Holocaust-Überlebende bezeichnen die Kriegsbegründungen von Wladimir Putin als „zynische und tückische Lüge“. „Der Putinsche Überfall auf die Ukraine löst bei Überlebenden des Holocaust Abscheu und Entsetzen aus“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitag). Besonders empört seien sie darüber, dass der russische Präsident die Begriffe „Völkermord“ und „Entnazifizierung“ zur Begründung heranziehe. Seine Worte missbrauchten die Überlebenden des Holocaust und die Menschen, die als sowjetische Kriegsgefangene in deutschen Konzentrationslagern gelitten hätten.
Die Überlebenden fühlten in diesen Kriegstagen großen Schmerz: „Nie hätten sie gedacht, dass nach den Erfahrungen von Auschwitz und den Leiden des Zweiten Weltkrieges ein russischer Staatsmann Europa in die Finsternis eines Krieges zurückbomben würde“, sagte Heubner.
Der Raketenbeschuss des Kiewer Fernsehturms, bei dem auch die angrenzende Gedenkstätte Babyn Jar beschädigt wurde, wirke auf die Holocaust-Überlebenden wie ein „Menetekel“, sagte der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees weiter. „Dass die Welt ihre Toten und ihre eigene Welt noch einmal zerreißt.“
In der Schlucht von Babyn Jar ermordeten SS-Einsatzgruppen am 29. und 30. September 1941 mehr als 33.000 jüdische Frauen, Kinder und Männer. Die Massenerschießungen waren das größte Einzelmassaker im Zweiten Weltkrieg auf europäischem Boden. Insgesamt wurden auf dem Gelände von Babyn Jar bis zur Befreiung 1943 mehr als 100.000 Menschen ermordet.