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Kolumne "Sterne des Südens": Klarer Punktsieg für van Gaal gegen Westerwelle - WELT
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Fußball Kolumne "Sterne des Südens"

Klarer Punktsieg für van Gaal gegen Westerwelle

Van Gaal setzte sich bei der Wahl "Die Sprachwahrer des Jahres 2009" gegen Westerwelle durch Van Gaal setzte sich bei der Wahl "Die Sprachwahrer des Jahres 2009" gegen Westerwelle durch
Van Gaal setzte sich bei der Wahl "Die Sprachwahrer des Jahres 2009" gegen Westerwelle durch
Quelle: pa/dpa (2)
Dass viele Deutsche besonderen Wert auf ihre Sprache legen, ist bekannt. Aber das ausgerechnet Louis van Gaal in der Liste "Die Sprachwahrer des Jahres 2009" auf Rang drei kommt, verwundert. Aber der Bayern-Trainer besteht auf der Amtssprache Deutsch. Und deutsche Lieblingswörter hat der Niederländer auch.

Die „Deutsche Sprachwelt“ ist da ganz humorlos. Unverfälschtes Deutsch ohne Anglizismen oder sonst irgendwelche Zusätze, das ist ihr Credo. Man versteht sich als Plattform für alle, die Sprache lieben. In der jüngsten Ausgabe etwa geht es in der „Sprachsünder-Ecke“ den Justizministern an den Kragen. „Gerichtssprache Englisch? Justizminister untergraben die Stellung der deutschen Sprache“.

Und im Leitartikel auf Seite 1 fragen die Macher: „Wird Deutsch zur Affensprache?“ Forscher sagen eine starke Verflachung unserer Sprache voraus. Gegen diese Tendenzen wehren sich die Deutsch-Liebhaber mit Händen und Füßen, vor allem jedoch verbal und mit gebührendem Ernst. Und so ist auch jene Auszeichnung kein Scherz, sondern eine seriöse Wahl. „Die Sprachwahrer des Jahres 2009“ wurden vom Fachblatt jüngst prämiert.

Wer nun meint, dass nur Herren mit Germanistik-Doktortitel geehrt wurden, der irrt. Mitten in jener illustren Gesellschaft, gar auf einen Podiumsplatz haben die Leser Louis van Gaal gehievt, den Münchner Trainer mit niederländischem Pass. Oder wie die „Deutsche Sprachwelt“ huldigt: Der Übungsleiter des FC Bayern, der auch bei den Edelfußballern des Vereins – Stars gehört nicht zum Vokabular des Blattes – auf die Amtssprache Deutsch besteht.

Der im vergangenen Sommer die fremden Klänge eine Woche lang mit neun Stunden täglichen Studiums paukte. Und der im Herbst die Frage eines hoch gebildeten deutschen Journalisten auf typische van Gaal’sche Art konterte. Ob er denn das Interview vielleicht lieber in Englisch oder Spanisch führen wolle, wurde er gefragt. Beide Sprachen beherrscht van Gaal in exzellenter Ausführung. Und was nun antwortete er? „In welchem Land befinden wir uns gerade, was denken Sie?“

Weiter ging die Konversation in gepflegtem Deutsch. Das alles hat ihm beim Fachpublikum 16,3 Prozent Sprachsympathie eingebracht. Vor ihm nur noch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (35,0 Prozent) und Ulrich Wickert (16,7). Ein respektabler dritter Platz also, weit vor Guido – ich antworte auf Pressekonferenzen in Deutschland immer auf Deutsch – Westerwelle und den Jünglingen von Tokio Hotel, die unter Frankreichs Teenies einen wahren Deutsch-Boom ausgelöst haben sollen.

Bei van Gaal jedenfalls hat jene Sprachpflege im Ausland Tradition. Als er in Barcelona war, gab er seine Anweisungen auf Spanisch, auch wenn die Mannschaft aus mehr als einem halbem Dutzend Holländern bestand. Wer in einem fremden Land sei, müsse sich der Kultur anpassen, referierte van Gaal. „Und dazu gehört die Sprache.“ Bei seinen Verhandlungen mit den Bayern-Oberen im vergangenen Frühsommer war noch ein Dolmetscher zugegen. Schon bei Amtsantritt erledigte er alles allein. Seine Lieblingswörter: Prozess und kreieren. In seinem eigenen Sprachprozess hatten sich gar sehr charmante Wortschöpfungen eingeschlichen. Im Herbst etwa wurde beim FC Bayern noch gefußballt und nicht Fußball gespielt. Mittlerweile ist es korrektem Deutsch gewichen.

Und so steht auch van Gaals nächster Vision sprachlich nichts mehr im Wege. Er kokettiert gern öffentlich damit, nach seinem Engagement beim FC Bayern deutscher Nationaltrainer zu werden. Er, der Niederländer, wäre der erste Ausländer. Aber eben auch der erste, der sich „Sprachwahrer des Jahres“ nennen darf.

Die Kolumne „Sterne des Südens“ von Bayern-Reporterin Anja Schramm erscheint vor den Bundesliga-Wochenenden am Freitag auf WELT ONLINE.

Hier finden Sie weitere Folgen von den „Sternen des Südens“

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