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Ein Engländer erfindet den Rasierer für den Rasen

Um das Jahr 1830 hatte Edwin Beard Budding eine zündende Idee. Nach dem Vorbild einer Stoffschneidemaschine entwarf er ein Gerät, mit dem sich Englands wuchernder Rasen zügig stutzen ließ.
Es kommt der Tag, da will der Mäher mähen: Langsam aber sicher eroberte sich der Spindelmäher seinen Platz in der Gartenlandschaft des 19. Jahrhunderts Es kommt der Tag, da will der Mäher mähen: Langsam aber sicher eroberte sich der Spindelmäher seinen Platz in der Gartenlandschaft des 19. Jahrhunderts
Es kommt der Tag, da will der Mäher mähen: Langsam aber sicher eroberte sich der Spindelmäher seinen Platz in der Gartenlandschaft des 19. Jahrhunderts
Quelle: picture-alliance / Mary Evans Pi

Es wird endlich Frühling. Welcher Mann, dem Haus und vor allem Garten eigen sind, hat in den letzten Tagen da nicht schon einmal verstohlen an das wunderbare Gerät gedacht, das, vielleicht versteckt unter einer knittrigen Plastikplane, im Schuppen, in der Garage oder im Keller seit Monaten unbeachtet vor sich hindämmert?

Ich selbst habe keinen Garten und also auch keinen Rasenmäher, aber ich kann sie verstehen, die Sehnsucht danach, die Plane endlich sanft beiseite zu schieben, vielleicht ein paar Tropfen Benzin oder Öl nachzufüllen, dann beherzt den Anlassergriff zu packen, mit einem Ruck daran zu ziehen – und dann – ja dann säuft er ab, immer säuft er ab, nie klappt es beim ersten Mal.

Aber wenn es geklappt hat, wenn der satte Sound des Zwei- oder Viertakt-Ottomotors und der Geruch frisch geschnittenen Grases über den Zaun ziehen und dem Nachbarn diese emotionale Mischung aus Genervtheit (Geräuschkulisse) und schlechtem Gewissen (er müsste ja auch mal) eingeschenkt haben, dann weiß man, dass er vorbei ist, der Winter und so schnell nicht wiederkommt. Aber weiß man auch, welches interessante Stück Industriegeschichte man da so locker vor sich herschiebt?

50 sensenschwingende Männer

Unter den Revolutionen der Neuzeit wird die im Gartenbau immer am stiefmütterlichsten behandelt. Das ist erstaunlich, hatte (und hat) sie doch gravierende Folgen für das Aussehen unseres ganz persönlichen Lebensumfeldes. Es handelt sich dabei um den Siegeszug des englischen Landschaftsgartens, der, grob zusammengefasst, ab dem 18. Jahrhundert den geometrisierenden Gartenbau der barocken Franzosen zu einem historischen Kuriosum, nun ja, zurechtstutzte.

Überall in Europa breiteten sich große Parkanlagen aus mit schlängelnden Flüssen, pittoresken Trauerweiden, allerlei Gebüsch und – großen Rasenflächen. Diese stellten den Gartenbau vor neue Herausforderungen. Denn konnte man es sich auf Dauer leisten, wie etwa Anfang des 19. Jahrhunderts allein im englischen Park von Blenheim Palace, 50 sensenschwingende Männer Tag für Tag mit dem Mähen des Rasens aufzuhalten?

Die Frage stürzte den englischen Textilingenieur Edwin Beard Budding in ernste Grübeleien. Um das Jahr 1830 inspirierte ihn die Stoffschneidemaschine in einer Weberei zu einem mechanischen Spindelmäher, den er zum Patent anmeldete. Das Prinzip gleicht dem einer Schere: Rotierende Messer drücken die Grashalme gegen ein feststehendes Untermesser und schneiden es so ab. Die Spindelbewegung sorgt dafür, dass die losen Grashalme im hohen Bogen ausgeworfen werden.

Bis 1848 wurden 7000 Stück verkauft

Wer einmal einen Spindelmäher – mit eigener Muskelkraft – durch mittelhohes Gras getrieben hat, der kennt den lustigen Effekt. Wenn er das Gras später mühsam zusammenrechen musste, so kennt er ihn noch besser.

Seit 1832 wurden die Spindelmäher in Ipswich von der Firma Ransomes industriell hergestellt. Bis 1848 konnten über 7000 Exemplare verkauft werden. Im Jahre 1902 entwickelte Ransomes den ersten motorgetriebenen Rasenmäher der Welt. Wie die Minzsauce oder den Rumpelfußball verdanken wir also auch den Rasenmäher den Engländern.

Deutlich vom Spindelmäher zu unterscheiden ist der Sichelmäher, bei dem eine Art Messerpropeller in hoher Drehzahl über der Grasnarbe rotiert. Dies ist die Domäne der Elektro- und Benzinmäher, die Spaß machen können – sofern der Grasfangkorb installiert ist, der lästiges Nacharbeiten vermeidet. In den Parks und auf den Golfplätzen dieser Welt will niemand mehr auf den Sichelmäher verzichten.

Eines aber sollte jeder wissen, der sich jetzt zum Beispiel auf seinen Rasentraktor schwingt (wie fünf Millionen Deutsche es tun): Weil das Gras abgehackt und nicht wie beim Spindelmäher abgeschnitten wird, ist die Schnittkante unsauber. Dies kann dazu führen, dass sich das frische Grün kurz darauf in ein etwas kränkliches Braun verwandelt. Aber wollen wir deshalb wieder auf die Motorisierung verzichten?

Für derartige Kunstwerke englischer Gartenbaukunst waren zuvor ganze Dutzendschaften von Sensenschwingern nötig
Für derartige Kunstwerke englischer Gartenbaukunst waren zuvor ganze Dutzendschaften von Sensenschwingern nötig
Quelle: picture alliance / Mary Evans Pi

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