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Ausland Anschlag in Moskau

Dschihadistenmiliz IS verbreitet Video von Angriff auf Konzertsaal – Staatstrauer in Russland

IS veröffentlich Video von Angriff in Konzerthalle

Kurz nach dem Terrorangriff in Moskau hat sich der IS zu der Tat bekannt. Ein Video aus Sicht der Angreifer untermauert das. Russlands Präsident Wladimir Putin spricht weiterhin von einer Spur in die Ukraine.

Quelle: WELT TV

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Bei einem Anschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau wurden dem russischen Ermittlungskomitee zufolge 137 Menschen getötet und 152 verletzt. Die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ hat nun ein mutmaßlich von den Angreifern gedrehtes Tatvideo veröffentlicht. Mehr im Live-Ticker.

Nach einem der schwersten Terroranschläge in der russischen Geschichte dauerten Spekulationen über die Hintergründe der Tat weiter an. Die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat nach dem Angriff auf einen Konzertsaal bei Moskau mit mindestens 137 Toten unterdessen ein mutmaßlich von den Angreifern gedrehtes Tatvideo veröffentlicht. Nach Angeben des US-Unternehmens Site, das auf die Beobachtung extremistisch-islamistischer Plattformen spezialisiert ist, wurden die rund anderthalb Minuten langen Aufnahmen im Onlinedienst Telegram in einem Kanal verbreitet, der vom IS-Propagandaorgan Amaq betrieben wird.

Zu sehen und zu hören sind darauf mehrere mit Sturmgewehren und Messern bewaffnete Menschen, die offenbar in der Eingangshalle der am Freitag von dem Anschlag getroffenen Crocus City Hall im Moskauer Vorort Krasnogorsk Schüsse abfeuern. Die Gesichter und Stimmen der Angreifer sind unkenntlich gemacht, um sie herum liegen zahlreiche leblose Körper, im Hintergrund ist Feuer zu sehen.

Der IS hatte sich bereits kurz nach der Tat zu dem Überfall bekannt. Die russischen Behörden gingen jedoch nicht auf dieses Bekenntnis ein. Vielmehr stellte Präsident Wladimir Putin in einer Fernsehansprache eine Verbindung der mutmaßlichen Täter zur Ukraine auf. Die Geheimdienste der USA und anderer westlicher Länder hatten bereits Anfang März vor einem drohenden Anschlag gewarnt. Putin tat die Warnungen jedoch als westliche Provokation ab.

Die Zahl der Todesopfer des Anschlags ist den russischen Behörden zufolge auf 137 gestiegen. Darunter seien auch drei Kinder, teilt das staatliche Ermittlungskomitee mit. Bislang waren die Behörden von 133 Toten ausgegangen.

Unterdessen beging Russland am Sonntag einen nationalen Trauertag. Im Ausland schlossen sich Serbien und Nicaragua mit eigenen Trauertagen dem Gedenken an. Viele der bei dem Anschlag 152 Verletzten seien weiter in kritischer Verfassung, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass am Sonntagmorgen unter Berufung auf das Katastrophenschutzministerium für die Region Moskau. Unter den Verletzten sind demnach auch fünf Kinder.

Menschen legen Blumen und Kuscheltiere vor der Konzerthalle nieder
Menschen legen Blumen und Kuscheltiere vor der Konzerthalle nieder
Quelle: dpa/Vitaly Smolnikov

In dem Veranstaltungszentrum Crocus City Hall bei Moskau mit Tausenden Plätzen hatten am Freitag Täter wahllos auf Besucher geschossen. Zudem gab es Explosionen in dem Gebäude und einen Großbrand.

Verdächtige werden verhört

Die vier Hauptverdächtigen des Terroranschlags waren am Samstagabend zum Verhör in die russische Hauptstadt gebracht worden. Wie die Staatsagentur Tass weiter berichtete, waren die vier Männer in einer streng abgesicherten Wagenkolonne aus der Region Brjansk im Süden des Landes, wo sie festgenommen worden waren, zum sogenannten Ermittlungsausschuss gefahren worden. In den kommenden Tagen solle vor Gericht ein Antrag auf Haftbefehl gestellt werden. Videoaufnahmen sollen zeigen, dass es bei der Festnahme der Verdächtigen auch zu Folter gekommen soll. So zeigt ein in Russland verbreitetes Video etwa, wie einem Mann ein Ohr abgeschnitten wurde. Unabhängig waren die Aufnahmen zunächst nicht zu überprüfen.

Identifizierung der Opfer geht weiter – Viele Blutspenden

Forensiker setzten unterdessen die Identifizierung der Opfer fort. 62 Leichen seien bereits identifiziert worden. Viele Menschen in der Konzerthalle seien bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, hieß es. Knapp 4000 Menschen spendeten bis zum Abend Blut, um die ärztliche Behandlung der Verletzten zu erleichtern.

In der Nacht räumten schwere Maschinen Schutt von dem Gelände der Crocus City Hall. Es war befürchtet worden, dass weitere Opfer noch unter den Trümmern der schwer beschädigten Konzerthalle in Krasnogorsk nordwestlich von Moskau gefunden werden könnten. Dies war jedoch zunächst nicht der Fall. Die Aufräum- und Bergungsarbeiten sollten nach Behördenangaben mindestens bis Sonntagabend andauern.

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Die Eigentümerfirma des Konzertsaals, der bei dem tödlichen Anschlag am Freitag abgebrannt ist, verspricht derweil einen Wiederaufbau des Gebäudes. „Wir werden diejenigen, die den Terroristen zum Opfer gefallen sind, nie vergessen. Was durch die schmutzigen Hände (der Terroristen) zerstört wurde, wird wiederhergestellt“, teilt die Crocus Group mit.

Die Crocus City Hall verfügte über mehr als 6000 Plätze. Sie wurde 2009 von der Crocus Group des Milliardärs Aras Agalarow am Rand von Moskau gebaut. Bei dem Anschlag schossen Bewaffnete in Tarnkleidung nach Angaben von Behörden wild um sich, anschließend brach ein Feuer aus, woraufhin das Dach einstürzte. Hunderte Feuerwehrleute versuchten über Stunden hinweg, die Flammen einzudämmen.

Selenskyj: Immer schiebt Moskau Schuld auf andere

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies unterdessen die Versuche Putins, mit unbelegten Schuldzuweisungen der Ukraine eine Mitverantwortung für den Anschlag zuzuschieben, in der Nacht kategorisch zurück. „Nach dem, was gestern in Moskau passiert ist, versuchen Putin und die anderen Bastarde natürlich nur, jemand anderem die Schuld in die Schuhe zu schieben“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Nach den Ereignissen in der Konzerthalle habe „dieser absolute Niemand Putin“ einen Tag lang geschwiegen, anstatt sich um seine russischen Bürger zu kümmern. Vielmehr habe Putin darüber nachgedacht, „wie er das in die Ukraine bringen kann“.

Putin hatte in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede am Samstagnachmittag von einer angeblichen Verwicklung der Ukraine in den Terroranschlag gesprochen. Mit Blick auf die festgenommenen Männer sagte er: „Sie haben versucht, sich zu verstecken und haben sich in Richtung Ukraine bewegt, wo für sie ein Fenster für einen Grenzübertritt vorbereitet worden war.“ Der ukrainische Militärgeheimdienst konterte Putin und wies darauf hin, dass die Grenze seit Langem vermint sei.

Faeser: Terror-Ableger des IS wohl verantwortlich

Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) hält nach derzeitigem Stand Islamisten für den schweren Anschlag verantwortlich. „Nach allem, was bisher bekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) den mörderischen Terroranschlag in der Nähe von Moskau zu verantworten hat“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. Von dieser Gruppe gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus, sagte Faeser. „Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut.“ Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan und vom Iran umfasste. Die ISPK-Terrorgruppe hatte ihren Ursprung in Afghanistan.

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Der IS-Propagandakanal Amaq veröffentlichte am Samstag ein Bild mit vier Personen, deren Gesichter unkenntlich gemacht worden waren. Die Kämpfer hätten bewaffnet mit Sturmgewehren, Pistolen und Bomben Russland einen „schweren Schlag“ versetzt, hieß es in der Mitteilung. Der Angriff habe „Tausenden Christen in einer Musikhalle“ gegolten. Der IS bekämpft Anhänger des Christentums und betrachtet sie als Ungläubige.

Nach dem Terroranschlag wird darüber diskutiert, wie hoch die Gefahr für Deutschland und die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft ist. Die „Bild“ zitierte einen namentlich nicht genannten Antiterror-Fahnder: „Im Sommer ist die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, danach sind in Paris Olympische Spiele. Darauf schaut die ganze Welt, das sind in der schrecklichen Logik der Terroristen perfekte Ziele.“

dpa/AFP/Reuters/epd/kami/krö/jml/cvb/lay/jr

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