der erdrückenden Atmosphäre all dieser Baumhütten da;
Klemperer 1924 Tagebücher 804
Einen Horror vor den Widerwärtigkeiten der kommenden Woche habe ich doch;
ders. 1931 dass. 733
Das Müde usque ad mortem wird jeden Tag wahrer, u. der Horror mortis jeden Tag größer;
Ortega y Gasset 1943 Wesen (Übers.) 41
Aber die menschliche Existenz hat einen Horror vor der Leere . . horror vacui;
Th. Mann 1954 Krull (W. VII 513)
geringe Reiselust, wie leicht fällt die ins Gewicht gegen meinen Horror, Paris zu verlassen!;
Süddtsch. Ztg. 7. 4. 1959
manche unterschreiben blind, weil sie so’nen Horror vor den ganzen Sachen haben;
Welt 4. 6. 1974
Einige westliche Staaten wollen . . auf die Entfaltung des Sozialismus Einfluß nehmen . . Davor hat der Sowjetblock . . einen unverkennbaren Horror;
Christiane F. 1979 Zoo 61
Der Trip war unheimlich Schau gewesen. Ich war froh, dass ich nicht auf Horror gekommen war (DUDEN 1999);
Bron 1982 Drogenabhängigkeit 96
Vor einer Woche habe sie ihren zweiten Trip eingenommen und sei auf den Horror gekommen;
ebd. 131
intrapsychische Spannungen und Konflikte sowie reaktive Momente und äußere Faktoren [dürften] oft ausschlaggebend sein. Einige Patienten beobachteten regelmäßig, daß sie bei schlechter psychischer Ausgangssituation immer „auf den Horror“ gekommen seien;
Basler Ztg. 26. 7. 1984
probierte er auch Heroin. Doch was ihm ein Bekannter als seligen Zustand schmackhaft gemacht hatte, erlebte er als Horror (DUDEN 1999);
Zeit 27. 12. 1985
die Sinnentleerung, der Horror vor dem Vakuum, der zahllose, besonders junge Menschen ergreift;
Salzb. Nachr. 28. 2. 1994
Die arabische Welt bebt in Zorn und Horror über das Massaker von Hebron, vom israelischen Präsidenten Weizman als „das schlimmste Ereignis in der Geschichte des Zionismus“ klassifiziert;
Berl. Morgenpost 19. 5. 1999
Stauuuuu!!! Der tägliche Horror für Autofahrer (Überschr.);
Berl. Ztg. 19. 5. 1999
Der wahre Horror steckt, so kann man bei Autoren wie Steven King lernen, im Alltäglichen;
Rhein-Ztg. 30. 11. 2001
Paul Klee baut seine kleinen Welten vielleicht psychologischer und ängstlicher, oft vom horror vacui (der Angst vor der leeren Fläche oder auch vor dem Aufhören) geführt;
taz 4. 2. 2004
Horror an Hildesheimer Schule (Überschr.) Neun Mitschüler quälten einen 18-Jährigen über Monate hinweg vor laufender Kamera.
zu Horreur (15)
Wellmann 1725 Denck-Mahl 73
Indessen versichere, daß Niemand . . so an dem boßhaft angelegten Brand einiges Theil haben möchte, im geringsten verschonet, sondern nach Rigueur wieder alle Complices auch hiesiger Orten treulich verfahren werden soll. Denn ich sehe dieses ruchlose und höchststraffbare Unternehmen also an, daß ich meinen Horreur darüber nicht gnugsam entdecken kan;
1786 Journal d. Moden I 93
fanden den Fächer à l’horreur;
Schlözer 1790 Stats-Anzeigen XIV 61
die Wächter der geheiligten Person des Monarchen, werden massacrirt; und mitten durch die rauchenden Ueberreste dieser blutigen Leichname, sucht die königliche Familie ihre Rettung: nur noch Einen Schritt weiter, so ist das größte aller Verbrechen ausgefürt . . Tag des Horreurs und des Fluchs, warum kan ich dich nicht vor den kommenden Jarhunderten verbergen!;
Schiller 1799 Br. VI 116
Das bekannte Sonett hat hier eine böse Sensation gemacht, und selbst unsern Freund hat die Damenwelt verführt, es in Horreur zu nehmen;
Ranke 1830 Br. LIII/LIV 239
Die Armuth, die ich dort [in Berlin] vor mir sehe, die tausend Bedrängnisse von dem klatschenden Geschlecht, die Abhängigkeit von den Studenten: horreur!;
Imhof 1831 Br. 104
alle horreurs des Quartiersuchens;
Oettinger 1833 Confiscirte Eulenspiegel I 171
Der Scheerenheld versprach: die Hosen mit Anbruch des folgenden tages wiederzubringen, aber quel horreur! er hielt nicht Wort;
1849 Hofdamen-Br. 240
ganz enorme Riesenfahnen schwarz-rot-gold, die Horreur von uns Gutgesinnten;
Ehrlich 1858 Abenteuer I 103
sie hatte wahre „horreur“ vor allem Ernsthaften [in der Unterhaltung];
1860 Westermann’s Monatsh. IX 276
Bei meiner ewigen Ungnade befehle ich Dir, nicht hierher in’s Kloster zu kommen. Keine verrufene Magd wird hier geduldet; der ganze Adel, insonderheit unsere theure Aebtissin haben einen Horeur vor Dir;
Gutzkow 1869 Kastanienwäldchen (XII 40)
[daß sie vor] seinem Verschmähen aller Sauberkeit, Ordnung und Seife ein „horreur“ gehabt hätte;
Petersen 1870 Genrebilder 189
Nur kein weiteres Naserümpfen . . und kein „Horreur!“, wenn ich bitten darf;
Fontane 1870 Br. II 2,326 f.
Das Zitat kann Ihnen als Denunziation auf Mitschuld und die Parallele zwischen „Nathan“ und den „Webern“ als Hochverrat und jedenfalls als ein „horreur“ angerechnet werden;
Nordau 1881 Paris I 179
Eine Dame wird natürlich nie einen Absinth nehmen . . und sie ruft mit allerliebst gespieltem Entsetzen „horreur!“ wenn man vor ihr die vulgären Worte „la goutte“ oder „la rincette“ auszusprechen sich vermißt;
1903 Grenzboten III 776
da geht ihr allmählich auf, daß es doch nicht der Rechte ist, sodaß es – horreur – zur Scheidung kommt.
zu horribel (27)
Schildknecht 1652 Harmonia III 28
weil aber dises, was ich noch zurücke behalte, ziemblich horribel zugehet . . will ich lieber davon still schweigen;
Dippel 1700 Wassertauff 13
Dieses letztere schiene vielen horribel, das erste aber noch gefährlich;
1705 Auserl. Anm. II 182
wenn nicht ein horribler Comet das Römische Blutbad einige Jahre vorher schon beschlossen hätte;
Wächtler 1709 Manual 154
Horrible, erschrecklich/ abscheulich/ z. E. es ist horrible anzusehen;
Sperander 1727 A la Mode-Sprach 293
Horrible. Idem, wie Horrend;
1730 (1907 Archiv f. Kulturgesch. V 51)
[Fahrt Amsterdam-Lissabon bei Gegenwind und Donnerwetter] so horrible auf dem Meer angesehen;
Ayrenhoff 1771 Postzug 34
was für ein horribler Geruch? Haben Sie denn gern die stinkenden Hasen in Ihrem Zimmer?;
Dippel 1784 Analysis 8
weil sie so horribel-gelehrte Mathematici gewesen;
ebd. 18
da es dann mit der Liebe gethan wäre, und zu einer horribelen Bataille käme;
Schiller vor 1805 Br. I 34
Mir hat vor seiner [Ramdohrs] horribeln Philosophie gegraut (KEHREIN);
ebd. I 263
Die Vorrede ist wieder etwas Horribles (KEHREIN);
Zelter 1829 (Briefw. Goethe-Zelter V 341)
horribles Getöse;
Burckhardt 1844 Br. an Kinkel 81
denn große Aufregungen würden in unsren jetzigen Zuständen horribel aufräumen;
Lentner 1848 Veränderungen 277
Diese Art von Rache eines Eifersüchtigen ist mir neu, ist horrible!;
1859 Briefw. Burckhardt-Heyse 85
eine horrible Abneigung gegen historische Ehrenstatuen;
Werther 1861 Kl. Deutschland I 245
Es soll sie gleich ein Kreuzdonnerwetter erschlagen, wenn ich noch einmal eine solche horrible Disziplinwidrigkeit bemerke;
Fontane 1870 Br. II 1,280
nach einer horriblen Fahrt von 6 Tagen und 6 Nächten;
Kerr 1896 Br. a. d. Reichshauptstadt 136
Es ist fatal, daß diese Kochkunstausstellung an zwei räumlich getrennten Orten stattfindet, im alten Reichstag und in einem – horribile dictu – Eisenbahn-Betriebsamt in der Königgrätzer Straße;
Selbitz 1906 Weiss-Blau 60
Entsetzlich! Horribel! Schauderös!;
Klemperer 1934 Tagebücher 130
Durch das bloße Unauffälligmachen im Druck also ist dem Volk die Sache in ihrer horriblen Wichtigkeit verborgen worden. Sind die Nazis nun Meister im Behandeln der öffentlichen Meinung oder nicht?;
Meier 1978 Prozesse 15
sowohl was den „Prozeß“ wie was das – horribile dictu – System angeht;
Mannh. Morgen 8. 8. 1987
Die Opiatgabe vermag diese Schmerzen zu betäuben. Und dies, entgegen dem Irrglauben von den horriblen Folgen einer Morphium-Behandlung, ohne den Verstand des Patienten zu trüben;
taz 12. 3. 1990
Monstrum und Gentleman . . Die Spaltung eines Individuums in eine honorige und eine horrible Persönlichkeit [Dr. Jekyll und Mr. Hyde];
Presse 16. 8. 1993
Die Fremdenführerin schildert von Pestleichen, Toten, die in Leinensäcken in die Gruft abgeseilt wurden . . Der Höhepunkt der horriblen Stadtführung ist . . erreicht;
Oberösterr. Nachr. 29. 6. 1996
es hört sich horrible an, wenn Knochen bersten, splittern, krachen, und es dauert manchmal eine Ewigkeit, bis derart komplizierte Brüche heilen;
Presse 5. 5. 2000
Ein horribler Reggae-Song, die gehetzte Version des 82er-Disco-Hits;
taz 21. 5. 2004
zog aus einer Plastiktüte eine horrible Herrenunterhose Marke Schießer Feinripp.
zu Horribilität (6)
Neubert 1854 Dtsch. Mag. f. Garten- u. Blumenkunde 234
wer die Lebensbeschreibungen der mit Leim fangenden Droseraceen . . sowie ihre Anlockungen der Insekten zum Ansitzen und Ertränken, wodurch die Pflanzen immer frischen Cadaver-Mist in ihren Blättern sich bereiten, betrachtet . . Wer ferner die Brechwurzel Ipecacunnlia kennt, und das Violin (chemisch bereitet) versucht, wird bald . . an die Horribilität aller Violae glauben;
Caro 1863 Gesch. Polens II 414
Daß „Böhmen am Meere“ liegen soll, hat den Auslegern des Dichters viel zu schaffen gemacht; dieselbe geographische Horribilität finden wir bei Greene;
Cohen 1915 Mozarts Operntexte 60
Den ganzen Ernst, die ganze Horribilität der Grausamkeit hat die erste Arie, besonders in ihrem zweiten Teil: „Drum beim Barte des Propheten“;
Mander 1965 Shaw 24
Shaw kehrte die Horribilität des Themas zur Komik um, nicht, indem er die Figuren melodramatisch in Schurken und Helden aufteilte, sondern indem er das Thema als ein Beispiel für menschliche Heuchelei behandelte;
Urzidil 1972 Bekenntnisse e. Pedanten 89
Keinesfalls entschuldigt ihn hiebei die Ironie, mit der er sich über seine Horribilität amüsiert, hinter der selbstverständlich starke Minderwertigkeitsgefühle staken;
Presse 7. 10. 1997
Die Hausmeisterin ist zwar nicht mehr die klassische Horribilität Doderers, aber in Wien ist’s noch immer geraten, mit ihr gut auszukommen.
zu horrifizieren (5)
Morgen 1936 Kriegspropaganda 18a
glorifiziert die eine Propaganda den Krieg, so horrifiziert ihn die andere;
taz 1. 3. 1991
Indem die Technologie das Nichtmachbare zum Machbaren erklärte, horrifizierte sie gleichzeitig den Teil des Nichtmachbaren, der außerhalb ihrer Reichweite lag;
ebd. 15. 12. 1993
Kulturpolitische Meldungen sind derzeit ja grundsätzlich horrifizierend;
ebd. 25. 10. 2002
dem deprimierenden Anblick einer Person zu entgehen, die hausbackene Schlichtgestricktheit [und] maximale Aufdringlichkeit . . horrifizierend in sich vereint;
Zeit 1. 7. 2004
John hatte wahrheitswidrig behauptet, es gäbe geheime Zusatzabsprachen zum Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, den die Ostblock-Propaganda horrifizierte.
zu horrorartig (2)
Zeit 3. 10. 1986
eine Zivilisations-Revue von (männlichen) Rollen-Projektionen und (weiblichen) Gegenentwürfen aus zwei Jahrhunderten. „Das Horrorartigste, was wir je gemacht haben“ . . „ganz wahnsinnig alles“;
ebd. 30. 10. 1999
In den USA hat das Wort ‘Deutsche’ noch immer einen horrorartigen Beiklang . . Explizit oder implizit taucht das Nazi-Erbe immer wieder in den ethnologischen Studien auf.
zu horrorhaft (1)
taz 19. 9. 1989
Durch die Größe des Panzers vermummte Gestalten, die Kanone nach vorn gerichtet, mit lautem baßdröhnendem Motor wird so eine Begegnung am frühen Sonntagmorgen zu einem horrorhaften, bleibenden Erlebnis für die ganze Familie.
zu horrorig (1)
St. Galler Tagbl. 3. 12. 1999
Das Tagblatt vom 24. November machte mich sehr traurig. Die Salzkorn-Rubrik ist meiner Meinung nach echt horrorig. Wo ist da noch Respekt vor werdendem Leben?
zu horrormäßig (2)
taz 16. 11. 1991
„Wir schämen uns“, sagt der Sprecher des Ensembles, „das wird horrormäßig“, und meint die Premiere der Rossini-Oper heute abend im Schlachthof. Orchester miserabel, Kulisse lächerlich, Dirigent unfähig;
ebd. 24. 3. 2000
ihr männlicher Mitbewerber habe einen „horrormäßig guten“ Punktestand erreicht. Der Mann hatte den Test nachweislich nie gemacht.
zu Horror 2b (6)
Niendorf 1855 London 58
Die Karikatur und die jetzt so beliebten ‘horrors’ [in London] verdrängten alles Andere, jede wahre Kunst von der Bühne;
Offenburger Tagebl. 26. 1. 1971
Geistvolles Spiel mit dem Horror (Überschr.) Joe Orton . . unter schaurigen Umständen ermordet . . hat die angelsächsische Tradition des absurden Horrors, der skurrilen Kriminalphantasie, in vollem Maße aufgenommen;
Zeit 29. 3. 1985
Die Standuhr schlägt, bald wird Mitternacht sein. Es herrscht eine Atmosphäre von gepflegtem Horror – gleich könnte der Vampir kommen oder der Würger. Gleich könnte es spannend werden;
taz 19. 8. 1993
greift neben den klassischen Horror- und Fantasy-Themen wie unheimliche Häuser . ., Seelen in falschen Körpern . ., zu groß geratenen Insekten . . und Druidenmysterien . . die Ängste der 90er auf . . das Fantasy Filmfest . . bietet 30 Filme der Genres Horror, Splatter, Grusel, Science Fiction, Fantasy und Psycho;
St. Galler Tagbl. 29. 10. 2001
im Intercity Zug . ., wo Tante Hilde ihrem Neffen Siggi die Reisezeit durch Geschichtenerzählen verkürzt. Statt „Pu der Bär“ wünscht sich das Kind „mehr Spannung, Blut und Horror“. Da bietet das Mittelalter genug Stoff: Ritterkämpfe, Drachen, Krieg, Intrigen und Rache, Mord und mörderische Liebe;
Mannh. Morgen 14. 1. 2005
Im aufgeräumten Zimmer des Angeklagten, so Habermehl, standen bei der Durchsuchung Hardcore-Pornos sowie Horror- und Gewaltvideos im Regal.
zu horrorartig (2)
Berl. Ztg. 15. 4. 1999
in einem Haus in Cincinnati, das buchstäblich vom bösen Geist der Erinnerungen beherrscht wird. Unbescholtene Küchen färben sich blutrot, Spiegel fallen von Wänden und Möbel rasen durch Räume, in denen doch kein Lüftchen weht. Alle Vergangenheit und Zukunft wird auf diese Weise horrorartig ins Spirituelle verlegt;
Zeit 15. 11. 2000
dann überfallen horrorartige, mit dem Krieg entstandene anorganische Lebewesen, aggressive Metalltiere mit Namen wie Schnicker, Öl- oder Funkenfresser, die Waldbewohner und hinterlassen zerfetzte Kadaver.
zu horrorhaft (2)
taz 19. 5. 1999
Den Schauer des Unheimlichen machten sich nicht nur die Romantiker des 19. Jahrhunderts zunutze. Auch die Surrealisten, bis hin zu Trash, Gothic und allem Horrorhaften von „Frankenstein“ bis „Scream“;
ebd. 20. 11. 2004
Doris Day zittert in Designerroben und Hitchcock-Manier horrorhaft herrlich dem Nervenzusammenbruch entgegen.
zu horrorig (1)
Spiegel 4. 4. 1994
Barbara Steele, weiblicher Star des Vampirklassikers „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (1961), war mit ihrem wahnsinnigen Blick die unangefochtene Horror-Queen der sechziger Jahre. Jonathan Demme . . ist unter den Regisseuren, die sich aufs Erschrecken spezialisiert haben, die horrorigste Gestalt der Gegenwart.
zu horrormäßig (1)
taz 14. 1. 1989
Der junge Provinzautor Edgar Allen (nicht Poe) kommt nach Hollywood. Dort verselbständigen sich seine Horror-Geschichten ganz horrormäßig. Wer sich gruseln möchte . . schalte um 23.50 Uhr den Bayrischen Rundfunk ein.