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DIE WELT

Woher kommt eigentlich der Christbaum?

Politikredakteurin
25 Millionen Bäume stellen sich die Deutschen dieses Jahr zum Fest der Liebe in die Wohnungen. Kaum jemand aber weiß um die Herkunft der grün-bunten Zimmer-Dekoration. WELT.de dokumentiert die ganze Geschichte. Es geht um Lifestyle, Assimilation und die ganz große Symbolik.

Spätestens am Heiligabend sind auch Politiker nur Menschen. Dann wollen auch sie ihren Weihnachtsbaum schmücken: mit Kugeln und Lametta, Engeln und Sternen, Lebkuchen und Pfeffernüssen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast verziert Kiefernzweige mit weißen Eisvögeln, Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen holt den alten Weihnachtsbaumschmuck ihrer Großeltern vom Dachboden. Damit sind die beiden Politikerinnen in guter Gesellschaft: Für 80 Prozent der Deutschen ist der Weihnachtsbaum der symbolische Mittelpunkt des Weihnachtsfestes, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Die Liebe zum Weihnachtsbaum hat Tradition in Deutschland: Schon Goethe schwärmte von einer „Tanne im Lichterglanz“. In diesem Jahr sind es etwa 25 Millionen Weihnachtsbäume, die in den deutschen Wohnzimmern festliche Stimmung verbreiten.

Woher Baum und Brauchtum stammen, spielt dabei oft kaum noch eine Rolle. Was zählt, ist der stimmungsvolle Augenblick. Der Anlass des Weihnachtsfestes, die Geburt Jesu in Bethlehem, ist dabei für viele längst in den Hintergrund getreten. Auch immer mehr Muslime in Deutschland nutzen die Weihnachtsfeiertage, um Zeit mit der Familie zu verbringen, und stellen einen Weihnachtsbaum auf, den sie reich verzieren. Bis nach Asien ist der Weihnachtsbaum schon vorgedrungen - allerdings vor allem als Dekoration für Europäer, die das Weihnachtsfest dort verbringen.

Seinen Ursprung indes hat der Weihnachtsbaum im heidnischen Brauchtum. Schon im Mittelalter verzierten die Menschen Haus und Hof mit den immergrünen Zweigen von Tanne, Mistel und Wacholder. Im späten 16. Jahrhundert wurde es dann im Elsass Brauch, den Weihnachtsbaum mit Süßigkeiten zu schmücken; die Kerzen kamen im 18. Jahrhundert hinzu. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde der geschmückte Weihnachtsbaum immer populärer, erst in den Städten, dann auch auf dem Lande.

Allmählich wurde der Weihnachtsbaum zur festen Requisite in bürgerlichen Wohnzimmern. Bald gab es die ersten mundgeblasenen Glaskugeln. Es wurde Lametta entwickelt, um das Glitzern von Eiszapfen zu simulieren, und eine Zeit lang waren Weihnachtsbaumständer, die sich auf einer Spieluhr drehten, der letzte Schrei. Während diese Mode heute verschwunden ist, hat sich der klassische Weihnachtsschmuck bis heute erhalten, wie Lifestyle-Expertin Brigitte von Boch erklärt: Die klassischen Farben sind noch immer Rot und Grün, Gold und Silber.

Spätestens mit der Säkularisierung des Bürgertums erlebte das Weihnachtsfest dann einen regelrechten Boom: Für christliche und jüdische Familien wurde der Weihnachtsbaum zunehmend zum Ersatz für religiöse Inhalte. Zugleich wurde er zu einem Zeichen für die Assimilation der Juden: Auch Theodor Herzl, Wegbereiter für den Zionismus, stellte in seiner Wohnung einen reich geschmückten Weihnachtsbaum auf.

Der Weihnachtsbaum ist „ein überaus bürgerliches Symbol“, wie Rainer Kampling, katholischer Theologe an der Freien Universität Berlin, sagt. Er breitete sich zunächst in protestantischen Regionen aus, weil sich die katholische Kirche lange gegen den heidnischen Weihnachtsbaum als „Anti-Krippe“ zur Wehr setzte. Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind Weihnachtsbäume in katholischen Kirchen erlaubt - als Zugeständnis an das bürgerliche Brauchtum. Papst Johannes Paul II. schließlich führte 1982 den Brauch ein, auf dem Petersplatz in Rom einen Weihnachtsbaum aufzustellen.

Dabei gehört es zur schönen Illusion, dass der Weihnachtsbaum als urwüchsiges Naturprodukt im Wald geschlagen wird. Die Realität ist ernüchternd: Der Baum aus dem Wald ist eine Rarität. Tannen und Fichten wachsen heute auf Plantagen. In Deutschland werden auf rund 15 000 Hektar Weihnachtsbäume angebaut. Rund 70 Prozent des heimischen Bedarfs werden so gedeckt. Die Landwirte kultivieren heute vor allem Nordmanntannen. Deren Heimat ist der Kaukasus. Dort wird das Saatgut gesammelt, das in Deutschland von spezialisierten Baumschulen „angezüchtet“ wird, bevor die Bäumchen als dreijährige Jungpflanzen auf den Acker gepflanzt werden. Bis die Bäume Heiligabend im Lichterglanz erstrahlen, haben sie bis zu zehn Jahre intensiver Pflege hinter sich.

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