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Ausland Nazi-Vergleiche

"Das vierte Reich – Deutschland erobert Europa"

Angela Merkel Angela Merkel
Angela Merkel auf der Titelseite des polnischen Magazins "Najwyzszy Czas!" im März 2007
Quelle: picture-alliance/ dpa/PAP
Das Londoner Boulevardblatt "Daily Mail" warnt mal wieder vor Nazi-Deutschland. Solche Vergleiche sind tatsächlich keine Seltenheit.

Wer jemals mit Engländern ein Fußballspiel geguckt hat, der weiß, dass Worte wie "Nazi" oder "Blitzkrieg" jenseits des Kanals ziemlich leicht von den Lippen kommen. Wenn im Länderspiel die deutsche Nationalelf die britische besiegt, kommt der Satz "aber wir haben den Krieg gewonnen" so sicher wie das Amen in Westminster Abbey.

Das ist zwar politisch äußerst inkorrekt, aber irgendwie bleibt es doch immer im Rahmen. Man sagt es augenzwinkernd und letztlich weiß jeder, dass ein Fußballspiel nichts mit dem Horror des Zweiten Weltkriegs zu tun hat.

Dass ein scherzhafter Nazi-Vergleich etwas völlig anderes ist als ein ernst gemeinter, beweist nun das Londoner Boulevardblatt "Daily Mail". "Der Aufstieg des Vierten Reiches, wie Deutschland die Finanzkrise nutzt um Europa zu erobern" betitelt die Zeitung ein Meinungsstück .

Das Argument, wenn man das überhaupt so nennen kann, geht so: Wenn es zu einer Fiskalunion in der Eurozone kommt, dann werde die Wirtschaftspolitik jedes einzelnen Euro-Landes zwangsweise von Deutschland kontrolliert werden.

Damit würde Berlin die Eurozone "praktisch kolonisieren" und in ein "deutsches Imperium" verwandeln. Denn schließlich verliere ein Land mit der Kontrolle über seine Wirtschaft auch seine Souveränität. "Wo Hitler mit militärischen Mitteln noch scheiterte", schreibt der Autor, "erreichen die modernen Deutschen ihr Ziel über Handel und finanzielle Disziplin. Willkommen im Vierten Reich."

Inspiration aus Italien: Merkel mit Hitlerbart

Die Leser der Daily Mail dürften diese These zum ersten Mal lesen und heftig schlucken, doch tatsächlich hat sich die Autorin wohl von Italien inspirieren lassen. Erst vor wenigen Wochen zierte ein Bild von Angela Merkel mit Hitlerbart das Titelblatt der rechtsgerichteten italienischen Zeitung "Libero" , das eine Auflage von etwa 100.000 hat.

"Deutschland attackiert, um Europa dominieren zu können" lautete die dazugehörige Schlagzeile. Während die "Daily Mail" die Eurozone ziemlich fatalistisch ihrem Schicksal überlässt, hatte die "Libero" eine Lösung parat: Berlusconi werde sich an seinen Freund Wladimir Putin wenden, der Italien vor dem Angriff von "Heil Merkel" schützen könne.

Zwar gibt es bekanntermaßen auch in Berlin Menschen, die Putin für einen guten Europäer halten, aber die Rettung der Eurozone erwartet wohl niemand von ihm. In Griechenland rief die sozialistische Parlamentsabgeordnete Maria Skrafniki laut "Bild" daher auch lieber gleich zum Partisanenkampf auf.

"Falls Sie unser Land nicht stützen", habe sie Mitte Mai einer Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter gesagt, "blüht Ihren Landsleuten dasselbe wie während des Zweiten Weltkriegs auf Kreta."

"Das ist uns nicht einmal unter der deutschen Besatzung passiert"

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Der bekannte griechische Komponist Mikis Theodorakis rief angesichts des Sparzwangs ebenfalls den Krieg in Erinnerung: "Wir werden ein fremdes Volk im eigenen Land. Das ist uns nicht einmal unter der deutschen Besatzung passiert."

Auch griechische Demonstranten schrecken vor Nazi-Vergleichen nicht zurück. Immer wieder waren in den vergangenen Monaten EU-Fahnen zu sehen, auf deren Mitte ein Hakenkreuz gemalt war . Im Juli klebte eine Gruppe Demonstranten ein Hakenkreuz auf das Schild des deutschen Generalkonsulats in Thessaloniki und hielten ein Transparent hoch, auf dem stand: "Völker Europas, wir haben den selben Feind".

So unangebracht diese Vergleiche sind, sie lassen sich zumindest ein bisschen durch die Wut auf den Sparkurs des Landes erklären. Was die "Daily Mail" zu ihrem Meinungsstück bewogen hat, bleibt hingegen unklar.

Doch überrascht sein sollte niemand, schließlich lebt die Zeitung von ihren gewagten Thesen. Bekannt ist sie vor allem für ihre Panikmache rund um mögliche Gesundheitsrisiken.

Im Internet kursiert eine umfassende Liste von Artikeln der Zeitung, die zusammengenommen vor über hundert krebserregenden Substanzen warnen. Von Brot über Sex bis Worcester-Sauce, alles macht krank. In diesem Sinne sollten wir Deutschen froh sein, dass es die "Daily Mail" nur bei ihrem Hitler-Vergleich belassen hat. Wir sind zwar Nazis und wollen Europa kolonisieren, aber wenigstens verursachen wir keinen Krebs.

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