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Petrolheads Zwischen Enten und Krimis

„Diese Leichtigkeit gibt es bei keinem anderen Auto“

2004 stieß Rainer Sowa auf eine rote Ente in Südfrankreich. Inzwischen besitzt er einige Enten 2004 stieß Rainer Sowa auf eine rote Ente in Südfrankreich. Inzwischen besitzt er einige Enten
2004 stieß Reiner Sowa auf eine rote Ente in Südfrankreich. Inzwischen besitzt er einige Enten
Quelle: Fabian Hoberg
Während der Recherche für ein Buch fotografierte der Schriftsteller Reiner Sowa am Straßenrand einen roten Citroën 2CV. Mittlerweile besitzt er mehrere Enten und gibt sogar Schrauberkurse.

Es war die Farbe, die ihn umhaute. In leuchtendem Rot stand der Citroën 2CV am Straßenrand, vor einem Baum, in der Nähe von Montpellier in Südfrankreich. „Als ich die Ente sah, musste ich sie fotografieren, so toll sah sie aus“, sagt Reiner Sowa.

Eigentlich recherchierte der Schriftsteller gerade zum Thema Sammelleidenschaft und Sammler, allerdings ohne direkten Autobezug. Erst zu Hause in seiner Zweitwohnung in Montpellier entdeckte er auf den Bildern das Schild AV (zu verkaufen) und eine Telefonnummer.

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Sowa wählte die Nummer und verabredete sich mit dem Verkäufer. „Ein ehemaliger Karosseriebaumeister hatte die Ente komplett überholt, er konnte mir zu jeder Schraube eine Geschichte erzählen, wie über die Gummipuffer im Tankdeckel, das hat mich fasziniert“, sagt er. Zwei Treffen später gehörte die Ente ihm. Das war vor 14 Jahren.

Seitdem fuchste sich Sowa tief in die Materie ein, kaufte Bücher und Zeitschriften rund um den kleinen Citroën mit den zwei Zylindern. „Ich wollte mehr über das Modell und seine Technik erfahren, deshalb buchte ich mir einen Schrauberkurs bei Jacques Barcat“, sagt Sowa.

Rainer Sowa hat sich im Laufe der Jahre zu einem Enten-Experten entwickelt, der auch Schrauberkurse für Gleichgesinnte anbietet
Reiner Sowa hat sich im Laufe der Jahre zu einem Enten-Experten entwickelt, der auch Schrauberkurse für Gleichgesinnte anbietet
Quelle: Fabian Hoberg

Barcat galt in der Szene als Enten-Bändiger, der seit über 30 Jahren Kurse zu dem Modell anbietet. Genau das Richtige für Reiner Sowa. Gemeinsam mit seinem damals 15-jährigen Sohn absolvierte er eine Woche Enten-Intensivkurs bei Barcat an der Seine. Der heute 59-Jährige schraubt schon seit seiner Kindheit. Nach dem Fahrrad kam das Mofa, mit 18 dann ein 1302er Käfer von 1972.

Doch der Besuch bei Barcat hatte Folgen: Der französische Enten-Papst bat Sowa, Kurse für deutsche Teilnehmer aus dem Französischen ins Deutsche zu übersetzen. Nach einem Artikel in der Klub-Zeitschrift „Entenschnabel“ über die Schrauberhilfe erhielt er viele Anfragen für ein ähnliches Angebot in Deutschland.

„Frauen schrauben mit mehr Gefühl als Männer

2006 startete er mit dem damals schon fast 70-jährigen Barcat mit Kursen in seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach bei Köln, seit 2013 macht er sie alleine. Bis zu acht Teilnehmer pro Veranstaltung lernen je nach Thema alles über Ente, Käfer, Bulli, Motorinstandsetzung oder Schweißen.

Für die rund 20 Termine im Jahr bucht Sowa mittlerweile auch externe Experten. „Ich kenne mich zwar sehr gut bei der Ente und dem Käfer aus, aber es gibt bessere Schweißer als mich“, sagt er. Bis zu vier Tage arbeiten die Teilnehmer dann an ihren Autos.

Keine reine Männerangelegenheit: Rund 40 Prozent der Teilnehmer sind weiblich. Auch seine Frau konnte er zum Schrauben überreden. „Frauen schrauben mit mehr Gefühl als Männer, können oft auf einen Drehmomentschlüssel verzichten“, sagt er. Ab nächstem April organisiert er zusätzlich jeden ersten Sonntag im Monat ein Oldtimertreffen im Eifelstädtchen Lutzerath.

Rainer Sowa ist von der Einfachheit der Ente und der Reduktion auf das Wesentliche fasziniert
Reiner Sowa ist von der Einfachheit der Ente und der Reduktion auf das Wesentliche fasziniert
Quelle: Fabian Hoberg
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Seit der ersten Begegnung mit der Ente zählt Sowa neben dem Schreiben von Büchern nun auch das Schrauben an alten Autos zu seiner Leidenschaft. „Kopf, Herz und Hand muss ich gleichzeitig benutzen, nur dann bin ich zufrieden“, sagt der ehemalige Kriminalhauptkommissar, der mittlerweile seit 20 Jahren als Schriftsteller arbeitet. „Schon seit meiner Jungend verfasse ich Geschichten und Gedichte, und auch als Polizist musste ich viel schreiben“, sagt er. Doch kreativ wurde Sowa erst mit 40 Jahren, als er den sicheren Beamtenjob kündigte und Schriftsteller wurde.

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An der Ente fasziniert ihn die Einfachheit, die Reduktion auf das Wesentliche. „Moderne Autos sind überfrachtet, bei der Ente kann nichts enttäuschen, weil so wenig da ist, aber auch wenig kaputtgehen kann. Und wenn doch, dann lässt sich der Citroën schnell mit einfachen Bordmitteln reparieren“, sagt Sowa.

Bei einer dreimonatigen Tour entlang der Seidenstraße durch Georgien, Kurdistan und den Iran hat er es ausprobiert – ohne große Probleme. Zu der Zuverlässigkeit gesellt sich das bequeme und weiche Fahrwerk. „Diese Entschleunigung und Leichtigkeit beim Fahren gibt es bei keinem anderen Auto. Der Stresspegel liegt am Boden, und ich fahre sehr entspannt durch die Gegend, sogar bis zu zwölf Stunden am Tag“, sagt er.

„Ich fahre gerne dem Anlass entsprechend das passende Auto“

Außerdem transportiert der 2CV für ihn ein Lebensgefühl. Minimalistisch und praktisch zugleich: Alles passt rein. Einfach das Verdeck aufreißen, und er fährt ein Cabrio. Für die Tour bis ans Mittelmeer benötigte er drei Tage – kam dafür aber auch ganz entspannt an. „Mobilität ist für mich ein Stück Freiheit, dafür ist die Ente ideal. Sie bietet ein enormes Freiheitsgefühl“, sagt er.

Mittlerweile stehen vier weitere Enten, ein VW Käfer und ein VW Bulli T4 California Exclusive in seiner Halle. Für den Alltag benutzt er einen alten VW Passat und im Winter einen Subaru Allrader, Baujahr 1992. „Ich fahre gerne dem Anlass entsprechend das passende Auto. Aber keines von nach der Jahrtausendwende, damit kann ich nichts anfangen“, sagt er.

Mit anderen Autos ist man vielleicht schneller als mit einem Citroën 2CV; für Rainer Sowa bietet jedoch kein anderes ein solches Freiheitsgefühl
Mit anderen Autos ist man vielleicht schneller als mit einem Citroën 2CV; für Reiner Sowa bietet jedoch kein anderes ein solches Freiheitsgefühl
Quelle: Fabian Hoberg

Zu seinen automobilen Preziosen zählt der graue 2CV von 1960 mit 425 ccm und 12,5 PS, in unrestauriertem Originalzustand. „Der bleibt auch so, den restauriere ich nicht“, sagt er. Lediglich die Birnen der Blinker hat er wegen der 6-Volt-Anlage gegen LED ausgetauscht.

Der Roman, für den Reiner Sowa recherchierte, handelte übrigens von einer Sahara-Ente. Die Blaue Mauritius unter den Enten, eine Allradversion des 2CV. Nur rund 690 Fahrzeuge davon wurden gebaut. Allerdings keine in so einem leuchtenden Rot wie seine Ente.

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