Israel gehört eigentlich nicht zu den vornehmlichen Themen einer bayerischen Landesregierung. Aber die Bayern-Koalition, wie Ministerpräsident Markus Söder das Bündnis seiner CSU mit den Freien Wählern nennt, widmet sich Israel und dem neuen Krieg im Nahen Osten annähernd so gewichtig wie der Digitalisierung, den Schulen oder dem Bürokratieabbau.
„Das Existenzrecht Israels ist bayerische Staatsräson“, heißt es im Koalitionsvertrag, den die beiden jetzt, nur zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl, geschlossen haben. Und dieser Satz steht da nicht als isoliertes Bekenntnis, sondern als Warnung an judenfeindliche Protestierer und Prediger: „Wer die Existenz des Staates Israel infrage stellt, wird bei uns keine Heimat finden.“
CSU und Freie Wähler unterscheiden auch nicht spitzfindig zwischen Judenhass und Antizionismus, wie das zuletzt etwa Klima-Ikone Greta Thunberg tat. Vielmehr gehören Israel und jüdisches Leben für die Bayern-Koalitionäre zusammen. Im selben Absatz, in dem es um die Staatsräson und Israel geht, steht auch: „Wir bekennen uns zum besonderen Schutzauftrag des Freistaats für jüdisches Leben in Bayern.“
Konkret wirken soll das vor allem auf zwei Themenfeldern: Bildung und Sicherheit. „Jede Schülerin und jeder Schüler sollen im Laufe seiner Schulzeit mindestens eine KZ-Gedenkstätte oder vergleichbare Einrichtung der Erinnerungskultur zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus besuchen“, heißt es im Koalitionsvertrag; wobei die Autoren hier über ihren Versuch stolpern, das sichtbare Gendern zu vermeiden, aber irgendwie trotzdem zu gendern.
In puncto Sicherheit fordert die Koalition eine neue Strafrechtsnorm, nämlich die „Strafbarkeit der Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen“. Auch die ist im Koalitionsvertrag eingebettet in den Nahost-Zusammenhang. Die Koalition gehe „mit konsequenter Härte gegen Antisemitismus, Extremismus, Terrorismus und Fremdenhass vor“, und es gebe „für israelfeindliche Bekundungen oder Aktivitäten null Toleranz“.
Dazu passt, dass CSU und Freie Wähler die bayerische Grenzpolizei – eine Eigenheit, die sich kein anderes Bundesland leistet – bis zum Jahr 2028 von 1000 auf 1500 Stellen aufstocken will. Der Druck auf Schleuser soll verstärkt werden. Rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber sollen „konsequent und zeitnah“ abgeschoben werden. Bleiben dürften allerdings die, die einen festen Arbeitsplatz oder eine Ausbildung nachweisen können und strafrechtlich unbescholten sind. Außerdem mache sich Bayern „für eine Stärkung der legalen Erwerbsmigration stark“.
Die Nachwuchshoffnung der Freien Wähler
Meinungsunterschiede zwischen CSU und Freien Wählern gab es bei diesem Komplex nicht. Hier seien sich beide vom Start weg einig gewesen, heißt es in Koalitionskreisen.
Weniger harmonisch ging es dafür bei der Verteilung der Ministerien zu. Die Freien Wähler mit ihrem kräftigen Wähleranstieg um 3,9 Punkte auf 15,8 Prozent forderten ein zusätzliches Ministerium und bekamen es. Söder spöttelte zwar, es sei nur das Digitalministerium und damit das kleinste aller Ressorts. Allerdings besetzen es die Freien Wähler mit dem wohl ehrgeizigsten ihrer Nachwuchspolitiker: Fabian Mehring.
Mehring ist erst 34 Jahre alt, promovierter Politikwissenschaftler mit Lehrauftrag für Politik und internationale Beziehungen an der Universität Augsburg und bisher parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion. Im Wahlkampf punktete er hinter Parteichef Hubert Aiwanger als auffälligster Redner in den Bierzelten. Als künftiger Minister kann er bei allen Themen der Digitalisierung mitreden – also mehr oder weniger auf allen Politikfeldern.
Der Justiz will die Koalition die elektronische Akte verordnen. Digitalisierung soll an Schulen Bürokratie abbauen, es Lehrern ermöglichen, sich „voll auf ihre pädagogische Arbeit zu konzentrieren“ und „von Verwaltungsaufgaben zu entlasten“. Im Gesundheitssektor will die künftige Staatsregierung Medizin und Pflege mit „Hightech“ in „Highmed“ und „Highcare“ verwandeln.
Für alle Bürger soll die Digitalisierung am Ende etwas bringen, sämtliche Verwaltungsvorgänge sollen online möglich sein. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Es braucht keine Wartezeiten, keine Beantragung auf Papier und auch keine behördlichen Papierbelege.“