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Sony-Music-Chef Rolf Schmidt-Holtz sorgt stets für beste Unterhaltung

Bevor Rolf Schmidt-Holtz in groben Strichen seinen Weg vom oberfränkischen Martinsreuth zum Chefsessel des zweitgrößten Musikkonzerns der Welt skizziert, sagt er, dass alles ganz anders hätte kommen können. Eigentlich wollte er nämlich Mediziner werden. Er war 15 Jahre alt, seine Freundin - seine jetzige Frau übrigens - zarte 14. Sie waren gerade frisch zusammen. Nach zwei Wochen sagte er ihr, dass er sie heiraten möchte. Das mit dem Heiraten sei ja schön und gut, sagte sie, aber dass er Medizin studieren wolle, das ginge nicht. Das würde sie nämlich schon machen. Und da er so ein Besserwisser sei und zwei Mediziner in einer Familie einer zuviel ist, müsse er sich einen anderen Berufswunsch überlegen. Rolf Schmidt-Holz macht eine Pause und schaut sein Gegenüber verdutzt an, als sei er noch heute - 46 Jahre später - von dieser direkten Art beeindruckt. Er sei dann mit seinem Zeugnis zur Berufsberatung gegangen. Der Mann dort warf einen Blick auf den Schrieb und sagte: "Jura".

Heute ist Rolf Schmidt-Holtz Chef der Sony Music Entertainment Group. Den internationalen Musikkonzern lenkt er in seinem offiziellen Dienstsitz in New York - aber auch von seinem Hamburger Büro aus. Sein Lebensmittelpunkt liegt in einem kleinen Dorf am Ratzeburger See, wo er mit seiner Frau, einer Homöopathin, wohnt. "Man kann den Jungen vom Land holen, aber nicht das Land aus dem Jungen", stellt er fest. Seine Tochter führt das Bistro "Kaiserwetter", das ganz in der Nähe von seinem Büro in der Bleichenbrücke liegt, sein Sohn studiert in Hamburg.

Rolf Schmidt-Holtz kann auf eine bemerkenswerte Karriere blicken. Der rote Faden darin ist die Leidenschaft für Unterhaltung, die begeistert. Er begann 1977 als Journalist im Bundespresseamt. Wurde später Chefredakteur beim WDR, Herausgeber und Chefredakteur beim "Stern", saß im Vorstand von Gruner + Jahr.

Von dort wechselte er 1994 ins Management der Bertelsmann-Fernsehsparte. Schaffte es schließlich 2000 bis in dessen Vorstand, als "Chief Creative Officer". 2001 wurde er Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Music Group (BMG) in New York, wo ihm wohl sein bester Coup gelang: die Fusion der Musikfirmen BMG und Sony Music.

Vom Schreiber zum TV-Macher zum Musikmanager - mit dem Instinkt des Journalisten hat er so manche Herkulesaufgabe gemeistert, was ihm den Ruf als Allzweckwaffe einbrachte. "Im Grunde war mein ganzer Berufsweg der ständige Versuch, Situationen zu meistern, von denen ich zunächst glaubte, ich würde sie kaum erfüllen können", sagt er heute. Fragt man ihn nach dem Kompass, der ihm Orientierung gab, bekommt man überraschend Bodenständiges zu hören. "Ich habe mich immer auf das verlassen, worin ich die wenigsten Fehler mache: Menschen einzuschätzen."

Schmidt-Holtz wurde stets gerufen, wenn es einen brauchte, der den Karren aus dem Dreck zieht. Einer, der eine Mannschaft motiviert und zugleich die nötige Härte besitzt, um eingestaubte Personalstrukturen aufzubrechen. Letztere Eigenschaft brachte ihm während seiner Zeit beim "Stern" den Beinamen "Kleinholtz" ein. Stolz ist er darauf nicht. "Aber wenn ich von etwas überzeugt bin, muss ich es machen. Nicht weil ich so mutig bin, sondern weil ich sonst das Gefühl hätte, feige zu sein."

Wer auf seiner Seite steht, wird eingebunden, bekommt Raum, um selbstständig zu arbeiten - vorausgesetzt, er handelt unternehmerisch. Wer nicht auf seiner Seite steht, ist schnell draußen. Da ist Rolf Schmidt-Holtz ganz Machtmensch. Sein Führungsstil wurde geprägt von seinem Vater, ein Dorflehrer, der bis zu seinem Tod mit 95 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister wiedergewählt wurde. "Mein Vater tat, was er sagte. Er war ein freier, unabhängiger und zutiefst loyaler Mensch", erinnert er sich.

Das letzte Mal an ihn gedacht hat er vor wenigen Tagen, als er seinen iPod durchsuchte und zufällig bei "Dance with my father" von Luther Vandross landete. Es ist ein Lied, das ihn auf Anhieb umgehauen habe, erzählt er. Damals, an einem grauen Montag, früh morgens in einem Konferenzraum, hoch über den Dächern von New York. Das Lied wurde ein Hit und gewann 2004 den Grammy als bester Song des Jahres. Was hat er, was andere nicht haben? "Die Schönheit des Wortes im Reim - sie ist durch nichts zu ersetzen", sagt er und fügt hinzu: "Gedichte wecken Gefühle, ohne sie würde man gefühllos werden."

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