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Streitfrage

Kann denn ein Pelzkragen öko sein?

Von Stella Hempel
Veröffentlicht am 14.02.2008Lesedauer: 5 Minuten
Jasmin Audemars
Quelle: Friendly Fur/Manuel Krug

Bald könnte man in Deutschland wieder Menschen mit toten Füchsen um den Hals sehen. Das hofft zumindest ein Berliner Künstler, der just eine seiner Ansicht nach ethisch korrekte „Friendly-Fur"-Kollektion vorgestellt hat. Sein Argument: Die Tiere stammen aus der freien Wildbahn und nicht von Zuchtfarmen.

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"Friendly Fur" nennt Nikolas Gleber seine neueste Erfindung, eine kleine Kollektion von Pelzaccessoires, die ökologisch und politisch korrekt sein sollen. Gleber, auch bekannt durch seine Agentur Engee Berlin, ist eigentlich kein Modedesigner. Als Konzeptions- und Gebrauchskünstler entwickelt er in erster Linien Ideen für außergewöhnliche Events und Produkte. Zu Engees Projekten zählen Modenschauen, ein eigener Cocktail und eine Modelagentur, die sich auf Rothaarige spezialisiert hat.

Die Pelzkrägen, die Nikolas Gleber gerade auf der CPD in Düsseldorf präsentiert hat, werden aus den Fellen frei lebender, deutscher Rotfüchse gefertigt. Anhand einer Nummer soll auch der Käufer nachvollziehen können, dass die Felle "aus kontrolliertem Abschuss" und von verantwortungsbewussten Jägern und Förstern stammen. Als Markenzeichen trägt der Friendly-Fur-Fuchs einen Knopf mit Schild am Ohr – ähnlich wie ein Steiff-Tier, nur dass dieser Fuchs mal gelebt hat.

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Farbige Glasaugen am Kragen

Die erste Friendly-Fur-Kollektion besteht aus kompletten Fellen – inklusive Kopf und Pfötchen. "Das war eine bewusste Entscheidung. Die Herkunft des Felles soll nicht verleugnet werden", sagt Nikolas Gleber. Dieses Design ist nichts für sensiblere Gemüter. Gleber berichtet von den erschrockenen Reaktionen einiger Einkäuferinnen. So wie der vermeintlich vorwurfsvolle Blick eines gegrillten Fisches auf dem Teller manchem den Appetit verdirbt, gibt es auch Modeliebhaber, die dem Fuchs nicht in die Glasaugen sehen können. "Dieselben Leute tragen dann trotzdem Lederschuhe, ohne sich Gedanken darüber zu machen, welche Leidensgeschichten dahinter stehen", sagt Gleber.

Der Fuchspelzkragen, ein Modeaccessoire, das eigentlich eher mit der Großmütter-Generation assoziiert wird, kehrt mit Friendly Fur nun in einer modernen Variante zurück. So sind zum Beispiel die Glasaugen der Füchse farbig gestaltet. "Menschen, die Sinn für Kunst und das Extravagante haben, werden Friendly Fur mögen", meint Nikolas Gleber. Dabei ist der Pelz nicht nur für Damen gedacht: "Der urbane Mann kann so etwas auch tragen", sagt Gleber.

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Pelzkragen als deutsche Gemütlichkeit

Seine Version des Pelzkragens bezeichnet der Friendly-Fur-Erfinder als "deutsche Gemütlichkeit in stylish" oder als ein "schickes Produkt mit Bodenständigkeit." Was die Pelzaccessoires kosten sollen, will er noch nicht verraten. Die aufwendige Produktion wird sich allerdings im Preis widerspiegeln. "Das ist wie beim Gemüsehändler", sagt Gleber, "Bio ist eben teurer." Von den Produkten aus Pelztierfarmen möchte er sich distanzieren: "Friendly Fur ist weit entfernt von Zuchtkrägen aus Paris – die sind einfach dekadent und ein Zeichen von Skrupellosigkeit."

Die Idee eines politisch korrekten Öko-Pelzes ist nicht ganz neu. Bestimmte Tierarten, die in einer Region stark verbreitet sind, stehen immer mal wieder als Räuber oder Schädlinge auf der Abschussliste. So werden die Possums, possierliche Beuteltiere, die sich mit großem Appetit durch die Wälder Neuseelands nagen, schon seit Jahren von Designern zu flotten Bikinis, Taschen oder Tagesdecken verarbeitet. Der Fuchs macht sich hierzulande unbeliebt, weil einige gefährdete, bodenbrütende Vogelarten auf seiner Speisekarte stehen.

Das Märchen der angeblichen Überpopulation

Die Tierrechtsorganisation PETA sieht das allerdings ganz anders: "Das Märchen der Überpopulation ist längst widerlegt. Es wird von der Pelzindustrie nur als Abschussgrund vorgeschoben", sagt Edmund Haferbeck, wissenschaftlicher Berater bei PETA. "Eine Überpopulation von Beutegreifern wie Füchsen ist gar nicht möglich, weil sie auf Beutetiere angewiesen sind. Die Natur regelt das." PETA ist bekannt für Protest- und Boykott-Aktionen und die "Lieber-nackt-als-in-Pelz"-Kampagne, für die sich Stars wie Pamela Anderson, Dennis Rodman, Eva Mendes und die No Angels entblätterten. Jägerei und Pelzmode lehnt PETA grundsätzlich ab – also auch das Friendly-Fur-Projekt.

Ein Öko-Pelz ist aus der Perspektive des Tierrechtlers überhaupt nicht möglich. "Grüne Mode kann es niemals durch die Tötung eines Tieres geben. Das ist nur ein Marketinggag", sagt Haferbeck. "Felle wachsen schließlich nicht auf den Bäumen. Sie werden immer durch Gewalt und Tötung geerntet." Haferbeck befürchtet außerdem, dass es Nachahmer geben wird, sobald ein Modelabel einen Pelz als „öko“ vermarktet. "Dem Missbrauch wird dadurch Tür und Tor geöffnet. Plötzlich wird dann alles "grüner Pelz" sein."

Pelze und Jagd nicht komplett verbieten

Diese Sorge des Tierrechtlers kann der Friendly-Fur-Erfinder verstehen. "Man sollte Pelze aber nicht komplett verbieten, bloß weil manche Leute falsch damit umgehen", sagt Gleber. "Wenn jemand einen korrekt produzierten Pelz trägt, handelt er auch richtig." Am liebsten würde Nikolas Gleber ein Erkennungszeichen für korrekt produzierten Pelz einführen, vergleichbar mit dem Bio-Siegel.

Anders als die PETA, lehnt der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) die Jagd nicht radikal ab und zeigt sich daher aufgeschlossener gegenüber Friendly Fur. Laut NABU-Jagdpapier gehört der Rotfuchs zu den Tierarten, die in ihrem Bestand nicht gefährdet sind und bejagt werden dürfen. Zur ökologisch nachhaltigen Jagd gehört auch, dass Fell und Fleisch eines erlegten Tieres verwertet werden. "Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, das Fell der Füchse zu nutzen", sagt NABU-Pressesprecherin Birgit Königs. Ob es aber tatsächlich zu viele Füchse gibt und Jäger daher regulierend eingreifen müssen, ist umstritten. "Füchse sind regional unterschiedlich verbreitet. In manchen Regionen macht es keinen Sinn, den Fuchs weiterhin zu bejagen. Das sollte immer wieder überprüft und hinterfragt werden", sagt Birgit Königs.

Die NABU-Sprecherin findet die Argumente für den freundlichen Pelz "ganz vernünftig", hat aber auch einige Einwände: "Ein solches Produkt als Öko-Pelz zu vermarkten, halte ich für grenzwertig", sagt Königs. "Außerdem darf es natürlich nicht passieren, dass aufgrund steigender Pelz-Nachfrage irgendwann wieder mehr Füchse geschossen werden." Um dieser Gefahr vorzubeugen, bewirbt Nikolas Gleber sein Friendly Fur als ein limitiertes Produkt. "Wenn die Fellvorräte erschöpft sind, ist die Kollektion eben ausverkauft" sagt Gleber. In zukünftigen Kollektionen will er dann weitere Fellaccessoires wie Kopfbedeckungen oder einen Muff anbieten.


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