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Vom Motorrad zum Pkw: Die Rollermobile der Fünfziger - WELT
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So schräg waren die Rollermobile der Fünfziger

Mopetta, Champion, Fuldamobil: In den Fünfzigern fuhren eigenartige Autos durch die Bundesrepublik. Sie waren rundlich, erschwinglich und: klein. Ein Auto konnte man sogar in die Parklücke heben.

Es gab eine Zeit in Deutschland, die brachte aus heutiger Sicht äußerst eigenartige Autos hervor. Während die Massenmotorisierung in den USA dank des Model T von Ford schon längst Fakt war, blieb der eigene Pkw in Europa für die meisten Menschen bis zum wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg ein Traum.

Es gab schon etwas länger Ampeln, Straßen, Verkehrsregeln. 1909 hatte Kaiser Wilhelm II. das erste Kraftfahrgesetz für das Deutsche Reich erlassen. 1937 wurde in Berlin die erste Fußgängerampel eingeweiht; um das Geschehen auf den Straßen zu ordnen, dürften Fußgänger laut Reichsstraßenverkehrsordnung nur noch auf kürzestem Wege die Fahrbahn queren und waren ansonsten angehalten, die Bürgersteige zu nutzen. Zu viele waren im Verkehr verunglückt.

Nach dem Krieg mit Muskelkraft

Nur Autos gab es auf den Straßen kaum. Denn privat ein Kraftfahrzeug zu bewegen meinte in den meisten Fällen, ein motorisiertes Zweirad zu fahren. Lkw gab es, aber Personenwagen? Nicht viele. Allenfalls Autos wie der Opel P4, ein Viersitzer ohne Kofferraum, waren gerade so für die Mittelschicht erschwinglich.

Die von Adolf Hitler angestrebte Massenmotorisierung schlug mit der Idee des Kraft-durch-Freude-Wagens fehl. Anstatt dass das Versprechen, „5 Mark die Woche musst du sparen, willst du im eigenen Wagen fahren“, eingelöst wurde, brach der Krieg aus.

Der Vorläufer des VW Käfers wurde aufgebockt und mit einem Sperrdifferenzial ausgestattet, damit er für militärische Zwecke auch übers Feld fahren konnte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Sparer zum Teil entschädigt.

Nach 1945 lag die deutsche Automobilproduktion für Jahre brach. Wie die ganze Industrie litt auch die Motorbranche. Benzin war nach wie vor knapp und teuer. Um Kriegsverluste zu entschädigen, würden ganze Industrieanlagen demontiert und abtransportiert.

So waren die ersten Nachkriegsjahre die Jahre der Zweiräder, ob durch reine Muskelkraft betrieben oder per Hilfsmotor. Pkw sowieso, aber selbst Motorräder waren selten unterwegs – noch. Doch bevor das eigene Auto in Sphären der finanziellen Möglichkeiten kam, setzt bei ihnen ein Boom ein.

Sinkende Benzinpreise, steigender Lebensstandard

Bis 1953 stiegen die Zulassungszahlen von Motorrädern auf den Höchststand von 370.000 an, dann verlief die Entwicklung zulasten des motorisierten Zweirads. Bis Mitte der Fünfziger waren noch Motorräder mit Beiwagen die Familienfahrzeuge.

Doch der Wunsch nach mehr war da. Um diesen zu decken, brachten Hersteller Kleinstmobile auf den Markt, die den Niedergang des bis dahin weitverbreiteten Motorrads als Alltagsfahrzeug einleiteten. Man achtete darauf, dass der Hubraum 250 Kubik nicht überstieg. So konnten Menschen auch ohne den Pkw-Führerschein III einsteigen, wenn sie den alten Führerschein IV in der Tasche hatten.

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Das Wirtschaftswunder brachte steigenden Lebensstandard und damit Autos für immer mehr Menschen. Mit den Benzinpreisen sanken die Unterhaltskosten, 1955 wurde die Pendlerpauschale für Pkw eingeführt, die Autofahren attraktiver machte.

Anfang der 50er-Jahre kamen Rollermobile und Kleinstwagen in Mode, denn nur diese waren zunächst für die meisten Bürger erschwinglich. „Sie markierten eine Zwischenstation auf dem Weg zum eigenen Auto“, heißt es in einer Sonderausstellung „Der europäische Traum“ – Sonderausstellung zu Klein- und Kleinstwagen der Wirtschaftswunderzeit“, die derzeit im „PS Speicher“ im südniedersächsischen Einbeck zu sehen ist.

In dem in einem ausgebauten ehemaligen Kornspeicher untergebrachten Automuseum werden handliche Mobile gezeigt, die Namen trugen wie Fuldamobil, Janus oder Kroboth. Vertreter der längst untergegangenen Gattung der Rollermobile, die man in dieser Vielfalt selten zu Gesicht bekommt.

Wer erinnert sich an den Kleinschnittger?

Die 29 Exponate stammen zum Teil aus der Sammlung Störy, benannt nach dem niedersächsischen Dorf, wo sie bis 2004 ein Museum bestückten. Der Sammler Karl-Heinz Rehkopf, Gründer des „PS Speichers“, kaufte sie auf. Seit 2014 ist ein Teil seiner weltweit einzigartigen Kleinwagensammlung dort untergebracht.

Traditionelles Oldtimer-Rennen in Italien

Seit 1927 gibt es das berühmte italienische Rennen. Es geht über 1.600 Kilometer beziehungsweise 1.000 Meilen – von Brescia nach Rom und wieder zurück. Und Italien ist wie jedes Jahr im Ausnahmezustand.

Quelle: Zoomin.TV

Eines der bekanntesten Rollermobile war die ab 1955 gebaute BMW Isetta, eines der erfolgreichsten der Messerschmitt-Kabinenroller, der ebenfalls noch heute vielen ein Begriff ist. Doch wer erinnert sich noch an den Kroboth Allwetterroller, die der Isetta sehr ähnliche Heinkel-Kabine oder den Kleinschnittger F 125? Das dachlose Modell sah aus wie ein geschrumpfter Roadster, es war so klein und niedlich geformt, dass es auf einem Jahrmarktkarussell nicht weiter aufgefallen wäre. Aber es war mit 4,5 PS immerhin 70 km/h schnell.

Im Straßenverkehr war der Kleinschnittger mit dem 125-ccm-Dreigang-Motorradmotor allerdings ein Sonderling: Er hatte keinen Rückwärtsgang. Da er mit seiner Leichtmetallkarosse nur 150 Kilo wog, konnte man ihn kurzerhand an einer Stelle anheben und so mit Muskelkraft einparken. Immerhin hatte er vier Räder.

Auf einem Rad weniger rollte das Fuldamobil S1, das zwischen 1954 und 1955 nur 734 mal gebaut wurde, mit 2780 DM aber um einige Hunderter teurer war. Der Aufbau war zunächst mit Kunstleder bespannt, später gab es eine gehämmerte Außenhaut auf Metall, dann eine Polyesterkarosserie. 9,5 PS und 80 km/h standen für den Zweitakter im Datenblatt.

Isetta? Nein: Mopetta

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Näher am Motorroller war die einst für 750 Mark angepreiste Brütsch Mopetta, ein einsitziges offenes Vehikel mit knubbelig rundem Bug. Nur 14 Exemplare entstanden zwischen 1956 und 1958. Es galt „als das kleinste Auto der Welt“, ist in der Ausstellung zu lesen, hatte aber ein Dreiradfahrgestell und einen nur 2,3 PS leistenden Mopedmotor unter dem Plastikkleid – und blieb erfolglos. Heute ist das Kleinstmobil den dreißigfachen Betrag des ehemaligen Neupreises wert, in Euro. Manchem Sammler gilt er als der einzig wahre Kleinstwagen der Autogeschichte, als mehr als nur ein Ahn des Smart.

Doch das laut den Einbecker Ausstellungsmachern „erste nach dem Zweiten Weltkrieg von Fachleuten gebaute deutsche Kleinstautomobil“ war der Champion CH2 des Ulmer Ingenieurs Hermann Holbein. 1949 und 1950 wurden elf Stück des Wagens auf die Räder gestellt, der stilistisch wie eine verkleinerte Vorwegnahme der AC Cobra anmuteten. (Andere Quellen gehen von 120 Exemplaren aus.)

Nur war der technisch anfällige 2,80-Meter-Zweisitzer weit schwachbrüstiger als das spätere US-Car und kam auf nur 6,5 PS und Tempo 60. Und der CH2 war seiner Zeit voraus. Denn noch war die Kaufkraft der Bundesbürger zu gering, um den Kaufpreis von 2650 Mark aufzuwenden.

Auf dem Weg zur Massenmotorisierung

Wie sehr die Kleinstfahrzeuge bis in die Sechziger, als sich schon viele ein richtiges Auto leisten konnten, von den ebenfalls beliebten Motorrollern abstammten, belegt kein Fahrzeug besser als die Vespa 400, ebenfalls im „PS Speicher“ zu sehen. Weil der italienische Zweiradhersteller finanziell gut dastand, konnte er die Konstruktion dieses Kleinwagens stemmen.

Doch am Heimatmarkt erwies sich die vierrädrige Kleinstlimousine mit Faltdach – 90 km/h schnell, umgerechnet 3490 Mark teuer und dem deutschen Goggomobil verdächtig ähnlich – als chancenlos. Zu groß war die Konkurrenz des Nuova 500 von Fiat.

Auch wenn nicht alle erfolgreich waren – die Kleinstwagen und Rollermobile trugen dazu bei, dass 1960 eine Trendwende verkündet werden konnte: Erstmals übertraf der Pkw-Bestand in der Bundesrepublik die Zahl motorisierter Zweiräder.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der VW Käfer, Nachfolger des KdF-Wagens, schon zu seiner großen Aufholjagd angesetzt. 1972 löste er das Model T als meistverkauftes Auto der Welt ab. Zu diesem Zeitpunkt war in Deutschland die Massenmotorisierung schon längst erreicht, sie war schon 1961 gegeben, als auf zehn Bundesbürger ein Auto kam. Nur sprach schon zehn Jahre später kaum noch jemand von den kleinen Mobilen, die die Entwicklung einst angestoßen hatten.

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