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Car-Sharing-Anbieter tun sich schwer im Ruhrgebiet

Was in Düsseldorf und Köln gut funktioniert, will im Ruhrgebiet nicht klappen: Car-Sharing zwischen Rhein und Ruhr floppt Was in Düsseldorf und Köln gut funktioniert, will im Ruhrgebiet nicht klappen: Car-Sharing zwischen Rhein und Ruhr floppt
Was in Düsseldorf und Köln gut funktioniert, will im Ruhrgebiet nicht klappen: Car-Sharing zwischen Rhein und Ruhr floppt
Quelle: picture alliance / Horst Galusch
Car-Sharing ist ein erfolgversprechendes Konzept, um Städte vom Autoverkehr zu entlasten. Was in Düsseldorf funktioniert, scheint im Ruhrgebiet an der Größe und Dichte der Städte zu scheitern.

Alexander Schmidt hat eine Mission: Der Leiter des Instituts für Stadtplanung und Städtebau an der Universität Duisburg-Essen will Städte vom Autoverkehr entlasten und ihre Lebensqualität steigern. „Wir werden zukünftig noch mehr Verkehr und Autos haben“, sagt Schmidt.

„Aber das können wir in den Städten nicht gebrauchen, die Städte ersticken.“ Das zeige sich etwa am Viehofer Platz in Essen, wo sechs Straßen aufeinandertreffen und sich der Verkehr über zehn Spuren schiebt. „Das ist ein autogerechter Platz, hier halte ich mich nicht gerne auf“, sagt Schmidt.

Am Beispiel von Essen haben sein Forschungsteam und er in der im September veröffentlichten Studie „Neue Mobilität für die Stadt der Zukunft“ erarbeitet, wie die Großstädte des Ruhrgebiets vom Verkehr entlastet werden können. Ein Lösungsansatz: Car-Sharing, also das organisierte, gemeinschaftliche Teilen von Autos.

Beim sogenannten Free-Floating-Konzept (zu deutsch: frei fließendes Konzept), parken die Autos beliebig im Stadtgebiet verteilt. Übers Internet lässt sich das nächstgelegene freie Fahrzeug orten, reservieren und minutenweise anmieten. Brauchen die Mieter den Wagen nicht mehr, können sie ihn irgendwo im Geschäftsgebiet abstellen, sodass andere Kunden ihn orten und nutzen können.

Das private Auto wird überflüssig

In Städten mit gut ausgebauten Nahverkehr macht Car-Sharing das eigene Auto schnell überflüssig. Je nach Anlass und Aufwand lassen sich manche Strecken mit Bus und Bahn zurücklegen und manche mit dem Car-Sharing-Fahrzeug. Einer Umfrage des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2012 zufolge glauben 62 Prozent der Bevölkerung, dass sich Car-Sharing nur für Großstädte eigne.

Jedoch ist das Ruhrgebiet mit all seinen Großstädten kein attraktives Pflaster für Car-Sharing-Anbieter: Zu klein ist hier die Zielgruppe und zu weitläufig das Verbreitungsgebiet. Zwischen Rhein und Ruhr existieren viele Städte nebeneinander, ohne dass ein Zentrum heraussticht, auf das sich die Fahrten konzentrieren.

Für den Free-Floating-Anbieter Car2Go stellt sich etwa die Frage, wo ein Geschäftsbereich im Ruhrgebiet anfangen und aufhören sollte: „Gerade im Rhein-Ruhr-Bereich haben wir einen großen, zusammenhängenden Ballungsraum mit Menschen, die sich zwischen den Städten bewegen“, sagt Geschäftsführer Thomas Beermann.

„Wo aber zieht man die Grenze zwischen den Städten?“ In NRW ist das Gemeinschaftsunternehmen des Autobauers Daimler und der Vermietungsfirma Europcar seit einem Jahr in Düsseldorf und Köln vertreten – das Ruhrgebiet stehe nicht auf dem Expansionsplan.

Im Ruhrgebiet bewegt man sich zwischen Städten

„Wir sind besonders in solchen Städten erfolgreich, in denen es Mischgebiete auf engem Raum gibt, damit die Menschen auch einen Anlass haben, sich zwischen den Vierteln zu bewegen“, sagt Beermann. Während das in den beiden Rheinmetropolen der Fall sei, bewegen sich die Menschen an der Ruhr nicht nur zwischen ihren Vierteln, sondern gleich zwischen ganzen Städten. Das Konzept sei jedoch auf kurze bis mittlere Distanzen ausgelegt. Wer etwa eine halbe Stunde im Smart von Car2Go unterwegs ist, muss schon 8,70 Euro zahlen.

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Hinzu kommt der Aufwand, im Ruhrgebiet flächendeckend oder teilweise eine Car-Sharing-Flotte aufzubauen. Die Branche ist noch relativ jung und besteht aus kleinen Unternehmen – auch wenn teils große Konzerne dahinter stehen.

So sieht es etwa bei DriveNow aus, dem Car-Sharing-Angebot von BMW und Sixt: „DriveNow ist noch ein Start-Up“, sagt Andreas Schaaf, Geschäftsführer der 2011 gegründeten Firma. Konkurrent Car2Go ist mit seinem Start 2008 kaum älter. „Sie müssen auch die Leistungsfähigkeit eines kleinen Unternehmens beachten.“

Keine Expansionspläne an die Ruhr

Diese Leistungsfähigkeit könnte im Ruhrgebiet schnell an ihre Grenzen stoßen. „Es ist nicht damit getan, dass Sie Autos in eine Stadt stellen“, sagt Schaaf. Mitarbeiter müssen die Flotte etwa stets im Auge behalten, Autos säubern und reparieren und teils umparken, damit jedes Gebiet ausreichend versorgt ist.

„Je mehr Städte hinzukommen, desto komplexer wird das.“ Daher ist auch DriveNow in NRW bisher nur in Köln und Düsseldorf aktiv – fürs Ruhrgebiet gibt es keine Expansionspläne.

Stationäres Konzept fürs Ruhrgebiet

Allerdings kann Car-Sharing auch im Ruhrgebiet funktionieren. Um die Kosten klein zu halten, betreibt etwa die 2009 gegründete Stadtmobil Rhein-Ruhr GmbH lediglich ein Free-Floating-Angebot in Essen-Rüttenscheid.

Im restlichen Essen, sowie in Düsseldorf, Krefeld, Duisburg, Moers, Bochum und Solingen betreibt der Anbieter ein stationsgebundenes Konzept. Die Kunden müssen die Mietwagen von Stationen, also festgelegten Parkplätzen, abholen und auch dort wieder abstellen. Dadurch muss der Anbieter keine große Flotte aufbauen, und es besteht auch weniger die Gefahr, dass er sich übernimmt.

Die eingesparten Kosten gibt das Unternehmen an seine Kunden weiter. Einen VW Up! oder einen Toyota Aygo gibt es etwa schon für 1,30 Euro pro Stunde, sodass auch längere Fahrten durchs Ruhrgebiet erschwinglich sind.

Versuche in Essen und Düsseldorf

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Die Weitläufigkeit des Ballungsraums Ruhr stellt auch für Stadtmobil-Gruppe ein Problem dar. Obwohl das Unternehmen schon seit 1992 in Süddeutschland aktiv ist, gründete es erst vor vier Jahren eine Tochtergesellschaft an Rhein und Ruhr. Als Startpunkt wählte die Firma Essen und Düsseldorf.

„Wenn man zwei Städte hat, ist es einfacher in die dritte, vierte und fünfte Stadt zu expandieren, als alles von einem Standort aus stemmen zu müssen“, sagt Geschäftsführer Matthias Kall. „Essen liegt im Herzen des Ruhrgebiets und bot sich daher als Ausgangspunkt an. Düsseldorf war wegen seiner Mischgebiete und dem hohen Einkommensniveau interessant.“

Das oft niedrige Einkommensniveau im Ruhrgebiet ist ein weiterer Makel, denn meist gehören Car-Sharing-Nutzer zu den Besserverdienern. „In Gegenden, in denen jeden Samstag das heiß ersparte Auto poliert wird, hat man es schwer, ein Car-Sharing zu vermarkten“, sagt Kall.

Die Einstellung muss stimmen

Denn außer dem Einkommen, sei auch die Einstellung der Menschen wichtig, das eigene Auto nicht als Statussymbol zu sehen: „Man könnte meinen, dass Menschen aus Sparzwang auf Car-Sharing zurückgreifen“, sagt DriveNow-Chef Andreas Schaaf: „Das trifft aber auf die wenigsten unserer Kunden zu. Das sind Menschen mit einem relativ hohen Einkommen – moderne, aufgeschlossene Menschen um die 30, die an Innovationen interessiert sind.“

In NRW scheinen DriveNow und Car2Go diese Zielgruppe in den beiden größten Städten, Köln und Düsseldorf, vorzufinden. Hierauf konzentriert sich auch erst einmal ihr Wachstum. Im August erweiterte DriveNow sein Düsseldorfer Geschäftsgebiet auch auf die Nachbarstadt Hilden, im September legte Car2Go nach und bezog auch Neuss mit ein.

„Wir richten uns nach dem Konsumentenverhalten“, sagt Car2Go-Chef Thomas Beermann. „Es gibt Menschen, die in Düsseldorf arbeiten, nachmittags nach Hause nach Neuss kommen und abends zum Ausgehen nach Düsseldorf fahren.“ DriveNow belässt es zunächst nur bei Hilden.

Ins Kölner Umland sind bei beiden Firmen keine Expansionen geplant – und auch das Ruhrgebiet wird wohl noch lange auf ein Free-Floating-Angebot warten. Bei all ihren Makeln dauert es noch, bis sich die Region zur Car-Sharing-Hochburg mausert und Stadtplaner, wie Alexander Schmidt, hier ihre Visionen umsetzen können.

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