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Billige Moral - DER SPIEGEL
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Briefe

Billige Moral
aus DER SPIEGEL 44/1994

Billige Moral

(Nr. 42/1994, Gesundheitspolitik: Interview mit Minister Horst Seehofer über die Zahnärzte und ihren Streik)

Was sich Seehofer in diesem Interview an böswilligen Unterstellungen, Verdrehung der Tatsachen und Unwahrheiten leistet, bringt selbst einen Nichtmediziner auf die Palme. *UNTERSCHRIFT: Mainz FRED BECKER

Ich rackere mich jeden Tag für meine Patienten ab, um ihnen eine moderne Zahnheilkunde zukommen zu lassen (für die in anderen Ländern mehr bezahlt wird) und muß mir von solchen Leuten ans Bein pinkeln lassen. *UNTERSCHRIFT: Augsburg DR. JOACHIM ZIMMERMANN

Angeblich soll sich doch Leistung wieder lohnen. Wer hätte in früherer Zeit gedacht, daß sich einmal CSU-Politiker so gut mit planwirtschaftlich linken Hohlköpfen verstehen würden. *UNTERSCHRIFT: Stuttgart DR. ERNST-PETER DRESCHER

Die 22 Milliarden Mark pro Jahr erhalten Zahnmediziner nicht, um sich teure Karossen und Villen zu kaufen, wie uns der Gesundheitskasper Seehofer weismachen will, sondern um die 32 faulen Zähne der Patienten zu sanieren. Wollt Ihr sparen, dann putzt Euch doch einfach die Zähne! *UNTERSCHRIFT: Homburg/Saar FRIDLEIF BACHNER Student der Zahnmedizin

Kein Zahnarzt-Funktionär hat mehr Geld von den Krankenkassen gefordert, sondern mehr Therapiefreiheit. Die Politik soll ruhig festlegen, wieviel Geld das Krankenversicherungssystem für die Zahnbehandlung aufwenden will. Seehofer kann von uns Zahnärzten dafür dann jedoch nicht jeden beliebigen Leistungsumfang verlangen. *UNTERSCHRIFT: Diekholzen (Nieders.) FRIEDRICH KARL SCHÜRMANN

Wenn Politikern die Sachargumente fehlen, appellieren sie, wie auch Seehofer, an die ärztliche Ethik. Dies ist nicht neu. Schon Rudolf Virchow erkannte: Immer wenn ich andere von Moral reden höre, weiß ich, daß sie nicht bezahlen wollen. *UNTERSCHRIFT: Mülheim/Ruhr DR. ULRICH NOVER

Weiter wäre zu diesem unflätigen Interview eigentlich gar nichts sagen, außer daß wenn die Budgetierung bestehenbleibt, wir uns alle bald von Badern, Zahnreißern und Kräuterfrauen behandeln lassen müssen. *UNTERSCHRIFT: Cottbus JÜRGEN HERBERT

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